Trägt ein Teil der Linkspartei die Mega-Aufrüstung mit?

19.03.2025, Lesezeit 5 Min.
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Auch die Milliarden in die Infrastruktur dienen dem Militär. Bild: Tobias Nordhausen, CC BY-NC-SA 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/

Am Freitag wird im Bundesrat über das riesige Finanzpaket für Aufrüstung und Infrastruktur abgestimmt. Es droht ein linker Skandal: Selbst Bundesländer, in denen Die Linke an der Regierung beteiligt ist, könnten zustimmen.

Nachdem gestern die kommende Bundesregierung aus Union und SPD für die neuen Kriegskredite eine Grundgesetzänderung mit Unterstützung der Grünen durch den Bundestag gebracht hat, muss das Vorhaben am Freitag noch durch den Bundesrat. Kosten für die Aufrüstung der Bundeswehr über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollen dann von den Regeln der Schuldenbremse ausgenommen sein – ein Blankoscheck für unbegrenzte Aufrüstung, potenziell über viele hunderte Milliarden Euro. 

Für die Änderung des Grundgesetzes sind im Bundesrat 46 von insgesamt 69 Stimmen nötig. Die Landesregierungen aus CDU, SPD und Grünen kommen allein jedoch nur auf 41 Stimmen. Es kommt also auf die Zustimmung von Ländern an, in denen FDP, BSW und die Freien Wähler mitregieren – und Die Linke. Letztere sind derzeit noch in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern an Koalitionen beteiligt. 

Bereits am Montag verkündete der SPD-Bürgermeister der Hansestadt, Andreas Bovenschulte, er gehe fest davon aus, dass Bremen im Bundesrat zustimme. Dabei hätten es die Regierungsmitglieder der Linkspartei leicht, dieses Votum zu verhindern. So sieht der bremische Koalitionsvertrag vor, dass sich das Land der Stimme enthalte, wenn in der Regierung keine Einigung über das Abstimmungsverhalten zustande kommt. Am vergangenen Freitag hatten die beiden Landessprecher:innen der Linkspartei Anna Fischer und Christoph Spehr noch angemeldet, sie hielten „den aktuellen Vorschlag nicht für zustimmungsfähig im Bundesrat.“ Allerdings fehlte auch schon in dieser Stellungnahme eine echte Ablehnung der massenhaften Aufrüstung, die das Finanzpaket unweigerlich bedeuten würde. Stattdessen heißt es dort nur: „Wir stehen zur Verfügung für eine Reform der Schuldenbremse, allerdings nicht ausschließlich in Rüstung, ausschließlich in Beton oder ausschließlich für den Bund.“ Umgekehrt bedeutet das: Einer „Reform“, die unter anderem der Aufrüstung dient, aber auch Gelder vorsieht, mit denen in Bremen Brücken, Krankenhäuser oder Kajen saniert werden, könnte die Linkspartei zustimmen. 

Der Weser-Kurier berichtete folgerichtig am gestrigen Dienstag über Signale aus der Bremer Linken, dass es zu keiner Konfrontation mit Bürgermeister Bovenschulte und der SPD kommen werde. So heißt es dort: 

Zwar will dort niemand entsprechend zitiert werden, doch die meisten Akteure scheinen sich darüber klar zu sein, dass Nachverhandlungsforderungen ausgerechnet aus dem kleinsten Bundesland unmittelbar vor den anstehenden parlamentarischen Entscheidungen nicht mehr realistisch sind und es nun für Bremen eher darum geht, Mittel aus dem Bundesanteil des Infrastrukturfonds an die Weser zu lenken, vor allem für Investitionen in die Häfen und deren Hinterlandanbindung.

Die Grundgesetzänderung, die am Freitag den Bundesrat passieren könnte, ist ein riesenhafter Schritt auf dem Weg zur Kriegsertüchtigung der Bundesrepublik. Es sollte außer Frage stehen, dass Linke alle zur Verfügung stehende Mittel einsetzen, um ihn zu verhindern. Doch die Bremer Linke scheint diesen Umbruch zu ignorieren, um ein paar Gelder ins eigene Bundesland zu lotsen.

Parteijugend schlägt Alarm – doch zieht sie auch Konsequenzen?

In der Partei Die Linke und ihren Jugendstrukturen sorgte diese Nachricht für Aufsehen. Unter dem Titel „Sage Nein!“ veröffentlichte der Studierendenverband Die Linke.SDS auf Instagram einen Offenen Brief an die Senator:innen und Minister:innen ihrer Partei in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Man erwarte von ihnen, „innerhalb der jeweiligen Landesregierung ein klares Nein anzuzeigen.“ 

Weiter heißt es dort: 

Die Programm- und Beschlusslage unserer Partei ist eindeutig: Wir lehnen Hochrüstung und Militarisierung entschieden ab. Mehr Waffen und Kriegsgerät machen weder Deutschland noch die Welt sicherer, sondern heizen das globale Wettrüsten an. Unsere Bundestagsgruppe hat am 18. März geschlossen gegen das Aufrüstungspaket gestimmt. Die Zeiten, in denen Einzelne glauben, sich über demokratischen Beschlüsse hinwegsetzen zu können, müssen endgültig vorbei sein.

Man wolle „den Widerstand gegen diesen Rüstungswahnsinn auf die Straße“ tragen. Ein Aufweichen der friedenspolitischen Grundsätze schade der Glaubwürdigkeit. Unterstützt wird der Brief von Mitgliedern und Gliederungen der Partei, des Jugendverbands Linksjugend [’solid] sowie des Studierendenverbands Die Linke.SDS.

Eine Zustimmung im Bundesrat durch die Länder Bremen und Mecklenburg-Vorpommern wäre tatsächlich ein offener Verrat an jedem linken Grundsatz. In dem Offenen Brief der parteiinternen Kritiker:innen fehlt allerdings jede Andeutung, was die Unterzeichnenden in einem solchen Fall tun wollen. Dabei kann die einzige konsequente Schlussfolgerung nur die Forderung nach einem Parteiausschluss sein. 

Gleichwohl wird die Aufrüstung nicht in den Parlamenten zurückgeschlagen. An den Protesten gegen die Abstimmung beteiligten sich bislang jedoch nur vereinzelte Teile der Partei. Umso dringender ist es, dass diejenigen Teile der Partei Die Linke und ihrer Jugendstrukturen, die die Aufrüstung ablehnen, ihre Mittel zum Aufbau einer Opposition auf der Straße einsetzen.

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