Therapeut*innen bleiben laut

17.12.2018, Lesezeit 3 Min.
1

Heute hatten die Physio- und Ergotherapeut*innen an der Charité ihren achten Warnstreiktag. Der Berliner Senat hat Abhilfe versprochen, aber haben noch nichts geliefert. Die Psychotherapeut*innen in Ausbildung haben sich angeschlossen.

„Eine 100 prozentige Tochterfirma?“ ,rief Marzena Manske ihren Kolleg*innen zu. „Ich lache mich kaputt!“ Die Physiotherapeutin arbeitet seit 15 Jahren an der Charité. Doch während dieser Zeit hatte sie nie einen Arbeitsvertrag mit dem Universitätsklinikum. Sie war immer nur über Subunternehmen angestellt. Deswegen verdient sie bis zu 800 Euro weniger als ihre Kolleg*innen mit Tarifvertrag für die gleiche Arbeit.

Jetzt streikt Manske zusammen mit ihren Kolleg*innen von der Charité-Tochterfirma CPPZ. Sie fordern die Einführung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVÖD), der für die Stammbelegschaft der Charité gilt. „Wir werden so lange laut sein, bis die Verantwortlichen uns hören!“ ,rief Manske, und blies in ein Horn.

Am Montag war Aufsichtsratssitzung der Charité – und gleichzeitig der achte Warnstreiktag der CPPZ-Kolleg*innen. Als der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz in seinem Dienstwagen vorgefahren wurde, erwarteten den Sozialdemokrat Pfiffe und Buhrufe.

Pikant: Das Vorstandsgebäude wurde durch Kolleg*innen einer anderen Charité-Tochter, der CFM, geschützt. Diese Kolleg*innen haben keinen Tarifvertrag und verdienen nur knapp über Mindestlohn. Kollatz, für seinen Teil, steckt rund 16.650 Euro pro Monat in die Taschen. „Wenn die Stadt sparen muss, dann sollten sie auch 40 Prozent weniger verdienen“ ,sagte Lukas vom Botanischen Garten in einer Solidaritätsbotschaft.

Ebenfalls beim Protest dabei waren die Psychotherapeut*innen in Ausbildung (PiA) in der Charité. Anders als die Berufsbezeichnung vermuten lässt, handelt es sich dabei um studierte Psycholog*innen, die eine Weiterbildung für Psychotherapie machen, und im Krankenhaus normal mitarbeiten. Für ihre Arbeit erhalten sie eine „Aufwandsentschädigung“ von 150 Euro im Monat – oder 1,40 Euro pro Arbeitsstunde.

Bei fast jedem ihrer acht Streiktage waren die Therapeut*innen mit einem anderen Arbeitskampf solidarisch – zum Beispiel letzten Mittwoch am jüdischen Krankenhaus. Die Gegenseite sagt, sie will den Streik deswegen verbieten lassen, weil es ein „politischer Streik“ sei. Die Therapeut*innen ließen sich von dieser Drohung jedoch nicht beeindrucken.

Richter*innen in Deutschland behaupten, dass Beschäftigte nicht gegen Outsourcing streiken dürfen – Ausgliederung würde zur „unternehmerischen Freiheit“ gehören. Die Therapeut*innen streiken deswegen für die Einführung des Flächentarifvertrages – wenn der TVöD bei der Tochterfirma gelten würde, dann wäre diese Niedriglohn-Firma komplett überflüssig.

Die CPPZ und die Charité versuchen bisher, die Therapeut*innen mit einem Tarifvertrag unter TVöD-Niveau abzuspeisen. Die Kolleg*innen machen nicht den Eindruck, als ob sie das jemals akzeptieren werden. Manske sagt, sie habe die „Ausbeutung“ einfach satt.

Der Berliner Senat hat nun weitere Gelder für die Charté an die Bedingung geknüpft, dass die CPPZ wieder eingegliedert wird, und dass andere Tochterfirmen Tarifverträge bekommen. Doch solche Versprechen liefert die rot-rot-grüne Regierung seit über zwei Jahren – passiert ist bisher gar nichts.

Der achttägige CPPZ-Streik ist erstmal zu Ende. Aber der Arbeitskampf geht weiter. Eine Gelegenheit, um mehr Solidarität aufzubauen, ist am kommenden Donnerstag um 18 Uhr. Verschiedene Gruppen rufen zu einer Kundgebung vor der Französischen Botschaft am Brandenburger Tor auf, um Solidarität mit den gelben Westen in Frankreich zu zeigen.

Mehr zum Thema