Theorie und Praxis: Sozialistische Strategie und Militärkunst

04.04.2018, Lesezeit 5 Min.
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Vom 18. bis zum 23. Februar fand in Buenos Aires ein Seminar über sozialistische Strategie und Militärkunst statt. Hier stellen wir einige der Themen vor, die in dem von Emilio Albamonte und Matías Maiello koordinierten Seminar behandelt wurden.

Wir begannen mit dem Verständnis von der Taktik in der Politik als der „Kunst, einzelne Operationen zu führen“, und von der Strategie als der „Kunst zu siegen“, d.h. die Macht zu erobern. So hatte es Trotzki in Analogie zur Militärwissenschaft formuliert.

Ausgehend von dieser Perspektive wurden viele Debatten geführt, darunter auch zur Beziehung zwischen dem revolutionären Programm und der Strategie. Die Neo-Keynesianer*innen und Keynesianer*innen – einschließlich der „linken Keynesianer*innen“ in ihren verschiedenen Varianten oder den „Anti-Neoliberalen“ – vertreten die Idee einer bloßen Aneinanderreihung von Reformen. Diese Vorstellung ist völlig losgelöst vom Verständnis der großen Katastrophen, die der Kapitalismus historisch ausgelöst hat. Im Gegensatz dazu zielen das Programm und die Strategie des revolutionären Marxismus darauf ab, eine Antwort auf die tiefgründigen Tendenzen des Kapitalismus in seiner imperialistischen Epoche, auf die katastrophalen Krisen und großen Kriege zu geben. Denn diese Tendenzen zwingen den Massen „mehr Leid als üblich“ auf, woraus der Nährboden der Revolutionen entsteht. Dies ist eine grundlegende Frage für den politischen und programmatischen Kampf.

Eine weitere Debatte, die das Seminar durchzog, war die dynamische Beziehung zwischen Klasse, Partei und Führung. Dazu haben wir die Berührungspunkte und die großen Unterschiede zu dem theoretischen Schema von Clausewitz über die „wunderliche Dreifaltigkeit“ (Hass des Volkes, Berechnung der Generäle, Regierungspolitik als Elemente in allen Kriegen) erarbeitet, wie sie im Buch „Sozialistische Strategie und Militärkunst“ analysiert werden. Unter dem Titel „Klasse, Partei und Führung“ schreibt Trotzki am Ende seines Lebens einen seiner grundlegenden Texte, in dem er das komplexe Verhältnis zwischen objektiven und subjektiven Faktoren bei der Bestimmung politischer Situationen und ihrer Entwicklung erklärt.

Im Gegensatz zu den fatalistischen Visionen, für die die Selbstauflösung des Kapitalismus Siege „hervorbringen“ wird, betont Trotzki die Schlüsselrolle der Führung und der Partei, sowie die Arbeit der Strategie als Schlüsselelement für das Erringen revolutionärer Siege. Eine strategische Aufgabe, bei welcher der Aufbau der revolutionären Partei nicht, wie viele Strömungen der Linken glauben, aus der „Vergrößerung“ des Apparates selbst entsteht, sondern als Nebenprodukt der Kämpfe der Revolutionär*innen für die Weiterentwicklung der progressivsten Tendenzen des Klassenkampfes in jeder konkreten Situation.

Das Seminar befasste sich auch mit der Diskussion über die Taktik der Arbeiter*innen-Einheitsfront. Sie wurde als solche von der Dritten Internationale (deren Thesen zu diesem Thema Teil des Diskussionsmaterials waren) konzipiert, um die Einheit der Arbeiter*innenklasse in ihrem Kampf gegen das Kapital aufzubauen. Sich richtete sich auf die Überwindung der sozialen und organisatorischen Spaltungen, die eine ganze Reihe von Bürokratien (gewerkschaftliche und politische) der Klasse aufzwingen. Zugleich ging es in der Taktik auch darum, durch Erfahrungen mit diesen traditionellen Führungen die große Mehrheit des Proletariats für die Revolution zu gewinnen. In der heutigen Situation mit einem stark fragmentierten Proletariat ist diese Taktik äußerst aktuell. Ihre Bedeutung unterliegt jedoch häufig der größten Verwirrung, denn sie wird interpretiert als „Einheit der Linken“ allgemein, als diplomatischer Pakt mit den Flügeln der Bürokratie außerhalb des Klassenkampfes und sogar als politische Übereinkunft mit bürgerlichen oder kleinbürgerlichen Strömungen.

Ein guter Teil des Seminars war der Aufklärung der tatsächlichen Bedeutung der Arbeiter*innen-Einheitsfront gewidmet: Warum handelt es sich um eine Taktik und nicht um eine Strategie? Was ist ihr Verhältnis zum defensiven und offensiven Kampf? Was ist die Bedeutung von partiellen „Einheitsfronten“ (in bestimmten Gewerkschaften, Strukturen usw.), wo wir Revolutionär*innen genügend Kräfte haben, um sie durchzusetzen? Welche Beziehung hat die Einheitsfront zu anderen von Trotzki in den 1930er Jahren entwickelten Taktiken, wie etwa dem „Entrismus“ oder dem Vorschlag einer „Arbeiter*innenpartei“, den er unter anderem für die Vereinigten Staaten unterstützte?

Gleichzeitig fanden weitere Debatten statt, wie über das Problem, das „Gravitationszentrum“ der Partei im außerparlamentarischen Kampf zu halten; über die Beziehung zwischen der Entwicklung der Massenbewegung in revolutionären Situationen und der Erweiterung der Möglichkeiten zur Lösung der militärischen Probleme des Aufstands; die kritische Analyse der „Strategien der Ermattung“ und die Merkmale der Handlungen der Bürokratien zur Deaktivierung von Klassenkampfbewegungen, neben vielen anderen.

Alle diese Diskussionen waren geprägt von der lebendigen Realität des aktuellen Klassenkampfes, in den die verschiedenen Organisationen der FT-CI in jedem Land eingegriffen haben. Auf diese Weise ermöglichte das Seminar sowohl eine kollektive theoretische Untersuchung als auch die Entwicklung der Reflexion über die Praxis selbst.

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