Trump-Agenda: nationalistisch, imperialistisch und repressiv
Trumps Rede zu seiner zweiten Amtseinführung war eine extrem rechte Rede, die vor Nationalismus und einem neuen radikalen Expansionismus nur so triefte. Seine präsidialen Dekrete werden schreckliche Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse und die Unterdrückten entfesseln.
Donald Trump umgab eine triumphale Aura, als er am Montagabend seine Antrittsrede hielt. Angefacht wurde diese auch durch die wachsende Unterstützung des imperialistischen Großkapitals für seine Administration, das sich über die Deregulierung der Finanzmärkte, die Deregulierung der künstlichen Intelligenz, Steuersenkungen für Superreiche und den erneuten Enthusiasmus für die intensivierte Ausbeutung der amerikanischen Öl- und Gasfelder freute.
Zu Beginn seiner Rede erklärte Trump, dass „das goldene Zeitalter Amerikas genau jetzt beginne“. Trotz der Tatsache, dass er die Wahl nicht mit einem Erdrutschsieg gewonnen und sogar weniger Stimmen als Biden 2020 erhalten hat, sagte Trump:
Meine jüngste Wahl ist ein Mandat, einen schrecklichen Verrat und all die vielen Betrügereien, die stattgefunden haben, vollständig und total rückgängig zu machen und den Menschen ihren Glauben, ihren Wohlstand, ihre Demokratie und tatsächlich ihre Freiheit zurückzugeben. Von diesem Moment an ist der Niedergang Amerikas vorbei.
Ein Bonaparte im Weißen Haus
Mit seiner Rhetorik, die darauf abzielt, die Arbeiter:innen, die „Amerika groß gemacht haben“, in einer religiösen Atmosphäre nationalistisch aufzupeitschen, war Trumps Rede eine Kombination aus einer aggressiven imperialistischen Agenda – besonders gegenüber Lateinamerika –, die offen darauf anspielte, das „Manifest Destiny“ des US-Imperialismus als international respektierte und bewunderte Supermacht wiederherzustellen sowie aus der sogenannten „Revolution des gesunden Menschenverstands“, die darauf abzielt, grundlegende demokratische Rechte massiv anzugreifen. Es war eine noch rechtere Version von Ronald Reagans „City on a Hill“-Rede, in der Reagan ebenfalls versuchte, das Banner des „gesunden Menschenverstands“ für sich zu beanspruchen und in der er für “Frieden durch Stärke” eintrat. Trump brachte sich absichtlich mit William McKinkey – der zu seiner Zeit als „Napoleon of Protection“ bekannt war – und Theodore Roosevelt in Verbindung, insbesondere mit dem Bau des Panamakanals durch Roosevelt. Dabei erhielt Trump Beifall von Großkapitalisten wie Elon Musk und Jeff Bezos, die der Amtseinführung als VIP-Gäste des Präsidenten beiwohnten, nachdem sie beträchtliche Summen für seine Kampagne und die Amtseinführungszeremonie selbst gespendet hatten.
Es wird erwartet, dass Präsident Trump innerhalb weniger Stunden nach seinem Amtsantritt bis zu 100 präsidiale Dekrete unterzeichnen wird. In seiner Rede sagte er, er werde ein Dekret unterzeichnen, mit welchem er den nationalen Notstand an der Grenze zu Mexiko ausruft und Truppen dorthin entsendet. Dies wurde vom gesamten Saal mit Beifall quittiert. Er versprach auch, mit Massenabschiebungen zu beginnen und setzte seine Dämonisierung von Migrant:innen fort. Es ist klar – wie Trump in seiner zweiten Rede des Tages vor den im Kongress versammelten Zuhörer:innen sagte –, dass die Einwanderung sein Hauptanliegen ist. Er wird versuchen, noch viel ungünstigere Bedingungen für Migrant:innen zu schaffen und Massenabschiebungen durchzuführen.
„Manifest Destiny“ im 21. Jahrhundert
In der Außenpolitik inszenierte sich Trump stärker, als er es normalerweise tut, als Hardliner und hielt eine Rede, die mehr Aggression gegenüber Lateinamerika versprach. Tatsächlich verschärfte sich die Aggression gegenüber Lateinamerika, die wir von Trump kennen, während der Rede nochmal, als er erklärte, dass er „sich [den Panamakanal] zurückholen“ werde, weil China den Kanal nutze und die Regierung Panamas nicht ausreichend mit den Interessen der Vereinigten Staaten kooperiert habe. Für Trump ist die Sicherung dieser Handelsrouten ein wesentlicher Bestandteil seines Programms zur Wiedererlangung der US-Hegemonie in der Region. Mehr als die Hälfte der US-Importe werden über den Kanal abgewickelt, was ihn zu einem Standort von zentraler geostrategischer Bedeutung macht. Außerdem werden zwei wichtige Häfen am Kanal von chinesischen Unternehmen betrieben, was auf den wachsenden Einfluss Chinas in der Region hindeutet. Um die Kontrolle der USA über den Kanal zu erlangen, müsste der Konflikt mit Panama erheblich eskalieren.
Trumps Plan, Truppen an die südliche Grenze zu entsenden, um „die Invasion zu stoppen“, und die Kartelle als terroristische Organisationen zu bezeichnen, erhöht die militärische Bedrohung Mexikos und legt im Wesentlichen den Grundstein für eine Militärintervention in Lateinamerika. Die Rede enthielt ein Konzept des „Manifest Destiny”, das eine Ausweitung des US-Territoriums versprach – und sogar so weit ging, den Mars als einen Ort einzubeziehen, auf dem die USA ihre Flagge aufstellen werden. Trump behauptete, er wolle, dass sich an ihn als „Friedensstifter und Vereiniger“ erinnert wird, und sagte:
Wir werden unseren Erfolg nicht nur an den Schlachten messen, die wir gewinnen, sondern auch an den Kriegen, die wir beenden, und, was vielleicht am wichtigsten ist, an den Kriegen, in die wir nie eintreten.
Er ist jedoch nach wie vor bereit, mit dem Militär zu drohen (und es einzusetzen), um die Interessen der USA durchzusetzen, die ein neues expansionistisches Moment enthalten.
Die „Revolution des gesunden Menschenverstandes“
Ein weiterer wichtiger Teil der Rede war das, was Trump als „Revolution des gesunden Menschenverstands“ bezeichnete. Diese besteht offenbar aus demagogischen und leeren Komplimenten an die amerikanischen Arbeiter:innen – wie etwa an die Automobil- und Transportarbeiter:innen, die Trump in der Rede besonders hervorhob –, während er die Einwanderung und alles, was er als „woke“ bezeichnet, scharf angriff. Zum Beispiel wandte sich Trump deutlich gegen Schulen und behauptete, sie würden den Schüler:innen beibringen, sich selbst und Amerika zu hassen. Er versprach außerdem, die Rechte von trans Personen in seinen Dekreten massiv anzugreifen. Dieser Teil der Rede steht im Einklang mit dem, was wir zuvor als „Austerität ohne Rechte“ bezeichnet haben, bei der Angriffe gegen Arbeiter:innen mit Angriffen auf die besonders Unterdrückten einhergehen. Die Geschwindigkeit der Angriffe gegen demokratische Rechte ist beabsichtigt, und es wird wichtig sein, auf diese Angriffe zu reagieren, indem man beginnt, sich zu organisieren, um den Vormarsch der extremen Rechten zurückzuschlagen. Dass Trump sogar behaupten kann, seine Politik sei „gesunder Menschenverstand“, zeigt, dass das Zwei-Parteien-Regime Trump weitgehend normalisiert hat.
Trump erwähnte auch, dass er ein nationales Energie-Notfallgesetz verabschieden werde, das die Beschränkungen für die Ölgesellschaften aufhebt, um das „Drill, Baby, Drill“-Versprechen, das die Ölindustrie so gefreut hat, in vollem Umfang zu erfüllen, sowie das von Präsident Biden eingeführte Mandat für Elektrofahrzeuge beenden wird. Er argumentierte, dass diese energiepolitische Kehrtwende die amerikanische Wirtschaft wiederbeleben und den Bürger:innen eine wohlhabende Zukunft ermöglichen werde.
Trump hat sich die tiefe Unzufriedenheit mit der Biden-Administration zunutze gemacht, die einen Völkermord in Gaza verantwortet hat (mit einer brüchigen Waffenruhe, die zum Teil erreicht wurde, weil Trump sich auf Netanjahu stützte) und die für eine Inflation, die die Preise für die amerikanische Arbeiter:innenklasse in die Höhe trieb, verantwortlich ist. Trump versprach, „die Politik der Regierung zu beenden, die versucht, Ethnie und Geschlecht in jeden Aspekt des öffentlichen und privaten Lebens zu integrieren. Wir werden eine Gesellschaft schaffen, die farbenblind und leistungsorientiert ist“. Dies ist eine Bedrohung für viele Programme, von Affirmative Action (Antidiskriminierung am Arbeitsplatz) über DEI-Trainings („Training zu Diversität, Gerechtigkeit (Equity) und Inklusion“) bis hin zu korrekten Schulgeschichtsbüchern und vielem mehr. Trumps Stärke beruht auf der Tatsache, dass die Demokratische Partei demoralisiert und desorganisiert ist und sich zunehmend der Rhetorik und Agenda des rechten Flügels anpasst.
Trump will das Momentum, das er gewonnen hat, nutzen, um die Regierung schnell zu verändern, und er betonte, dass seine Administration die bisher größte Operation gegen „illegale Einwanderung“ vorbereite. Er bekräftigte auch, dass er Zölle auf die Handelspartner der USA erheben werde. Er versprach dabei so hohe Einnahmen aus den Zöllen, dass er einen „External Revenue Service“ zur Verwaltung der Mittel einrichten werde.
Schulterschluss mit Bürokraten und Bonzen
Fast unmittelbar nach der Rede zur Amtseinführung begab sich Trump in den „Spillover-Room“, der mit weniger bedeutenden, gewählten Vertreter:innen, die nicht zur Amtseinführung eingeladen wurden (wie dem texanischen Gouverneur Greg Abbott), und anderen Trump-Anhänger:innen gefüllt war. Dort hielt Trump die „echte“ Rede zur Amtseinführung – die Rede, die er eigentlich halten wollte, die aber, wie er sagte, von Melania Trump und seinem neuen Vize-Präsidenten JD Vance verhindert wurde. Im typischen Wahlkampfmodus versprach er, die „Geiseln“ vom 6. Januar freizulassen, und behauptete erneut, dass er die Wahl von 2020 gewonnen habe. Er erklärte, dass die migrationsfeindliche Politik das Herzstück seiner Kampagne sei, dass die Einwanderung mehr im Mittelpunkt seiner Politik stehe als die Inflation. Und wieder einmal machte er Annäherungsversuche an die Arbeiter:innenklasse, insbesondere an die Transportarbeiter:innen und Sean O’Brien (den Vorsitzenden der mächtigen Transportarbeiter:innengewerkschaft „International Brotherhood of Teamsters“), indem er behauptete, die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter:innen stünden auf seiner Seite.
Diese verwirrte, selbstverherrlichende, extrem rechte Rede mit ständigen Sticheleien gegen Vance, weil er ihn dazu gebracht habe, seine ursprüngliche Rede zu ändern, zeigte den „echten“ Trump, der heute die extrem Rechten vom 6. Januar begnadigen und sich an Angriffen gegen Migrant:innen und andere unterdrückte Menschen beteiligen wird. Nur eine Stunde nach dem Ende seiner Rede wurden die Funktionen der App der US Zoll- und Grenzschutzbehörde „CBP One“, die sich auf Asylanträge beziehen, entfernt und damit eines von Trumps migrationsfeindlichen Versprechen eingelöst.
Den Kampf von unten aufnehmen
Trump wird gerade vor allem deshalb ermutigt, weil die traditionellen Anführer:innen der Arbeiter:innenklasse (die NGO- und Gewerkschaftsbürokrat:innen) mit Trump verhandeln, um mit ihm möglichst gut zusammenzuarbeiten. Am Wochenende vor der Amtseinführung kündigte der UAW-Präsident Shawn Fain an, er sei bereit, „mit Trump zusammenzuarbeiten“ – ebenso wie Bernie Sanders. Sean O’Brien arbeitet schon seit Monaten mit Trump zusammen.
Es ist klar, dass diese Gewerkschaftsführer:innen den Kampf gegen Trump nicht anführen werden. Vielmehr müssen sich Arbeiter:innen, Studierende und Unterdrückte selbst organisieren und in ihren Betrieben, Gewerkschaften, Organisationen und Communities Organe der Selbstorganisation aufbauen. Diese Gremien können die Grundlage bilden, auf der wir den Kampf gegen Trump, gegen die extreme Rechte, gegen den zunehmenden Nationalismus und die Angriffe auf unsere demokratischen Rechte aufbauen können. Es ist an der Zeit, die Wut, die wir alle spüren, zu nutzen und uns zu organisieren, um die rechtsextreme Regierung von Donald Trump zu bekämpfen und uns eine bessere Welt zu erkämpfen.