Studis gegen Rechts München: Wir lassen uns nicht spalten!
Nur eine Woche nach dem ersten Plenum von Studis Gegen Rechts München versuchen die Organistor:innen schon Palästina Spricht (PS) auszuschließen. Sie wollen keine Gruppen, die sich gegen den Genozid, gegen die Besatzung und gegen die Waffenlieferungen aus Deutschland wehren, in den eigenen Reihen haben.
Kurz vor dem zweiten Treffen von Studis gegen Rechts München erreicht die WhatsApp Community, in der mittlerweile über 700 Personen sind, eine Nachricht: Das Organisator:innenteam will Palästina Spricht aus allen Treffen und Strukturen ausschließen. Nach einer Woche soll die erst entstehende Bewegung von oben also schon gespalten und diszipliniert werden, bevor überhaupt eine inhaltliche Diskussion stattgefunden hat. Zwar wollen die Organisator:innen betonen, dass sie sich „explizit für Solidarität mit palästinensischen Zivilist:innen und Opfern von Gewalt und Polizeirepression aussprechen“, doch Gewalt können sie in diesem Kontext nicht dulden. Sie beschuldigen Palästina Spricht als antisemitische, gewaltverherrlichende Gruppierung, die mit ihren „moralischen Mindeststandards“ unvereinbar ist. Gemeint ist, dass PS den 7.Oktober nicht verurteilt. Sie sagen, gleichzeitig gäbe es aber „viele pro-palästinensische Proteste, die wir unproblematisch finden.“ Schön für sie, dass sie sich die Deutungshoheit anmaßen, was problematisch ist. Die Frage wäre dann aber an sie zurückgetragen, ob es für sie auch einen problematischen oder unproblematischen Genozid gibt? Dass sich das palästinensische Volk gegen einen Völkermord wehrt, ist sein demokratisches Recht. Der 7. Oktober ist das Ergebnis von 76 Jahren Mord und Vertreibung. Wer das nicht anerkennt, kann noch so viele Floskeln über moralische Standards von sich geben. Sie werden wertlos, im Moment, in dem man sich nicht konsequent gegen die Gewalt der Unterdrücker stellt.
Stellen wir uns gegen die Hetzkampagne der CSU!
Der Kampf gegen Rechts ist aufs engste mit der Solidarität mit Palästina verbunden. Der Rechtsruck zeigt sich am stärksten am Vorgehen gegen die palästinasolidarische Bewegung. Seit 15 Monaten wird jeder Versuch, an der Uni über Palästina zu sprechen, mit massiver Repression überschüttet. Universitäten haben eigene Studierende für ihre Palästinasolidarität angezeigt, die Polizei gegen Studierende auf dem eigenen Campus gerufen und Studierenden mit Zwangsexmatrikulationen wegen Politischem Aktivismus gedroht. Während wir also nicht frei an unserer Uni über den Genozid diskutieren können, hat die Bundeswehr laut dem Kooperationsgebot bald freien Zugang zu unseren Universitäten in Bayern. Genauso wie die Polizei, die letzten Montag 30 Studierende über drei Stunden lang in einem Hörsaal der TU München gefangen hielt und von allen Personalien aufgenommen hat. Anschließend startete eine Hetzkampagne, etwa von der Süddeutschen Zeitung, die die Aktivist:innen mit angeblich terror-verherrlichenden Graffiti in Verbindung brachte. Wir müssen dies als gezielte Falle aus dem CSU-geführten Bayerischen Innenministerium betrachten, das mithilfe von Staatsschutz und Kriminalpolizei die Palästina-Solidarität diffamieren und kriminalisieren möchte. Es ist eine Schande, wie die Organisator:innen von Studis gegen Rechts da mitmachen. Sie sind die Handlanger von CSU und AfD! Dagegen organisiert man Solidarität und kein Ausschlussverfahren!
Mit ihrem Vorgehen zeigen die Organistor:innen der Initiative „Studis gegen Rechts München“ ähnliche Tendenzen wie die Hochschulleitungen auf. Sie benutzen die gleichen Mittel und Lügen wie die Hochschulleitungen, um studentischen Aktivismus zu unterdrücken. Bezeichnend ist auch ihr Vorgehen: Sie haben online Profile von PS durchforstet und angekündigt, dies auch bei weiteren Gruppen machen zu wollen („bei anderen Gruppen hatten wir bisher leider noch nicht genug Zeit, ausreichend zu recherchieren“). Sie führen sich auf, wie Polizei und Geheimdienst, die in der antifaschistischen Bewegung rumschnüffeln wollen. In anderen Städten ist die Teilnahme von Palästina Spricht an Studis gegen Rechts übrigens kein Problem.
Außerdem kann man nicht ignorieren, welche weiteren Implikationen dieser Ausschlussversuch mit sich bringt. Hiermit räumen sich die Antragsteller:innen das Recht ein, jederzeit den Ausschluss anderer Menschen wegen ihrer Palästinasolidarität zu vollstrecken. Damit werden alle Gruppen und migrantisch gelesenen Menschen unter Generalverdacht gestellt. Der Ausschluss von PS soll einen Präzedenzfall darstellen, der allen Anderen signalisiert, dass Repressionen nach innen ein Mittel sind, auf das sie ohne weiteres zugreifen werden, sollte es „Krachmacher“ in den eigenen Reihen geben. Der Ausschluss von PS selbst stammt nicht einmal aus einer Kontroverse beim ersten Treffen, sondern daher, dass es einige Menschen gab, die migrantisch aussahen und Kuffiyeh, ein Symbol der palästinensischen Solidarität, trugen. Dieses Vorgehen hat höchst problematische, wenn nicht rassistische Untertöne, da die bloße Existenz arabisch-gelesener Menschen beim eigenen Plenum als Gefahr für die Sicherheit und als strafwürdiger Verstoß angesehen wird.
Statt in den Chor der Diffamierungen einzusteigen, sollten sie Solidarität zeigen mit denen, die derzeit am meisten Repression im Zuge des Rechtsrucks und der rassistischen Politik der AfD, CDU/CSU und der Bundesregierung ausgesetzt sind. Sie zensieren ihre Kommiliton:innen und sprechen ihnen ihr Recht ab, an dieser akuten Diskussion teilzunehmen und stellen sich somit offensichtlich auf der Seite der Staatsräson. Eine Haltung, die wir im Kampf gegen Rechts endlich loswerden müssen! Mit welchem demokratischen Verständnis maßen sie sich überhaupt an, über die Teilnahme oder den Ausschluss einer Minderheit zu entscheiden? Dies ist selbst nichts anderes als Rassismus.
Nieder mit dem Rechtsruck, gegen die Instrumentalisierung des Antisemitismus-Vorwurf
Gleichzeitig ist es auch die Palästinabewegung sowie vor allem muslimisch und arabisch gelesene Menschen, die von der aktuellen Regierung (SPD, Grüne) sowie von CDU, FDP und AfD ins Fadenkreuz genommen werden. Das Geschwaffel vom „importierten Antisemitismus“ dient dazu, die migrantische Community zu kriminalisieren, sie als Terrorist:innen darzustellen und im besten Falle so schnell wie möglich abzuschieben. Die Organisator:innen führen sich auf wie die Polizei, die jede palästinasolidarische Perspektive im Keim ersticken will.
Die Organisator:innen sagten auch in ihrer Argumentation: „Studis gegen rechts soll ein Ort sein, an dem alle sich wohlfühlen können, auch Jüdinnen*Juden“. Die Antragssteller:innen haben nicht mal den Mut, „Antisemitismus“ zu rufen, aber hinter ihren moralischen Ausdünstungen verbirgt sich genau dieser Vorwurf, der genauso von der CSU und anderen instrumentalisiert wird, um gegen die palästisnasolidarische Bewegung vorzugehen. Wir wollen daher auf die Jerusalemer Erklärung zu Antisemitismus hinweisen, die diesen als „Diskriminierung, Vorurteil, Feindseligkeit oder Gewalt gegen Jüdinnen und Juden als Jüdinnen und Juden (oder jüdische Einrichtungen als jüdische)“ definiert.
Unter der Argumentation der Organisator:innen dürfte man verstehen, dass Judi:innen sich aufgrund von Antizionismus „unwohl“ fühlen würden. Dabei ignorieren sie, dass Jüd:innen ein aktiver Teil der anti-zionistischen Palästinabewegung sind. Sie stellen Jüd:innen als Opfer des Antizionismus dar und setzen sie somit gleich mit dem israelischen Staat. Eine Logik, die selbst vor Antisemitismus nur so trieft. Kritisch gegenüber Israel zu sein, bedeutet, die extrem rechte Politik und ihre, von den westlichen imperialistischen Mächten unterstützten und finanzierten Kriegsverbrechen, zu kritisieren. Es bedeutet, Widerstand gegen die zionistische Politik der AfD und der anderen Parteien mit ihrer mörderischen deutschen Staatsräson zu leisten. Denn Israel ist genauso rechtsextrem wie die AfD und ihre Verbündeten. Und der Rechtsruck muss überall bekämpft werden.
Die zugrundeliegende Frage hier ist: Was ist Rechts und wer gehört dazu? Indem die Organisator:innen sich in deren Rhetorik und Handlungsweise an die Bundesregierung und CSU anpassen, zeigen sie deutlich, dass es ihnen nicht darum geht eine antifaschistische Bewegung an den Universitäten aufzubauen, die den Kampf gegen Rassismus als Teil ihres Ziels sieht. Stattdessen wollen sie die Politik dieser Parteien legitimieren, die selbst Militarisierung, Abschiebungen, Haftstrafen und Polizeigewalt befürworten. Sie sind es, die den Rahmen des Sagbaren im deutschen politischen Diskurs so sehr nach Rechts gerückt haben, dass nun Forderungen nach Ausbürgerung „nicht-deutscher“, Abschiebungen politischer Aktivist:innen und Hetze sowie Gewalt gegen Migrant:innen und (anti-zionistische) Jüd:innen legitimiert werden. Während palästinasolidarische Aktivist:innen als Antisemit:innen dargestellt werden, fordert Lindner „mehr Musk und Milei“. Die Repressionen gegen jüdische Akademiker:innen und Aktivist:innen wie Nancy Fraser oder Udi Raz werden gefeiert.
Mit der „Erlaubnis“ der Organistor:innen für Kritik am israelischen Vorgehen und Solidarität mit den palästinensischen Zivilist:innen“ sagen sie: Es ist okay für die Toten zu trauern, aber verboten, tatsächlich gegen Besatzung und Genozid zu kämpfen. Damit verbreiten sie die Narrative des perfekten Opfers, indem den Unterdrückten das Recht auf Selbstschutz und Organisierung gegen ihren Unterdrücker abgesprochen und der Widerstand gegen den Imperialismus delegitimiert wird. Palästinenser:innen werden nie perfekte Opfer sein, denn sie wissen, dass sie das Recht auf Widerstand haben und sie werden ihn weiterhin leisten, bis Palästina frei ist!
Vorschläge für Studis gegen Rechts
Als Jugendliche und Studierende haben wir die Macht und die Aufgabe, uns mit dem Widerstand zu solidarisieren und den Imperialismus in seinem Herzen zu bekämpfen. Denn dieser Schritt ist von grundlegender Bedeutung im Kampf gegen den Rechtsruck.
Palästinensische und palästina-solidarische Gennoss:innen waren selbst bei Demos gegen Rechts oder den Blockaden des AfD Parteitages in Riesa beteiligt. Sie auszuschließen spaltet den Kampf gegen den Rechtsruck und hilft der, AfD ihre rassistische und menschenfeindliche Politik weiter zu betreiben. Wir dürfen uns nicht spalten lassen! Wir müssen unsere Einheit verteidigen und rufen auf, am Dienstag zahlreich zum kommenden Studis gegen Rechts Treffen zu kommen und den Antrag zurückzuweisen.
Statt uns spalten zu lassen, schlagen wir für das Treffen vor:
– Aufruf zu einer studentischen Vollversammlung an der LMU, bzw. TUM.
– Die Beteiligung an der Demonstration gegen Rechts in München am 8. Februar mit einem studentischen Block, der auch palästina-solidarische Positionen verteidigt.
– Aufbau eines anti-imperialistischen Studierendenblock auf der Anti-Siko Demo am 15. Februar gegen Krieg, Militarisierung und Nationalismus.
– Die Unterstütutzung der Tarifrunde im öffentlichen Dienst in der Verbindung des Kampfes gegen Rechts: Höhere Löhne und mehr Geld für Soziales statt Abschiebungen, Aufrüstung und Kürzungspolitik
– Eine gemeinsame Vorbereitung mit der Initiative „Grenzenlos Feministisch“ zum 8. März als feministischen Streiktag gegen Kürzungspolitik und antifeministischen Rechtsruck.
– Solidarität mit palästina-solidarischen Gruppierungen, die Repressionen durch den Staat und die Universitäten erfahren
Kommt zum heutigen Plenum von Studis Gegen Rechts München, um diesen Ausschluss abzuwenden und über die Aufgaben einer tatsächlichen antifaschistischen Studierendenbewegung zu diskutieren!
Zeit: Dienstag, 28. Januar, 18 Uhr
Ort: Gasteig, München