Tod im Müllcontainer 

12.03.2025, Lesezeit 3 Min.
1
Foto: Fridolin freudenfett / Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Charlottenburg_Wilmersdorfer_Straße_Berlin-Recycling.JPG)

Kapitalismus ist, wenn Wohnungskonzerne Mieten in die Höhe treiben und Wohnungen luxussanieren, sodass Menschen – trotz genug potentiellem Wohnraum – keine Wohnung haben und sterben, weil sie in der Mülltonne schlafen müssen.

Beim Entladen eines Müllcontainers wurde am Montag in Berlin eine Person in der Öffnung des Müllwagens eingeklemmt und dadurch getötet. Arbeiter:innen, die den Mann in das Müllfahrzeug fallen sahen und seine Hilferufe hörten, riefen die Feuerwehr. Laut einem Sprecher der Polizei konnte jedoch nur noch dessen Tod festgestellt werden. Mutmaßlich war der Mann obdachlos und schlief deshalb in dem Papier- und Pappe-Container.

Es ist nicht die erste Meldung dieser Art und dennoch handelt es sich um einen besonders abscheulichen Ausdruck des Systems, in dem wir leben. Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) waren im Jahr 2022 etwa 50.000 Menschen obdachlos, das heißt auf der Straße lebend, sowie weitere 607.000 wohnungslos, das heißt ohne eigenen Wohnraum, aber mit Unterkunft in Notfalleinrichtungen, Heimen, Frauenhäusern, Freund:innen oder Familie. Gleichzeitig standen zum Stichtag 15. Mai 2022 in Deutschland rund 1,9 Millionen Wohnungen leer, was einer Leerstandsquote von 4,3 Prozent entspricht. Im gleichen Jahr gaben diejenigen mit Wohnung im Durchschnitt rund 27,8 Prozent ihres Einkommens für die Miete aus, bei rund 1,5 Millionen Mieterhaushalten betrug die Mietbelastung sogar rund 50 Prozent und mehr. 

Dass Menschen auf der Straße leben, in Müllcontainern sterben oder durch die hohen Mietkosten in immer prekärere Lebensumstände getrieben werden, ist kein bedauernswerter Unfall, sondern das Ergebnis von Wohnungskonzernen, die die Mieten in die Höhe treiben, vorhandenen Wohnraum luxussanieren oder Luxus-Neubauprojekte planen sowie andere Mietwohnkomplexe verfallen lassen, die dann zum Abriss und zur Spekulation freigegeben werden.

2021 haben in Berlin über eine Million Menschen bei einem Volksentscheid für die Enteignung von Deutsche Wohnen und Co. gestimmt, was der Mehrheit der Stimmberechtigten entsprach. Geschehen ist danach einiges, nur nicht die Enteignung: Statt diese gemäß dem Volksentscheid durchzuführen, wurde unter der rot-rot-grünen Landesregierung eine Expert:innenkommission eingesetzt, die zwar tagte, aber nichts tat. Nach dem Regierungswechsel 2023 versuchten SPD und CDU mittels eines Rahmengesetzes, die Vergesellschaftung zu verschleppen beziehungsweise zu verhindern, woraufhin die „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“-Kampagne 2024 einen neuen Versuch startete, dieses Mal durch die Erarbeitung eines Vergesellschaftungsgesetzes. Dies soll nach Fertigstellung dann erneut in einem Gesetzesvolksentscheid abgestimmt werden.

Der Verlauf der ersten Kampagne macht jedoch deutlich, dass wir unsere Hoffnungen nicht in reformistische Regierungen setzen können, die sogar unter Beteiligungen der Linkspartei den Volksentscheid ganz einfach verraten haben. Wohnen ist ein grundlegendes Recht und kein optionaler Luxus. Wir müssen für die entschädigungslose Enteignung – also ohne denjenigen, die sich jahrzehntelang auf Kosten der Mieter:innen bereichert haben, eine Entschädigungssumme zu bezahlen – von Wohnungskonzernen kämpfen. Um diese durchsetzen zu können, braucht es die unabhängige Organisierung von Arbeiter:innen, Studierenden und der Jugend, Mobilisierungen in Gewerkschaften und politische Streiks. 

Mehr zum Thema