Til Schweiger sollte mal das Schweigen lernen
Der Schauspieler äußert sich gewaltbereit gegenüber Klimaaktivist:innen, anstatt den Mund zu halten.
Der Schauspieler hat sich im Rahmen der Promotionsphase seines neuen Kinofilms abfällig gegenüber Klimaaktivist:innen der Letzten Generation geäußert. Die Gruppe ist vor allem für ihre Klebeaktionen bekannt, mit denen sie Straßen und den Autoverkehr blockieren. Immer wieder erfahren sie dafür in den Medien Hetze, des Öfteren auch direkt auf der Straße und teilweise erleben sie auch Gewalt.
Nachdem ein Video durch die Medien ging, in dem Aktivist:innen von einem Autofahrer von der Straße gezerrt wurden, äußert sich nun auch Schweiger gewaltbereit:
“Ich habe das Video von einem gesehen, der einen Klimakleber weggezogen hat. Ich glaube, ich würde das genauso machen. Was ich von denen halte? Das sind Vollidioten.”
Im Interview mit der BILD behauptet er, die Aktivist:innen würden für ihren Klimaschutz sogar vergütet: Ganze 1500€ verdienen sie in Schweigers Vorstellung. Seiner blühenden Fantasie entspringen einige schräge Fakten, wie schon 2021, als er das Corona-Risiko gegenüber Kindern verharmlost und sich gegen Impfmaßnahmen ausgesprochen hat. Dass sich Schweiger rechten Narrativen bedient -das ausgedachte Kleber-Gehalt erinnert an Reden über die Antifa e.V. – ist kaum verwunderlich, hallt aber nach. Die Letzte Generation erfährt immer stärkere Repressionen, auch von Seiten der Polizei. In München wurden einige Aktivist:innen sogar prozesslos inhaftiert, auch die Gewalt seitens der Autofahrer:innen steigt.
Die Wut über die blockierten Straßen ist zwar nicht gänzlich ungerechtfertigt, doch Schuld an blockierten Straßen sind nicht die Klimaaktivist:innen, sondern die schreckliche Verkehrs- und Klimapolitik, die die Proteste erst verursachen. Insbesondere die Autoindustrie, die sich gegen die Mobilitätswende stellt, und die Deutsche Bahn, die kürzlich angekündigt hat den Deutschlandtakt nicht wie geplant in 2030, sondern erst in 2070 einzuführen. Hinzu kommen gestiegene Fahrkartenpreise, Rekord-Unpünktlichkeit und Ausfälle.
Um die Klimafrage sinnvoll anzugehen, darf es keine von den Arbeitenden getrennte Klimabewegung geben. Denn auch die momentanen Streiks im Öffentlichen Dienst und auch bei der Bahn ernten harsche Kritik. Doch auch hier tragen nicht die Streikenden die Schuld, wenn das Land stillsteht, sondern die Arbeitgeber, die die schlechten Arbeitsbedingungen erst verursachen. Die Bahn ist ein zentrales Beispiel, welches die Klima- und die soziale Frage vereint. Erst heute wurde bekanntgegeben, dass der Bahnchef Richard Lutz sich sein Gehalt mithilfe von Boni verdoppelt hat, während für die Angestellten nicht mal ein Inflationsausgleich drin ist.
Bessere Arbeitsbedingungen, verlässlicher, kostenloser Nah- und Fernverkehr sowie ein ausgebautes Streckennetz würden die Bevölkerung organisch dazu bewegen, das Auto stehen zu lassen. Auch in ländlichen Regionen oder den Randbezirken der Großstädte, wie das Stimmverhalten beim Klimaneutral Volksentscheid in Berlin zeigt, würde eine Klimagerechtigkeit, die nicht auf einem Autoverbot ohne Alternative basiert, Gehör finden. Schließlich erfahren die Leute auch dort die Folgen des Klimawandels.
Obwohl Klimaschutz nicht auf den Rücken der arbeitenden Autofahrer:innen ausgetragen werden darf, solidarisieren wir uns mit der Letzten Generation und kriegen Nackenschmerzen vom Kopfschütteln über Schweigers Aussagen. Die Medien und der Staat nutzen das Momentum, um die Klimabewegung, ebenso wie das Streikrecht, im Allgemeinen anzugreifen und das geht uns schließlich alle an.
Dass Klimaschutz nur ohne Kapitalist:innen funktioniert -schließlich sind sie diejenigen, die die Klimakrise erst verursachen und von ihr profitieren – soweit reichen Schweigers Gedanken natürlich nicht. Als millionenschwerer Filmstar, mit einem millionenschweren CO2-Verbrauch, ist es dann eben doch leichter, die Fehler bei den anderen zu suchen.