Trotzkist*innen erobern Stadion mit 20.000 Plätzen

19.11.2016, Lesezeit 7 Min.
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Die trotzkistische Front der Linken und der Arbeiter*innen ruft zu einer landesweiten Kundgebung für diesen Samstag, den 19. November, auf – in einem Fußballstadion mit Platz für bis zu 20.000 Personen.

Die Front der Linken und der Arbeiter*innen (FIT) bereitet eine Kundgebung von historischem Ausmaß im Atlanta-Stadion in Buenos Aires, Argentinien, vor, um das beispiellose Wachstum der eigenen Kräfte zu zeigen. Die letzte Kundgebung dieser Größenordnung der trotzkistischen Linken liegt 30 Jahre zurück.

Die FIT ist ein Wahlbündnis der drei trotzkistischen Organisationen PTS (Partei sozialistischer Arbeiter*innen, Schwesterorganisation von RIO), PO (Arbeiter*innenpartei) und IS (Sozialistische Linke). Die drei Organisationen sind vereint unter einem Programm der Klassenunabhängigkeit im antikapitalistischen Kampf, um eine Arbeiter*innenregierung aufzubauen.

Erfolge der FIT

Die FIT interveniert in entscheidende Kämpfe in den Betrieben, den Gewerkschaften und den Universitäten. Aktivist*innen der PTS waren am Kampf für die Arbeiter*innenkontrolle bei der Druckerei MadyGraf beteiligt. Die Arbeiter*innen übernahmen die Fabrik und organisierten massiven Protest auf der Straße. Unterstützt wurden sie dabei von Studierenden, die ebenfalls Teil der PTS sind, sowie von anderen Sektoren der arbeitenden Klasse. Ebenso interventierten sie bei der Übernahme von Zanon durch die Arbeiter*innen, einer Keramik-Fabrik die mitterweile seit 15 Jahren unter Selbstverwaltung der Arbeiter*innen produziert.

Die PTS treibt auch die sozialistische Frauenorganisation Pan y Rosas (Brot und Rosen) voran, eine der größten Frauenorganisationen in Argentinien. Beim letzten landesweiten Kongress der Frauen in Argentinien organisierte Pan y Rosas 3.500 Frauen in ihrer Delegation. Beim anschließenden Protest gegen Frauenmorde, #NiUnaMenos (Nicht Eine weniger), organisierten Arbeiter*innen der PTS Streiks in ganz Argentinien.

Die FIT kann auch Wahlerfolge verzeichnen. In der jüngsten Wahl gewann ihr Präsidentschaftskandidat, Nicolás del Caño (PTS), 3,27 Prozent der Stimmen, mit dem Kampagnen-Slogan „Kapitalismus kann nicht weitergehen“. Die FIT hat vier Sitze im nationalen Kongress und dutzende Abgeordnete in Stadtparlamenten.

Auf der Kundgebung im Atlanta-Stadion werden Repräsentant*innen der kämpferischen Gewerkschaftsbewegung sprechen, wie Claudio Dellecarbonara (PTS – U-Bahn), „Pollo“ Sobrero (IS – Eisenbahn), genauso wie Figuren der politischen Linken wie Myriam Bregman (PTS), Néstor Pitrola (PO) und Juan Carlos Giordano (IS). Die Schlussrede wird der Präsidentschaftschaftskandidat der FIT, Nicolás del Caño (PTS), halten.

Rechtsruck unter Macri

Die historische Kundgebung findet im Kontext weitläufiger Unzufriedenheit statt. Der Geschäftsmann Mauricio Macri gewann letztes Jahr die Präsidentschaftswahl in Argentinien auf dem Höhepunkt des kürzlichen Rechtsrucks in der südamerikanischen Politik und im Niedergang der post-neoliberalen Regierungen.

Macri begann sein erstes Jahr mit der Abwertung der nationalen Währung, welche zu einer rasanten Inflation und Massenentlassungen im öffentlichen und privaten Sektor führte. Darauf folgte ein erheblicher Anstieg der Gebühren für die öffentliche Grundversorgung und der Preise bei öffentlichen Verkehrsunternehmen.

Währenddessen werden Millionen an private Gläubiger*innen gezahlt. Es fanden mehrere Demonstrationen gegen die Auszahlungen an die „Geierfonds“ und die Einschränkung demokratischer Grundrechte wie das Demonstrationsrecht statt, welche die Regierung als Reaktion auf die Proteste durchsetzte.

Die Sparpolitik, die in erster Linie die Arbeiter*innenklasse trifft, hätte nicht so leicht ohne die Komplizenschaft der Gewerkschaftsbürokratie durchgesetzt werden können, der CGT (Gewerkschaftlicher Dachverband) und der CTA (Argentinische Zentralgewerkschaft). Die CTA rief zu Demonstrationen und Streiks auf, aber sie blieben isoliert und unkoordiniert. Der gewerkschaftliche Dachverband CGT rief nur zu einer einzigen Aktion auf.

Als Antwort darauf lautet der Aufruf der Organisator*innen der linken Kundgebung: „Kämpft, um die Gewerkschaften zurückzuerobern und sie der Gewerkschaftsbürokratie zu entreißen, damit die Arbeiter*innenklasse ihr Programm zur Überwindung des Kapitalismus durchsetzen kann, zum Nutzen der ausgebeuteten und unterdrückten Massen.“

Die Kundgebung wird ein Ausdruck der Empörung der Massen sein, die im ganzen Land Widerhall finden wird. Kämpferische Frauen, Jugendliche und Arbeiter*innen werden ihre Kämpfe mit der Linken verbinden, der einzigen Kraft, die unabhängig von den Bossen und den Politiker*innen ist.

Die Beteiligung kämpferischer Sektoren an der Kundgebung

Die Veranstaltung wird von tausenden Arbeiter*innen aus ganz Argentinien besucht werden. Viele von ihnen waren an wichtigen Kämpfen beteiligt, um Betriebsräte gegen die bürokratische Führung der Gewerkschaften aufzubauen. Sie kämpften für die Demokratisierung der Gewerkschaften und gegen Gehaltskürzungen. Darunter sind auch Arbeiter*innen von der Keramik-Fabrik Zanon und der Druckerei MadyGraf (ehemals Donnelley), die beide unter Arbeiter*innenkontrolle stehen und für die Gemeinschaft produzieren. Besetzte Betriebe führen den wichtigen Kampf gegen die Sparpolitik an, der die Arbeiter*innekontrolle mithilfe staatlicher Sanktionen und des kapitalistischen Wettbewerbs zu unterdrücken versucht. Der Kämpfe gegen Massenentlassungen und Fabrikschließungen sind von entscheidender Bedeutung.

Ein anderer wichtiger Sektor bei der Kundgebung im Atlanta-Stadion werden arbeitende Frauen sein, die für Frauen-Ausschüsse in den Betrieben kämpfen. Dieser Prozess muss im nationalen Kontext auf die gesamte Arbeiter*innenbewegung ausgedehnt werden, um den Kampf für die Rechte von Frauen zu stärken, da sie unter zunehmenden Angriffen zu leiden haben. Einige massive landesweite Proteste wurden in den letzten Wochen organisiert, um gegen geschlechtsbezogene Gewalt und die Tatenlosigkeit der Regierung zu protestieren. Der Aufbau von Frauen-Auschüssen in den Betrieben wäre ein großer Schritt, um dieser Situation zu begegnen.

Eines der großen Ziele der Kundgebung ist der Aufbau einer starken antiimperialistischen Kraft. Trumps Sieg bei der Präsidentschaftswahl in den USA hat uns weiter in eine Ära großer politischer Verwerfungen getrieben. Er ist ein reaktionärer, frauenfeindlicher, rassistischer und demagogischer Milliardär, der angesichts der fortlaufenden weltweiten kapitalistischen Krise in der Lage war, die Frustration der Massen über das politische und wirtschaftliche System zu kanalisieren. Möglich war das nur, weil eine wirklichen Alternative für die US-amerikanische Arbeiter*innenklasse und Jugend fehlt. Dabei ist Trump Ausdruck eines weltweiten Phänomens.

Für den Aufbau einer revolutionären Organisation

Das Ziel der morgigen Kundgebung ist, die Stärke der Linken zu zeigen, der einzigen politischen Kraft, die in der Lage ist, einen wirkungsvollen Kampf gegen Kürzungen und die ständige Verschlechterung von Arbeitsbedingungen, der Gesundheitsversorgung und der Bildung anzuführen. Um die Sparpolitik wirkungsvoll zu bekämpfen, müssen wir eine Organisation aufbauen, die mit dem kapitalistischen System bricht. In Argentinien ist das ein System, in dem 40 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben, in dem Frauen von sexualisierter Gewalt betroffen sind und durch Frauenmorde und heimliche Abtreibungen sterben und Jugendlichen eine Zukunft verweigert wird. Denn die Arbeitslosigkeitsquote der Jugend ist doppelt so hoch ist wie im restlichen Teil der Klasse.

Wir brauchen eine Organisation, die mit der sozialen Ordnung bricht, die einer Handvoll Leute nutzt, aber die überwältigende Mehrheit zu Armut und Unterdrückung verdammt. Für eine anti-imperialistische und anti-kapitalistische Antwort auf die Krise wird die Front der Linken und der Arbeiter*innen das Atlanta Stadion mit der kämpferischen Bewegung der Arbeiter*innen, der Jugend und der Frauen füllen.

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