Trump knallt auf dem G7-Gipfel mit den Türen
Unsere Autorin Claudia Cinatti analysiert die weltweiten Spannungen, die auf und nach dem G7-Gipfel in Kanada zum Ausdruck gekommen sind.
Auf einer Insel im Stadtstaat Singapur fand gestern ein Treffen zwischen Donald Trump und Kim Jong-un statt, eines der am meisten erwarteten und ungewissen geopolitischen Ereignisse der letzten Zeit.
Im Vorfeld hatte Trump einen anderen Gipfel gesprengt: das jährliche G7-Treffen, das mehrere tausend Meilen entfernt in einem Resort in der Nähe von Quebec stattfand. Der US-amerikanische Präsident durchquerte Kanada wie ein Tornado. Er kam zu spät und ging vorzeitig. Er schlug vor, Russland wieder einzuladen, das 1997 von Bill Clinton eingebunden wurde, als Jelzin russischer Präsident war, und 2014 von den USA und Deutschland aufgrund der Annexion der Krim, mit der Putin auf den Konflikt mit der Ukraine reagierte, wieder ausgeschlossen wurde.
Trump hat sich für den Freihandel „ohne Zölle, Schranken und Subventionen“ ausgesprochen, nachdem er zuerst gegen China und dann gegen Europa, Japan und seine NAFTA-Partner Zölle auf Stahl und Aluminium erhoben hatte. Und als es schien, dass seine Kolleg*innen ihn schließlich überzeugt hatten, das glanzlose Gipfelkommuniqué zu unterzeichnen, torpedierte er diese Hoffnung von irgendwo im Pazifik an Bord der Air Force One, von wo aus er einen bitteren Tweet-Sturm auf den kanadischen Premierminister J. Trudeau abfeuerte. Damit entzog er den Staatschef*innen der am stärksten industrialisierten Nationen des Westens das Happy End.
Dieses angekündigte Scheitern hat seine Ursache nicht in Trumps narzisstischer und unberechenbarer Persönlichkeit, obwohl dies sicherlich zur offensiven Haltung der Vereinigten Staaten beiträgt. Die Krise des Gipfels der G7 – die schließlich zu einer Art G6 wurde, wie der französische Präsident Emmanuel Macron sie nannte – ist nur ein Ausdruck der tiefen Krise, in der sich die so genannte „neoliberale Ordnung“ befindet. Diese hatten die Vereinigten Staaten seit dem Ende des zweiten Weltkriegs durch die Beherrschung der multilateralen Institutionen geführt, die selbst US-amerikanische Ideen waren.
Die Präsidentschaft von Trump ist eine politische Ausdrucksform nationalistischer Tendenzen, die nach der kapitalistischen Krise von 2008 dauerhaft entstanden sind. Dasselbe gilt für andere Beispiele wie den Triumph des Brexit oder die Entstehung der souveränistischen extremen Rechten und der euroskeptischen Parteien wie der französischen Front National oder der neuen italienischen Regierungskoalition zwischen der fremdenfeindlichen Lega (ehemals Lega Norte) und der 5-Sterne-Bewegung. Diese Tendenzen, die in Ermangelung einer präziseren Kategorie häufig „populistisch“ genannt werden, werden größtenteils von der Rechten kapitalisiert, haben aber auch ihren Ausdruck auf der linken Seite der Parteien des traditionellen politischen Zentrums, die über mehrere Jahrzehnte die Regierungsfähigkeit der herrschenden Klassen garantierten.
Präsident Trump versucht, die US-Politik als Abwehrmaßnahme in Bezug auf das Handelsdefizit zu tarnen, obwohl es sich offensichtlich um eine sehr offensive Politik handelt – nicht nur gegenüber Feinden, sondern auch gegenüber traditionellen Verbündeten. Die Argumentation des Präsidenten scheint so einfach wie die Rechnung eines Lebensmittelhändlers: Die Vereinigten Staaten haben ein jährliches Handelsdefizit von mehr als 500 Milliarden Dollar – 64 Milliarden Dollar mit Deutschland, 70 Milliarden Dollar mit Japan – und ihre Exporte müssen Handelshemmnisse überwinden, die um ein Vielfaches höher sind als die Hindernisse, die die europäischen Länder für den Zugang zum US-Markt antreffen. Wie so oft ist die Täuschung offensichtlich, denn es waren die US-Konzerne, die am meisten von der „liberalen Ordnung“ und ihren Institutionen wie der WTO profitierten.
Diese „Handelsdiplomatie“, die von der führenden imperialistischen Macht der Welt praktiziert wird, führt ein neues Merkmal ein: Die Vereinigten Staaten führen weniger durch Hegemonie, die mit ihrem wirtschaftlichen Gewicht international an Bedeutung verloren hat, als durch direkte imperiale Anordnung. Es wird sich noch zeigen, welche reale Bedeutung das haben wird. Viele Analyst*innen beginnen es als „Nullsummenspiel“ zu definieren, bei dem das, was eine Seite gewinnt, einer anderen verloren geht. Dies zeigt sich in Washingtons eigenem Dilemma und im ständigen Schwanken von Präsident Trump, der eine Diplomatie à la „Angreifen zum Verhandeln“ betreibt. Das vielleicht aufschlussreichste Beispiel war die Verschärfung der Politik gegen China, die den Kommunikationsriesen ZTE erst an den Rande eines Bankrotts führte, um ihn dann zu retten.
Die europäischen Mächte, die Hauptpartner der Vereinigten Staaten, sind hin- und hergerissen, ob sie Trumps protektionistischen Zorn ignorieren oder besänftigen sollen. Wenn sich Trumps Tendenzen verfestigen, werden sie früher oder später zu radikaleren Entscheidungen gezwungen sein. So verstand es auch Macron, der mehr oder weniger sagte, dass „wirtschaftlicher Nationalismus zum Krieg führt“ und das Gespenst der 1930er Jahre aufwarf.
Die Krise von 2008 eröffnete eine Übergangssituation, in der das Paradigma der Globalisierung – in der angeblich jeder gewinnen konnte, selbst wenn die Vereinigten Staaten den Löwenanteil bekamen – nicht mehr gilt, wir aber noch nicht zu den ruinösen Handelskriegen der Vergangenheit zurückgekehrt sind, obwohl die gegenseitige Verhängung von Zöllen zu diesem Ergebnis führen könnte. Der Widerspruch zwischen der Internationalisierung des Kapitals und den Nationalstaaten macht sich nach einigen Jahrzehnten der Illusionen wieder auf der Weltbühne breit.
Dieser Artikel bei La Izquierda Diario