Studierendenparlament der FU solidarisiert sich mit Genug ist Genug!

14.11.2022, Lesezeit 6 Min.
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Foto: shutterstock.com / Mo Photography Berlin

Solidarität mit Genug ist Genug, den Protesten im Iran und ein peinlicher Auftritt vom RCDS - So war die letzte Sitzung des Studierendenparlaments an der FU.

Es war nicht besonders voll im Hörsaal 2 der Freien Universität Berlin, als am vergangenen Freitagnachmittag das 40. Studierendenparlament (Stupa) zum vierten Mal eine Sitzung abhielt. Die Sitzung konnte schlussendlich trotzdem mit ausreichend Parlamentarier:innen begonnen werden. Nach den üblichen Formalia zur Feststellung der Tagesordnung und der Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung, wurde vor der Bearbeitung der eingereichten Anträge der Wirtschaftsprüfungsbericht des AStAs vorgestellt und der studentische Wahlvorstand für die Anfang nächstes Jahres anstehenden Stupa-Wahlen gewählt. 

Als Klasse Gegen Klasse sind wir mit vier Sitzen im aktuellen Stupa vertreten und haben zur Sitzung einen Antrag eingereicht, in welchem das Studierendenparlament dazu aufgefordert wird, sich der Kampagne “Genug ist Genug!” (GiG) anzuschließen und der AStA aufgerufen wird, die Forderungen der Kampagne und den Aufbau einer GiG-Gruppe an der FU zu unterstützen. Die soziale Krise verschärft sich zunehmend. Bei einer Inflation, die mittlerweile jenseits der zehn Prozent liegt und der grundlegenden finanziellen Belastung, die zum Beispiel die enorm angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt in Berlin auf Studierende ausübt, denken wir, dass es an der Zeit ist auch an den Unis an einer linken Antwort auf die Krise zu arbeiten. Es ist notwendig, dass sich linke Gruppen und Einzelpersonen in einen Diskussionsprozess darüber begeben, was wir der Krise entgegensetzen können und auch welche Rolle die Universitäten darin spielen können. Insbesondere braucht es eine Verbindung mit den aktuellen Streiks, wie wir sie ab dieser Woche wieder bei der IG-Metall, und ab Anfang nächsten Jahres im öffentlichen Dienst, bei der Post und in anderen Bereichen haben werden. Als Klasse Gegen Klasse wollen wir uns am Aufbau einer solchen Antikrisenperspektive aus den Universitäten heraus beteiligen und auch an den Unis die Verbindung von Studierenden und Beschäftigten suchen. Deshalb beteiligen wir uns an der FU am Aufbau der GiG-Hochschulgruppe. Wir freuen uns sehr, dass wir von dieser Perspektive scheinbar auch andere Parlamentarier:innen überzeugen konnten, und der Antrag mit nur zwei Gegenstimmen und ohne Enthaltungen angenommen wurde. Wenig überraschend konnten wir die beiden Vertreter der CDU-Studierendengruppe “Ring Christlich-Demokratischer Studenten” (RCDS) nicht für einen Antrag zu linken Sozialprotesten an den Unis gewinnen, was wir auch nicht schade finden. Die Antwort auf Inflation, Krieg und Krise werden wir letztlich auch nicht mit, sondern nur gegen die CDU und die Parteien der Ampel-Regierung durchsetzen. 

Neben unserem Antrag wurde ein weiterer Antrag der Linken Liste diskutiert und angenommen, der unter dem Titel “Solidarisierung mit der Revolution im Iran” das Präsidium der FU dazu auffordert sich öffentlich mit einer Unterstützung der Proteste zu positionieren und desweiteren Studierende und Beschäftigte der Universität aufruft sich an den in Deutschland stattfindenden Demonstrationen zu beteiligen. Als KGK unterstützen wir die Streiks und Proteste im Iran und den Kampf der Bevölkerung gegen das Mullah-Regime, weswegen wir uns auch diesem Antrag angeschlossen haben. In der Diskussion zu dem Antrag haben wir noch aufgebracht, dass wir neben Positionen, die das Regime verteidigen, ebenso Positionen ablehnen müssen, die jetzt unter dem Vorwand der Solidarität westliche Sanktionen, Interventionen oder direkt einen imperialistischen Regime Change fordern, ablehnen müssen. 

Zuletzt diskutierte das Plenum über den Antrag “Für eine Mahmud-Azhar-Straße auf dem FU-Campus!” der Fachschaftsinitiative Geschichte. Der Antrag fordert das Präsidium auf sich dafür einzusetzen, dass eine Straße mit antisemitischem oder kolonialrassistischem Hintergrund in Campusnähe (von denen es mehr als genug gibt) in Gedenken an den 1990 im Zuge eines rassistischen Anschlags getöteten FU-Promotionsstudenten Mahmud Azhar umbenannt wird. Ebenso fordert der Antrag das Stupa auf, sich der Initiative nach Umbenennung der Iltisstraße, sowie der langfristigen Perspektive auf die vollständige Umbenennung aller Straßen und Gebäude mit antisemitischen oder kolonialrassistischen Namenshintergrund anzuschließen. Als wären die bisherigen Wortbeiträge des RCDS in den Debatten zu GiG und den Aufständen im Iran (sie fragten, ob wirklich eine “Revolution” mit all ihren Folgen das Ziel sein könne) nicht bereits zuviel des Unguten gewesen, übertraf in dieser Debatte ein Vertreter der Christdemokraten die von dieser Gruppe bekannte Niveaulosigkeit noch um ein vielfaches. In einem ausschweifenden Beitrag trug er als Bedenken gegen die Umbenennung vor, dass diese mit erheblichem, ja für kleine Unternehmer kaum zu leistendem Aufwand verbunden sei, da durch die neuen Anschriften eine ganze Reihe an Änderungen durchgeführt werden müssten, wie der Neudruck von so unaustauschbaren Dingen, wie Briefköpfen. Was ist schon ein bisschen Papier gegen das Gedenken an einen Menschen, der von einem Rassisten auf dem Campus der eigenen Universität getötet wurde. Aber es geht noch weiter: Zur Umbenennung der Iltisstraße schlug der RCDS vor, dass man diese ja einfach umwidmen könne, damit die Straße einfach ab sofort dem gleichnamigen Tier gilt. Wir haben nichts gegen den frettchenähnlichen Nager – wie widerlich dieser Vorschlag aber ist, erschließt sich aus dem Kontext, von dem die Straße ihren Namen bisher bezieht, und der dem RCDS bekannt gewesen ist, da er bei der Einbringung des Antrags allen Anwesenden vorgetragen wurde. Wir zitieren dafür aus dem Antrag:

“Die Iltis war ein kaiserliches Kanonenboot, Korvettenkapitän Wilhelm Lans ihr Kommandant. Die Iltis beschoss im Zuge der Niederschlagung der Yihetuan (sogenannter „Boxeraufstand“) 1900 die Taku-Forts. Die Namen zelebrieren also deutsche Kolonialverbrechen in Ostasien. Seit kurzem gibt es eine recht erfolgsversprechende Umbenennungsinitiative, die die Umbenennung der Iltisstraße nach Nora Schimming-Chase, eine FU-Alumna und spätere Botschafterin Namibias, fordert.” 

Statt also eine offensive Auseinandersetzung mit der blutigen deutschen Kolonialvergangenheit zu unterstützen, hält es der RCDS für eine angemessene Idee, den Namen einer Straße, die nach einem rassistischen Mordwerkzeug benannt ist, einfach einem Tier umzuwidmen. Wir finden diese Verharmlosung abstoßend und freuen uns, dass der Antrag trotz der peinlichen Einwände des RCDS angenommen wurde. Weder in der Nähe zur Universität, noch sonst wo in der Stadt, wollen wir ein Netz von Gebäuden und Straßen mit kolonialistischer, rassistischer und antisemitischer Namensvergangenheit haben.  

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