Tod nach Polizeischuss während der Revolte in Frankreich: Mohamed filmte eine Festnahme

08.07.2023, Lesezeit 3 Min.
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Foto: Alexandros Michailidis / Shutterstock.com

Ein Lieferjunge aus Marseille starb durch einen Herzstillstand nach einem Polizeischuss. Nachdem die Autopsie auf diese Spur wies, wird sie nun durch die letzten Bilder von Mohameds Handy bekräftigt. Seine Angehörigen riefen deshalb zu einer Gedenkdemonstration auf.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag, inmitten der Revolte, wurde Marseille zum Schauplatz eines neuen Dramas. Am Rande der Unruhen wurde der 27-jährige Lieferfahrer Mohamed tot neben seinem Motorroller aufgefunden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft von Marseille erlag der junge Mann einem Herzstillstand. Die Szene wurde zwar nicht gefilmt, doch die Analysen zeigen, dass der Herzstillstand auf einen „heftigen Schock im Brustbereich“ zurückzuführen ist, der durch ein von der Polizei eingesetztes Projektil vom Typ „Flashball“ verursacht worden sein könnte.

Am Mittwoch wurde diese Hypothese durch neue Informationen gestützt. Die letzten Bilder auf Mohameds Handy sind erschütternd: Es handelt sich um eine Szene von Polizeigewalt, die der junge Lieferant von der anderen Straßenseite aus zu filmen scheint. „Man sieht, dass er nicht an den Unruhen teilnimmt, sondern einen Polizeieinsatz filmt, da man zwei Polizisten sieht, die gerade einen am Boden liegenden Mann überwältigen“, kommentiert BFMTV. Sein Herzstillstand soll einige Augenblicke nach dieser Szene aufgetreten sein, was darauf hindeutet, dass er zu diesem Zeitpunkt möglicherweise ins Visier genommen wurde.

Nour, Mohameds Ehefrau, äußerte diese Vermutung: „Meiner Meinung nach hat der Polizist auf ihn geschossen. Er sah, dass er ihn filmte, und schoss mit einem Flashball. Als man ihn retten wollte, war er bereits tot“. Die junge Frau, Mutter eines Kleinkindes, ist im ersten Monat schwanger: „Können Sie sich vorstellen, wenn er erwachsen wird? Was werde ich ihm sagen?“, wirft sie den Journalisten an den Kopf.

Die Nacht, in der Mohamed starb, wird den Menschen in Marseille als die Nacht eines beispiellosen Ausbruchs von Repression in Erinnerung bleiben. Der Staat hatte als Reaktion auf die Revolte die RAID eingesetzt, die die Stadt in Angst und Schrecken versetzte, indem sie mit Flashballs auf Jugendliche schoss, Türen von Wohnhäusern eintrat und mit Schrotflinten auf Passanten zielte. Viele Zeugen berichteten von der Verwendung von „Beanbags”, einer Munition, die wegen ihrer „versteckten“ Verstümmelung verschrien ist.

Ist es eine dieser Munitionen, die Mohamed getötet hat? Leider gibt es, wie in der überwiegenden Mehrheit der Fälle von Polizeigewalt, bislang weder Zeugenaussagen noch Videoaufnahmen, die diese Hypothese belegen könnten.

Gleichzeitig bestätigte die Staatsanwaltschaft von Val-de-Brey im Departement Meurthe-et-Moselle, dass im Fall des jungen Aimène, ebenfalls die Spur eines Beanbagbeschusses durch die BAC bevorzugt wird. Dieser war am Freitagabend ins künstliche Koma versetzt worden, nachdem er einen Kopfschuss erhalten hatte, während er mit seinen Freunden in der Nacht bei geöffnetem Fenster am Steuer saß. Das ist ein weiterer Ausdruck des systemischen Charakters der Polizeigewalt, die von Nanterre bis Marseille junge Araber in den Arbeitervierteln verstümmelt und tötet.

Während die heftigste polizeiliche und gerichtliche Repression auf die Jugendlichen niederprasselt, die sich gegen dieses System – das sie zermalmt – aufgelehnt haben, ist es dringend notwendig, eine politische Antwort zu geben, die dieser Aufgabe gewachsen ist.

Alle politischen Organisationen, Gewerkschaften und Verbände müssen die Angehörigen der Opfer und die Jugendlichen, die der Repression ausgesetzt sind, unterstützen.

Für Aufklärung und Gerechtigkeit und gegen den staatlichen Rassismus!

Dieser Artikel erschien zuerst am 5. Juli 2023 auf Französisch bei Révolution Permanente.

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