Trotzkistin erobert wichtigsten Studierendenverband in Chile

11.11.2016, Lesezeit 3 Min.
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Nicht nur in den USA können Wahlen ein überraschendes Ende haben: Bei den Wahlen zum Studierendenverband der Universidad de Chile in Santiago konnte eine feministische und antikapitalistische Liste den zweiten Platz erringen. Damit hat der wichtigste Studierendenverband des Landes erstmals eine trotzkistische Vizepräsidentin.

Für den Großteil der Welt bedeutete der gestrige Mittwoch ein bitteres Erwachen – der Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen erschütterte und überraschte alle. Doch auch auf der anderen Halbkugel fanden Wahlen statt: Die Studierenden der Unversidad de Chile, der größten und bedeutendsten Universität des Andenlandes, wählten den Vorsitz für ihren Verband, der abgekürzt Fech genannt wird. Auch hier hielten die Wahlurnen erstaunliches bereit.

Bárbara Brito und die Liste „Unidas para Vencer“ (Gemeinsam zum Sieg) hatten die Überraschung auf ihrer Seite. Verschiedene Organisationen wie die „Partei Revolutionärer Arbeiter*innen“ (PTR), „Kommunistische Linke“, „Libertäre Aktion“ und „Brot und Rosen“ hatten diese Liste zusammengestellt, die nur aus Frauen bestand.

Damit wollten sie den bedeutenden Kämpfen gegen sexualisierte Gewalt und Frauenmorde einen Ausdruck verleihen. Gleichzeitig richtete sich ihr Programm gegen die Kooperation zwischen Studierendenbürokratie und der Regierung sowie für die Vereinigung der Kämpfe für kostenlose Bildung, gegen Gewalt an Frauen* und das private Rentensystem (AFP).

Mit dieser kämpferischen, feministischen und antikapitalistischen Ausrichtung verdrängte Brito die Liste der Jugendorganisationen der Regierung – Kommunistische Jugend (JJCC) und die Sozialistische Jugend (JS) – auch wenn diese mit bürokratischen Mitteln diesen Ausgang verhindern wollten. Damit ist besonders die Jugend der KPCh angeschlagen, die noch 2011 mit Camila Vallejo als Vorsitzender der Fech die großten Studierendenproteste anführte. Doch von ihrer Beteiligung an der Mitte-Links-Regierung von Michelle Bachelet konnten sie sich nicht erholen.

Der erste Platz ging an eine Liste „Am Puls“, die mit den linksreformistischen Abgeordneten Gabriel Boric verbunden ist. Sie will die Strategie der „Einflussnahme“ und des „Drucks auf die Regierung“ weiterführen, die die Studierendenbewegung in die aktuelle Sackgasse geführt hat. Anstatt auf die eigene Kraft der Mobilisierung zu setzen und sich mit den großen sozialen Bewegungen gegen Frauenmorde und sexualisierte Gewalt oder die AFP, die für sich jeweils hunderttausende Menschen im ganzen Land auf die Straße bringen, vertrauen sie auf Verhandlungen mit der Regierung und dem Bildungsministerium.

Doch die Überraschung lag auf Seiten von „Unidas para Vencer“, was sogar von den wichtigsten Zeitungen des Landes aufgegriffen wurde. Mit Bárbara Brito erlangt zum ersten Mal eine trotzkistische Feministin die Vizepräsidentschaft des wichtigsten Studierendenverbandes in Chile. Bei der Siegeskundgebung bedankte sie sich bei den fast 2.000 Studierenden, die sie gewählt haben uns sagte:

„Große Aufgaben und Herausforderungen stehen vor uns. Nur durch die unabhängige Mobilisierung und die Organisierung können wir unsere Forderungen erkämpfen. Wir kämpfen für das Ende aller Erben aus der Diktatur, was wir nur mit der Kraft der Arbeiter*innen, Frauen* und Studierenden erkämpfen können.“

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