Generalstreik in Argentinien: Weitere Kämpfe in Aussicht
In Argentinien fand am Donnerstag der zweite Generalstreik gegen die extrem rechte Regierung von Javier Milei statt. Die kämpferische Gewerkschaftsbewegung kündigt weitere Streiks an.
Der Generalstreik am Donnerstag war eine der stärksten Aktionen der Arbeiter:innenbewegung seit Jahrzehnten. Viel kraftvoller als der erste Generalstreik am 24. Januar und mit unter Beteiligung breiterer Branchen und Sektoren. Er hatte auch die Sympathie von Teilen des Handels und des Mittelstandes. Gleichzeitig fand er in einem Kontext einer größeren sozialen Krise statt, in dem die Unzufriedenheit mit der Regierung wächst. Am Dienstag widmete sich die Regierung dem Angriff auf die streikenden Arbeiter:innen. Sie startete eine Medienkampagne, in der sie diejenigen, die sich dem Streik angeschlossen hatten, dämonisierte. Dies hat jedoch nicht verhindert, dass der Streik überwältigend war, wie die Bilder aus dem ganzen Land zeigten.
Trotz der Massivität und Heftigkeit des Streiks bekräftigten führende Vertreter des Gewerkschaftsverbandes CGT, dass es ihr Ziel sei, lediglich mit der Regierung zu verhandeln. Sie wiederholen die Strategie vom letzten Streiktag, dem 24. Januar: eine starke Aktion mit dem einzigen Ziel, Milei und die großen Bosse an den Verhandlungstisch zu bringen. Aber „verhandeln“ bedeutet, einen Teil des Kriegsplans von Milei gegen die Arbeiter:innenklasse zu akzeptieren. Es bedeutet, weiterhin auf sozialen und demokratischen Errungenschaften und Rechte zu verzichten.
Die Realität zeigte, dass es eine enorme Kraft gibt, um die Kürzungspolitik zu verhindern. Nach dem massiven Universitätsmarsch am 23. April folgte dieser kraftvolle Streik. Der Widerstand und die Ablehnung der Politik der Regierung Milei wachsen. Die linken Kräfte müssen jetzt damit beginnen, sich auf den Kampf gegen das Grundlagengesetz im Senat vorzubereiten. An diesem Tag braucht es einen neuen Generalstreik, einen aktiven Streik mit einer massiven Mobilisierung. Hunderttausende müssen den Kongress umzingeln, um dieses katastrophale Gesetz zu Fall zu bringen. Es ist keine Verhandlung möglich. Es können keine fortschrittlichen Änderungen daran vorgenommen werden. Es ist ein Gesetz gegen die arbeitenden Menschen. Deshalb muss es gekippt werden.
Aber das muss den Gewerkschaftsführungen aufgezwungen werden. Die Wut und der Kampfeswille, die an diesem Donnerstag zu spüren waren, müssen in Organisation und Kampf umgewandelt werden. Es ist die Kraft, Versammlungen in jedem Betrieb und in jedem Viertel zu fördern und den Kampf gegen das Gesetz im Senat vorzubereiten. Gleichzeitig ist es auch notwendig, die Diskussion an jedem Arbeitsplatz zu fördern. Es geht bereits eine Petition um, die zu einem Streik und einer Mobilisierung an diesem Tag aufruft. Mit der Wut der Menschen, die sich von unten demokratisch organisieren, ist es möglich, den Gewerkschaftsverbänden CGT und CTA einen ernsthaften Kampf gegen die Sparmaßnahmen aufzuzwingen.
Es braucht einen Weg zu einem umfassendern Generalstreik. Ein Generalstreik, der das ganze Land lahm legen kann, bis er den ganzen Plan von Milei, den Großbossen und dem IWF zunichte macht. Diese Stärke hat sich am Donnerstag gezeigt. Der Kampf kann gewonnen werden.
Nicolas del Caño, Abgeordneter der Front der Linken, schreibt:
Weitere Ereignisse des Tages haben wir im Ticker zusammengefasst:
Kämpferische Gewerkschaftsbewegung kündigt weitere Streiks an
Während des Generalstreiks hielten Sektoren der kämpferischen Gewerkschaftsbewegung, soziale Organisationen und Nachbarschaftsversammlungen vor dem Nationalkongress eine Pressekonferenz ab, um weitere Arbeitskampfmaßnahmen anzukündigen. Sie sprachen von der Notwendigkeit, einen Streik mit Mobilisierung durchzusetzen, wenn es um die Abstimmung des weiterer Gesetzespakete im Senat geht.
Die Forderung an den Gewerkschaftsdachverband CGT lautete, den Kampfmaßnahmen Kontinuität zu verleihen. Der Generalsekretär der Reifengewerkschaft Sutna, Alejandro Crespo, sagte, dass „wir mit diesem Generalstreik beginnen, auf das Ausmaß des Angriffs zu reagieren, dem die Werktätigen ausgesetzt sind. Ruben Sobrero von der Eisenbahnergewerkschaft erklärte seinerseits, dass der Generalstreik „ein erster Schritt im Kampfplan ist. An dem Tag, an dem das Omnibusgesetz im Senat diskutiert wird, werden wir hier vor der Tür stehen. Und wir rufen alle Arbeiter:innen auf, sich uns anzuschließen“.
Ileana Celotto von der Gewerkschaft der Dozierenden wies darauf hin, dass der Konflikt an den Universitäten weitergeht: „Ab Montag werden wir in allen nationalen Universitäten Maßnahmen erzwingen und die Woche vom 20. bis zu den Tagen des nationalen Universitätsstreiks“. Die ebenfalls anwesende Vanina Mancuso, Arbeiterin in der Druckerei MadyGraf und Mitglied der Partei Sozialistischer Arbeiter:innen (PTS), bekräftigte, dass „diese Kraft wieder zum Ausdruck kommen muss, wenn das Grundlagengesetz im Senat behandelt wird. Dieses Gesetz kann nicht im Senat verabschiedet werden. Wir müssen an diesem Tag einen neuen Streik und eine Massenmobilisierung garantieren“.
Alejandro Vilca war als nationaler Abgeordneter der PTS – Front der Linken für die Region Jujuy bei der Konferenz anwesend. Er bezog sich auf den nationalen Streik, zu dem die CGT aufgerufen hatte: „Die Maßnahme ist kraftvoll, sie ist im ganzen Land zu spüren. Sicherheitsministerin Patricia Bullrich erfindet ihre eigene Realität. Der Streik ist massiv, weil die Wut gegen die von der Regierung, dem IWF und dem Großkapital durchgesetzten Sparmaßnahmen wächst“. In diesem Zusammenhang sagte er, dass „wir vorsichtig sein müssen. Im Senat wird gerade eine Falle vorbereitet. Jede Änderung, für die gestimmt wird, kann rückgängig gemacht werden, wenn die Abgeordneten, die dieses katastrophale Gesetz bereits angenommen haben, dies wünschen, wenn das Gesetz in die Abgeordnetenkammer zurückkehrt. Deshalb besteht der einzige Ausweg darin, dafür zu sorgen, dass das Gesetz komplett abgelehnt wird, und dafür ist ein massiver Streik und eine massive Mobilisierung notwendig“.
Luciano Corradi, Delegierter von GPS-Aerolíneas Argentinas, wies darauf hin, dass die Beschäftigten gegen Entlassungen in der Luftfahrt kämpfen. Er sagte zudem, dass „heute der Streik bei Aeroparque total ist. Dies ist die zweite Aktion, die wir in dieser Woche gegen die Entlassungen und den Versuch, die Fluggesellschaft zu privatisieren, durchführen“.
Mariana Scayola von der Basisgewerkschaft Ademys erklärte ihrerseits, dass „wir uns im Rahmen eines Streiks gegen diese Regierung befinden, die Arbeiter:innen und Rentner:innen aushungert“. Eduardo Beliboni, Vorsitzender von Polo Obrero, sagte: „Wir sind Teil derArbeitslosen-Bewegung (Piqueteros), die vor zwei Tagen erneut mit einem Kampfplan auf die Straße gegangen ist. Wir haben gesagt, dass es eine Anpassung gegen diejenigen gibt, die am wenigsten haben, und dass sie von der gesamten Kapitalistenklasse angewendet wird“.
„Die wichtigste Machtdemonstration der letzten Jahrzehnte“
Unsere Genoss:innen der Partei Sozialistischer Arbeiter:innen kommentieren den Generalstreik auf den Social Media Kanälen. Nicolas del Caño, Abgeordneter im Kongress für die Front der Linken, schreibt:
„Die Arbeiter:innen haben diesen Streik der [Gewerkschaft] CGT selbst in die Hand genommen, um die wichtigste Machtdemonstration der letzten Jahrzehnte zu machen, bei der Fabriken und Dienstleistungen lahmgelegt wurden. Es gibt viel Kraft. Es ist notwendig, den Senat zu einem Streik und einer Mobilisierung aufzurufen, damit das Grundlagengesetz fällt.“
Und Raul Godoy, Gewerkschafter aus der unter Arbeiter:innenkontrolle stehenden Keramikfabrik Fasinpat postet:
„#Generalstreik. Die Arbeiter:innen sind diejenigen, die die Welt bewegen. Sie sind es, die sie regieren müssen. Genug der Anpassung der Menschen. Jetzt #TodosAlSenado, bis das ganze Paket der Anpassung fällt!“
Argentinien steht still
Häfen, Geschäfte, Nahverkehr: Nichts geht mehr in den sonst belebten Orten des Landes.
Die Stärke der Arbeiter:innenklasse gegen den gesamten Plan von Milei und den Großunternehmern ist an diesem Tag des nationalen Streiks zu spüren.
Auch an den Flughäfen geht nicht viel:
Der Streik beginnt
Am Mittwoch um 22 Uhr hat in vielen Betrieben, Fabriken und bei Dienstleistern des Landes der Generalstreik begonnen, zu dem mehrere Gewerkschaftsverbände aufgerufen haben. In der Nachtschicht war die Wut der Arbeiter:innen bereits sehr stark zu spüren, wie bei den bestreikten Lebensmittelherstellern Mondelez und Coca Cola, der Reifenfabrik Fate, dem Stahlproduzenten Techint oder dem Busunternehmen UTA.
Mit unserer Schwesterorganisation, der Partei Sozialistischer Arbeiter:innen (PTS) bringen wir mit der politischen Linken drei zentrale Vorschläge vor. Erstens, dass der Generalstreik am 9. Mai total und energisch sein muss. Er wird eine klare Botschaft an eine Regierung sein, die darauf besteht, mit ihren „Kettensägen“-Plänen eine extreme Kürzungspolitik auf Kosten der Arbeiter:innenklasse vorzunehmen.
Zweitens, dass der Streik alle Forderungen der arbeitenden Menschen erheben muss: darunter eine dringende Erhöhung der Löhne, Renten und Sozialpläne, ein Ende der Entlassungen, die Anerkennung aller Lohnverhandlungen und der Kampf für einen Lohn, der das Einkommen einer Familie deckt, die Ablehnung aller Sparmaßnahmen und der Gesetze von Präsident Miliei sowie die Nichtbezahlung der Auschlandschulden.
Drittens muss der Streik die Kraft entwickeln, in einem entscheidenden Kampf voranzukommen: Gegen das vom Kongress (Parlament) beschlossene „Grundlagengesetz“ (Ley de Bases), das Entlassungen und Ausbeutung erleichtert und dem Präsidenten Miliei weitreichende Machtbefugnisse überträgt. Wenn das Gesetz sowie der Steuerpakt im nächsten Schritt im Senat verhandelt werden, braucht es große Mobilisierungen der Gewerkschaften.
Der peronistische Block (Mitte-links Parteien) legt seinen Fokus darauf, dass der Senat einige Aspekte des Gesetzes „korrigiert“. Der Kongressabgeordnete der Front der Linken – Einheit, Christian Castillo, Mitglied der PTS, warnt: „Wenn nicht das gesamte Gesetz abgelehnt wird, handelt es sich um eine Täuschung der Opposition.“ Deshalb streben wir eine totale Abwehr des Gesetzes im Senat und auf der Straße an.
Kein Pakt, keine Trickserei
Der 9. Mai ist ein entscheidender Tag, um die Kraft der Arbeiter:innenklasse ins Spiel zu bringen, Sie ist diejenige, die den Güter- und Personenverkehr, die Energie, die Schulen und Krankenhäuser betreibt, die Lebensmittel herstellt, die den ganzen Reichtum produzieren, und sie haben die Fähigkeit, das Land zu lähmen und die Geschichte zu verändern.
Die Linke steht zusammen mit der kämpferischen Gewerkschaftsbewegung, den sozialen Organisationen und den Nachbarschaftsversammlungen an der Spitze des Widerstands. Mit der PTS fordern wir aber auch, dass die Gewerkschaftsbünde einen Kampfplan aufstellen. Dies ist der einzig mögliche Weg nach vorne. Die einzige Sprache, die von der „libertären“ Rechten verstanden wird, die es auf alles sozialen und demokratischen Rechte und Errungenschaften abgesehen hat.
Während wir an vorderster Front bei jedem Kampf und jedem Streik stehen, prangern wir von links die Passivität der Gewerkschaftsführer an, die die Angriffe und das Gesetz im Kongress passieren ließen. Auch die Abgeordneten der peronistischen Unión por la Patria haben sich darauf beschränkt, dagegen zu stimmen, ohne zur Mobilisierung aufzurufen. Ihr politisches Ziel ist es, das Land im Dienste des IWF und des Großkapitals zu verwalten, aber mit ein wenig mehr staatlicher Regulierung, wie wir es bei der vorherigen Regierung gesehen haben. Sie wollen nicht den gesamten Plan von Milei durch die Aktion der Werktätigen vereiteln.
Der Streik ist ein Tag des Kampfes, aber auch, um Millionen von Menschen einen Weg zu zeigen, wie die Arbeiter:innenklasse aufstehen und die Bosse und ihre Regierungen für die Krise bezahlen lassen kann.