Trotzkismus heute
// ARGENTINIEN: Die PTS beendet das politische Jahr gestärkt mit einer Kundgebung in Buenos Aires mit 6.000 Menschen. //
6. Dezember, 18:30 Uhr. Das überdachte Stadion des Vereins Argentina Juniors in Buenos Aires ist mit 6.000 Menschen bis auf die obersten Ränge gefüllt. Draußen neigt sich ein Tag unter der schwülen Hitze der Millionenmetropole dem Ende zu. Unter dem Motto „Lasst uns Tausende sein, damit die Front der Linken und ArbeiterInnen die Kraft der ArbeiterInnen, Jugendlichen und Frauen ausdrückt“ lud die Partei Sozialistischer ArbeiterInnen (PTS) an diesem Nachmittag ihre AktivistInnen und MitstreiterInnen ein.
Kühne Intervention
Die Reden drückten die Vielfalt der Interventionen der PTS im vergangenen Jahr aus. Und es waren die AktivistInnen selbst, die auf der Bühne standen. Der Großteil des Publikums war 2014 auf Straßenblockaden, hat Geld für die Streikkassen gesammelt, Wahlen an der Uni organisiert oder eine eigene Betriebsratswahl gewonnen.
Vor einigen Monaten startete die PTS ihr bisher ambitioniertestes Projekt: eine digitale Tageszeitung, La Izquierda Diario. Mit mehr als 100 Artikeln täglich kann sie mit den großen Tageszeitungen Argentiniens konkurrieren und hat schon über 500.000 BesucherInnen monatlich. Das Internet-Projekt reicht weit über Argentinien in die spanischsprachige Welt hinaus und es werden auch Artikel aus Deutschland veröffentlicht.
Die Reden begannen: Die Anwältin Miriam Bregman berichtete vom demokratischen Kampf gegen Polizeiwillkür, Andrea d‘Atri schilderte aus der Bewegung für legale, sichere und kostenlose Abtreibung, Raúl Godoy berichtete aus der selbstverwalteten Keramikfabrik Zanon, die PTS-Jugend von ihren Interventionen in ArbeiterInnenkämpfe.
Eduardo Ayala sprach, der vor acht Jahren bei der Druckerei Donnelley eine klassenkämpferische Gruppierung aufzubauen begann, mit der er schließlich den Betriebsrat gewann. Nachdem die Firma am 12. August entschied, die Fabrik zu schließen, besetzten die ArbeiterInnen sie und produzieren bis heute unter eigener Kontrolle. Dies wäre nicht ohne das Beispiel von Zanon und die geduldige Vorarbeit revolutionärer ArbeiterInnen wie Ayala möglich gewesen.
Von einem ebenso wichtigen ArbeiterInnenkampf wusste Rubén Matu zu berichten. Er ist Betriebsrat beim US-Automobilzulieferer LEAR, der im Frühling dieses Jahres 300 ArbeiterInnen auf die Straße setzte. Daraufhin begann ein mehr als 200 Tage andauernder Kampf, den die 500 größten CEOs des Landes als den „Konflikt des Jahres“ bezeichneten und der erst zum Jahresende mit der Wiedereinstellung aller ArbeiterInnen endete. Mit 15 nationalen Aktionstagen, 14 Blockaden der größten und wichtigsten Autobahn des Landes, einer revolutionären Arbeit unterstützender AnwältInnen und einer unnachgiebigen Intervention der PTS konnte dieser Kampf ein Sieg und Beispiel für die gesamte ArbeiterInnenklasse werden.
Revolutionäre Weltpartei
Die Rede von Christian Castillo, Führungsmitglied der PTS und Abgeordneter in der Provinz Buenos Aires, konzentrierte sich auf die Notwendigkeit des Aufbaus einer Weltpartei der sozialistischen Revolution und zeigte beispielhaft die Interventionen der Trotzkistischen Fraktion in den verschiedenen Ländern wie Mexiko, Brasilien, Chile oder Frankreich auf: „Das Strategische besteht im Aufbau einer materiellen Kraft, die die Macht der KapitalistInnen brechen kann“.
Den Abschluss machte der 34-jährigen Nicolás del Caño, Abgeordneter im Nationalen Kongress und einer der möglichen PräsidentischaftskandidatInnen der Front der ArbeiterInnen und Linken (FIT), an der die PTS beteiligt ist. Er hob die Verschmelzung junger prekarisierter ArbeiterInnen und Studierender mit der revolutionären Linken hervor, die sich im vergangenen Jahr in seiner Wahl als Abgeordneter für die Provinz Mendoza ausdrückte. Dem rechten Konsens zwischen der Regierung von Cristina Kirchner, ihrer NachfolgekandidatInnen und der Opposition müsse man eine Agenda der ArbeiterInnen, Jugendlichen und Frauen entgegenstellen.
Die PTS ist durch ihre beherzte Intervention in den Klassenkampf, ihre Arbeit zur Wiederbelebung der marxistischen Tradition und ihre revolutionären Innovationskraft heute die dynamischste Kraft der radikalen Linken in Argentinien. Deshalb war die Kundgebung am 6. Dezember der Höhepunkt eines Jahres, in dem die PTS mit Teilen der ArbeiterInnenklasse, neuen Generationen von Jugendlichen und den unterdrücktesten Sektoren der Gesellschaft verschmelzen konnte. Das ist der lebendige Beweis dafür, dass die trotzkistische Linke zu einer Massenkraft werden kann, wenn sie programmatische Festigkeit mit kühnen Interventionen verbindet.