#Trotsky2020: Über sein Wirken in Mexiko und die Bedeutung seiner Texte heute
Anlässlich des 80. Jahrestags der Ermordung Leo Trotzkis spricht Yara Villaseñor im Rahmen des Films #Trotsky2020.
Dieser Beitrag ist Teil des Films #Trotsky2020, der hier in gesamter Länge angeschaut werden kann.
In diesem Haus wurde Leo Trotzki von einem Agenten Stalins ermordet. Am 20. August angegriffen, starb er am nächsten Tag im Jahr 1940.
Zusammen mit seiner Partnerin Natalja Sedowa kamen sie im Januar 1937 in Mexiko an.
Sie kamen in ein krisengeschütteltes Land, Erbe der Revolution von 1910 und der Auswirkungen der Krise von 1930, ein Land, das von Mobilisierungen von Arbeiter*innen und Bäuer*innen durchzogen wurde.
Hier würde Trotzki in kreativer Weise auf Mexiko und die lateinamerikanischen Länder die Theorie anwenden, die ihn historisch bekannt machen würde: die der Permanenten Revolution. Er würde in der Agrarfrage und im Kampf für die nationale Unabhängigkeit die grundlegenden Motoren für die Revolution in unseren Ländern sehen, die nur durch die Machteroberung der Arbeiter*innenklasse, welche die bäuerlichen Massen anführt, durchgeführt werden kann.
1938 dekretierte die bürgerlich-nationalistische Regierung von Lázaro Cárdenas, die Trotzki Asyl gewährt hatte, die Enteignung der Eisenbahn- und Ölgesellschaften. Öl war und ist eine der wichtigsten natürlichen Ressourcen Mexikos und befand sich in den Händen der imperialistischen transnationalen Konzerne.
Trotzki verstand, dass die Regierung von Cárdenas einen neuen Bonapartismus der besonderen Art oder „sui generis“ repräsentierte, der charakteristisch für koloniale und halbkoloniale Länder war, die zwischen imperialistischer Unterdrückung und einer immer stärkeren und aktiveren Arbeiter*innenklasse umkämpft waren.
In einigen Fällen konnten sich diese Bonapartismen nach links neigen, den Massen Zugeständnisse machen und gleichzeitig ihre Kontrolle über sie stärken, wie im Fall von Cárdenas. In anderen konnten sie zu einer Polizeidiktatur werden.
Trotzki stellte die Verteidigung der Enteignungen als höchst progressive konkrete Maßnahmen der nationalen Verteidigung dar. Er rief die US-amerikanischen und britischen Arbeiter*innen dazu auf, den Kampf Mexikos für nationale Befreiung als ihren eigenen Kampf aufzunehmen, was heute ein Beispiel für proletarischen Internationalismus ist.
Gleichzeitig schrieb Trotzki über diejenigen, die sich der Regierung Cárdenas unterordneten, wie die Stalinist*innen: “Es wäre natürlich ein katastrophaler Fehler, ein perfekter Betrug, wenn man behaupten würde, dass der Weg zum Sozialismus nicht durch eine proletarische Revolution führe, sondern durch die Verstaatlichung verschiedener Industriezweige durch den bürgerlichen Staat.”
Von diesem Haus aus erklärte Trotzki, dass die Regierung von Cárdenas nicht in der Lage sein würde, den antiimperialistischen Kampf und die Lösung der Agrarfrage bis zum Ende zu führen. Noch viel weniger wäre sie dazu in der Lage, die notwendigen antikapitalistischen Maßnahmen zu ergreifen, um effektiv mit dem Imperialismus zu brechen, der damals schon seine Herrschaft wie einen großen Schatten über die Region ausdehnte.
Der Wert von Trotzkis Ausarbeitungen geht über den Moment hinaus, in dem er sie schrieb. Sie sind grundlegend für das Verständnis der politischen Phänomene, die sich im 20. Jahrhundert in Lateinamerika entwickelt haben. Auch sind sie für die Revolutionär*innen von heute von großer Relevanz: Um angesichts der lateinamerikanischen “progressiven Regierungen” wie López Obrador, Alberto Fernández und anderen eine Position zu vertreten, die einen bedingungslosen Antiimperialismus mit einer entschlossenen Verteidigung der politischen Unabhängigkeit der Arbeiter*innenklasse verbindet.
Für Trotzki bedeutete die Durchführung dieser Aufgaben den Aufbau der für die sozialistische Revolution erforderlichen Partei. Dies wurde jedoch von vielen vergessen, die behaupteten, Trotzkist*innen zu sein. Zum Beispiel von denjenigen in Venezuela, die angesichts des Chavismus – ein politisches Phänomen, das Merkmale eines linken Bonapartei sui generis entwickelte – diesen politisch unterstützten und der Regierungspartei beitraten.
Achtzig Jahre später hat sich in Mexiko, Lateinamerika und der Welt viel verändert. Die Arbeiter*innenklasse breitete sich aus, ein Teil des Bauerntums schloss sich den Reihen der Lohnabhängigen an, und neue Sektoren der Unterdrückten, potenzielle Verbündete des Proletariats, entstanden. Die Bourgeoisie ist noch reaktionärer. All dies bestätigt nachdrücklich die Aktualität von Trotzkis Ideen.
Um heute die Bestrebungen der Arbeiter*innen und der Massen zu lösen und mit der imperialistischen Unterdrückung zu brechen, erklingen seine Worte hinter diesen Mauern kraftvoll, als er sagte, dass es darum geht, „das Werk von Emiliano Zapata zu vollenden“, und zwar durch die proletarische und sozialistische Revolution. Ein echter Handlungsleitfaden für die Revolutionär*innen des 21. Jahrhunderts.
Schaue hier den Beitrag von Yara Villaseñor im Video: