Trump fordert weiterhin lebenslange Haft für drei Black Lives Matter Demonstrant*innen

07.07.2020, Lesezeit 7 Min.
Gastbeitrag
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Colinford Mattis, Urooj Rahman und Samantha Shader sind politische Gefangene. Ende Mai wurden die drei Aktivist*innen wegen angeblicher Zerstörung von Eigentum während der landesweiten #BlackLivesMatter-Proteste verhaftet. Alle drei müssen mit lebenslanger Haft rechnen; Sam befindet sich nach wie vor ohne Kaution in Untersuchungshaft.

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Von links nach rechts: Samantha Shader, Colinford Mattis und Urooj Rahman

Unterschreibe die Petition „Freiheit für Urooj, Colin, Sam und alle politischen Gefangenen“ (Petition auf deutsch)

Als die Proteste gegen die rassistische Polizeigewalt Ende Mai zum ersten Mal in New York City ausbrachen, reagierte die Polizei zunächst mit Massenverhaftungen, Repression und brutaler Gewalt. Der Bürgermeister verhängte nicht nur Ausgangssperren, sondern gewährte der New Yorker Polizei (NYPD) einen Freibrief, um die Bevölkerung zu terrorisieren. In den letzten Wochen änderte die Polizei sowohl in New York als auch landesweit ihre Taktik. Nicht mehr Repressionsmaßnahmen wie Verhaftungen und Prügel, sondern Kooptierung und Zusammenarbeit mit Kollaborateuren sollten eine Befriedung der Proteste erreichen. Dennoch werden weiterhin drei Demonstrant*innen, die zu Beginn der Aufstände verhaftet wurden, mit lebenslangen Haftstrafen bedroht. Eine von ihnen, Samantha Shader, wird immer noch im Metropolitan Detention Center festgehalten, während Urooj Rahman und Colinford Mattis kürzlich auf Kaution aus der Haft entlassen wurden. Hier wendet der Staat eine andere Taktik an: Er will an ihnen ein Exempel statuieren, um Demonstrant*innen einzuschüchtern.

Colinford Mattis und Urooj Rahman, beide als Anwälte tätig, sind beide US-Amerikaner*innen erster Generation, die in der Arbeiter*innenklasse in Brooklyn geboren und aufgewachsen sind.

Beide müssen Familienmitglieder betreuen – im Fall von Mattis Pflegegeschwister und im Fall von Rahman eine ältere Mutter.

Sie wurden verhaftet, weil sie angeblich in der Nacht vom 29. Mai einen Molotow-Cocktail durch das Fenster eines Polizeiwagens geworfen haben sollen. Das Fenster war bereits kaputt, der Wagen verlassen und ohne Insassen. In ganz New York und insbesondere in der Nachbarschaft von Fort Greene wüteten in dieser Nacht Proteste.

Samantha Shader wurde in derselben Nacht separat verhaftet, ebenfalls wegen des angeblichen Wurfes eines Molotow-Cocktails. Dieser zielte auf ein Auto mit Polizist*innen darin, entzündete sich jedoch nicht.

Im Gegensatz zur New Yorker Polizei haben Mattis, Rahman und Shader in dieser Nacht niemanden verletzt. Das Einzige, dessen sie sich möglicherweise schuldig machen könnten, ist der Versuch, Eigentum zu beschädigen. Genau das ist der Grund, weshalb, die Polizei geschaffen wurde, oft auf Kosten von Menschenleben. Rahman selbst analysierte diesen Kontrast scharfsinnig in einem Videointerview nur wenige Stunden vor ihrer Verhaftung:

Was ich sah, zielte auf Eigentum ab, und kein Eigentum steht über Menschenleben. Die Zerstörung von Eigentum ist nichts im Vergleich zum Mord an einem Menschen. Ich verstehe also, warum Menschen es tun. Es ist eine Möglichkeit, ihren Schmerz, ihre Wut zu zeigen, denn es hört einfach nie auf.

Erschreckenderweise droht den Dreien nun lebenslange Haft mit einem obligatorischen Mindeststrafmaß von 45 Jahren für verschiedene Anklagepunkte, darunter Verwendung von Sprengstoff, Brandstiftung, Verwendung von Sprengstoff zur Begehung einer Straftat, Brandkomplott, Verwendung eines Zerstörungsmittels, zivile Unruhen und Herstellung oder Besitz eines Zerstörungsmittels.

Alle drei wurden wochenlang ohne Kaution festgehalten, trotz der Bitten von Familie, Freund*innen, Nachbar*innen und sogar ehemaligen Bundesstaatsanwält*innen. Das ist ungewöhnlich. Nach diesem Protest wurden Mattis und Rahman vor wenigen Tagen auf Kaution freigelassen; Shader wird weiterhin festgehalten. Sie wurde zudem bei ihrer Festnahme verletzt und erhielt keine angemessene medizinische Behandlung.

„Wenn man sich die Vergehen ansieht, die Frau Rahman und Herrn Mattis zur Last gelegt werden, würde man normalerweise erwarten, dass ihre Fälle auf der Ebene eines Bundesstaats verhandelt werden“, sagte Ramzi Kassem, Professor an der City University of New York School of Law in einem Interview mit The Intercept. [A.d.Ü.: Stattdessen werden die drei auf höchster föderaler Ebene angeklagt.]

Vincent Southerland, Exekutivdirektor des Center für Race, Inequality, and the Law an der juristischen Fakultät der New York University, fügte hinzu: „Zusätzlich zu den extrem harten möglichen Urteilen ist es äußerst selten, dass das Justizministerium in diesem Ausmaß gegen die Gewährung einer Kaution Einspruch erhebt. Alles in allem deutet dies darauf hin, dass die Regierung versucht, an diesen Menschen ein Exempel zu statuieren, um eine Botschaft an die Öffentlichkeit zu senden – eine Botschaft der Angst im Hinblick auf die Menschen, die an diesen Protesten teilnehmen.

Diese Härte wird von der Trump-Regierung angeordnet, die sehr hart daran gearbeitet hat, den Fall vom Bundesstaat zum Bundesgericht zu verlagern, auf der äußerst fadenscheinigen Grundlage, dass die mutmaßlichen Verbrechen von Mattis, Rahman und Shader in die Bundesgerichtsbarkeit fallen, da die Autos der NYPD von außerhalb des Bundesstaates kommen. Trump und seine Verbündeten haben den Fall in den sozialen Medien hochgespielt und ihn zum Aushängeschild für ihren Vorstoß gegen die „Antifa“ gemacht.

Auffallend auch der Kontrast der harten Anklage und Behandlung, die Mattis, Rahman und Shader wegen angeblicher Eigentumszerstörung droht, im Gegensatz zu den Polizeibeamten, die tatsächlich Menschen getötet haben.

Der Staat hatte es nicht sehr eilig, um die Polizisten, die George Floyd getötet haben, zu verhaften, bis schließlich massive Proteste ausbrachen. Und selbst jetzt ist bereits einer der an dem Mord beteiligten Beamten auf Kaution freigelassen worden. Die Polizist*innen, die in Breonna Taylors Haus eingebrochen sind und sie mitten in der Nacht ermordet hat, sind noch nicht einmal verhaftet worden.

Die NYPD-Beamtin, die mit ihrem Auto in eine Menschenmenge von Demonstrant*innen fuhr und nur durch Glück keinen von ihnen tötete, ist nicht im Gefängnis. Die Beamten in Buffalo, die einen alten Mann angegriffen hatten, wurden entlassen, und erst auf Druck von Gouverneur Cuomo wurden zwei Beamte angeklagt. Das soll nicht heißen, dass Gefängnisse die Antwort sind, aber es besteht ein klarer Unterschied in der Behandlung zwischen denen, die Eigentum bedrohen, um das Leben von Schwarzen zu verteidigen, und denen, die Schwarzen das Leben nehmen.

Die übertriebenen Anklagepunkte gegen sie und die empörende Entscheidung, Samantha weiterhin nicht gegen Kaution freizulassen, sollen allen, die in irgendeiner sinnvollen Weise gegen den Staat kämpfen oder protestieren würden, Angst einflößen. Als Sozialist*innen sind wir uns alle zutiefst bewusst, dass wir genauso gut im Metropolitan Detention Center inhaftiert sein könnten, und dass uns genauso gut lebenslängliche Gefängnisstrafen drohen könnten.

Die Regierung des Staates New York und der Vereinigten Staaten haben deutlich gemacht, dass es keinen „akzeptablen“ Weg gibt, gegen ihr mörderisches, rassistisches Regime zu kämpfen. Anstatt uns durch das Beispiel, das sie geben wollen, in Angst und Schrecken zu versetzen, sollten wir uns zu einem härteren Kampf inspirieren lassen – für die Befreiung der Schwarzen, für die Freiheit aller Gefangenen und die Abschaffung des Gefängnisstaates. Ein erster Schritt besteht darin, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass die lächerlichen Anklagen fallen gelassen werden und dass Mattis, Rahman und Shader wieder an unserer Seite auf den Straßen kämpfen können.

Tausende haben inzwischen eine Petition unterschrieben, die die Freilassung und das Fallenlassen aller Anklagepunkte gegen Urooj, Colin und Sam sowie aller politischen Gefangenen fordert. Die Kampagne hat internationale Aufmerksamkeit erregt.

Dieser Artikel ist eine aktualisierte Version eines ursprünglich bei Left Voice am 22. Juni 2020 erschienenen Artikels.

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