Studierendenparlament der FU Berlin stellt sich gegen die bayerische Hochschulreform
Auf Antrag von Mitgliedern von Klasse Gegen Klasse - Campus solidarisiert sich das Studierendenparlament der Freien Universität Berlin mit den bayerischen Studierenden und Beschäftigten, die durch das “Hochschulinnovationsgesetz” einen neoliberalen Angriff erfahren sollen. Nun ist es an der Zeit, dass die Parlamente und ASten außerhalb Bayerns ihre Passivität ablegen und Solidaritätsproteste organisieren.
Am Dienstag tagte die dritte Sitzung des 39. Studierendenparlaments der Freien Universität Berlin. Einst Hochburg der 68er-Bewegung, sind die gewählten Vertreter:innen der Studis der FU nun inmitten der größten Krise des Kapitalismus seit fast einem Jahrhundert erstaunlich brav. Das StuPa, welches als Repräsentation der Interessen der Studierendenschaft agieren sollte, blieb größtenteils still.
Es ist nicht so, als ob es nichts zu diskutieren gäbe: etliche Studierende beklagen sich über die Folgen der Online-Lehre, das hohen Lern- und Arbeitspensum und die technischen und sozialen Hürden. Über die unmittelbaren Hindernisse hinaus haben sich die strukturellen Probleme der Studierenden stark verschärft: eine Vielzahl hat ihre Jobs verloren, kämpft mit der Prekarisierung und den psychischen Folgen der Krise.
In dieser Situation nehmen auch die direkten Angriffe nicht ab: So will der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg die Preise für das Semesterticket erhöhen!
Wir befinden uns also in einer Situation, in der direkte und indirekte Angriffe auf unser Leben stattfinden. Ein weiteres Beispiel ist das besagte „Hochschulinnovationsgesetz“, das in Bayern durchgesetzt werden soll. Es ist daher sehr erfreulich, dass der Antrag vom Parlament ohne Gegenstimmen angenommen wurde.
Antrag zur geplanten Novellierung des Bayrischen Hochschulrechts
Antragstellende Liste: organize:strike – antikapitalistische Liste
Antrag:
Das Studierendenparlament der Freien Universität möge beschließen, die geplante Novellierung des Bayrischen Hochschulrechts zu verurteilen und sich mit dem dagegen entstehenden Protest von Studierenden und Beschäftigten zu solidarisieren.
Begründung:
Das Ziel des geplanten „Hochschulinnovationsgesetz“ ist die „maximale Verschlankung und Deregulierung“. Was als „Siegel des Neuaufbruchs“ versprochen ist, stellt nichts anderes dar als einen neoliberalen Angriff auf die Universitäten, die nun komplett durchprivatisiert werden sollen. Der Staat soll sich aus der Finanzierung der Hochschulen zurückziehen, was bedeutet, dass diese für die Finanzierung von z.B. Projekten auf das Geld von (Groß-)Konzernen angewiesen sein werden. Was als „Anreize für die unternehmerische Betätigung“ verschleiert wird, bedeutet die Abhängigkeit der Lehre vom Willen der Unternehmen.
Außerdem sollen die Hochschulen von staatlichen Einrichtungen zu reinen Personal-Körperschaften des öffentlichen Rechts werden. Damit soll an allen Hochschulen ein sogenannter Globalhaushalt eingerichtet werden. Das heißt: Die Hochschulen kriegen einen Pauschalbetrag zugewiesen, mit dem sie dann alles finanzieren müssen. Wenn ihr Geld alle ist, haben sie wohl „schlecht gewirtschaftet“. Die Konsequenz ist: Kosten einsparen (auf dem Rücken der Studierenden und Beschäftigten) und Großkonzerne um Finanzierung bitten.
Diese Entwicklung ist für Studierende unerträglich, die immer noch unter den Auswirkungen der Bologna-Reform leiden. Die Universität sollte ein Ort des Lehrens und Lernens sein, der frei von marktwirtschaftlichen Drücken existiert. Ähnlich wie mit den neuen Polizeiaufgabengesetzen, die ebenfalls zuerst in Bayern und dann in verschiedenen anderen Bundesländern durchgebracht wurden, ist zu erwarten, dass diese Novellierung ein Pilotmodell für die gesamte Bundesrepublik darstellt. Dagegen müssen wir uns organisieren, um die endgültige Privatisierung der Unis zu verhindern.
Ebenso schlimm wie die Folgen der Pandemie und des kapitalistischen Profitzwangs ist jedoch, dass die kollektiven Antworten der Studierenden ausbleiben: viele Initiativen, ASten und Gruppen kochen ihr eigenes Süppchen, während der Großteil der Studis alleine und atomisiert bleibt und die wenigsten den Schritt unternehmen, sich zusammenzuschließen um für ihre Belange zu kämpfen.
Aus diesem Grund schlugen Mitglieder von KgK-Campus, die auf der Liste organize:strike vertreten sind, zudem vor, dass das Studierendenparlament zu einer Online-Vollversammlung aufrufen sollte, um über kollektive Antworten auf die Krise zu diskutieren. Der Antrag wurde aus technischen Gründen, ohne politische Kritik, von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt.
Neben der Liste organize:strike brachte auch Die Linke.SDS einen politischen Antrag ein: Der AStA soll die Kampagne „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ unterstützen und es sollen unter Studierenden Unterschriften gesammelt werden, um den Kampf für das Recht auf Wohnen voranzutreiben. Dieser Antrag wurde erfreulicherweise mit fast allen Stimmen angenommen, mit Ausnahme von zwei Enthaltungen seitens der Grünen Hochschulgruppe und einer Gegenstimme.
Wenn die Solidarisierung mit den neoliberalen Angriffen seitens des StuPas jedoch nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben soll, müssen auf Worte Taten folgen. Wohnungsnot, Privatisierungen, Arbeitslosigkeit und Krise müssen bekämpft werden – und dafür müssen wir uns organisieren. Im Geiste der Studierendenbewegungen der 68er und dem Kampf gegen die Bologna-Reform sind Vollversammlungen hierbei ein zentrales Werkzeug, um basisdemokratisch über den Verlauf der Kämpfe zu entscheiden. Auch die momentan unmittelbar angegriffenen Studierenden und Beschäftigten der bayerischen Universitäten werden auf Komitees und Versammlungen zurückgreifen müssen, wenn sie sich gegen die neoliberalen Einschnitte wehren wollen.
Wir hoffen, dass in der nächsten außerordentlichen Sitzung am 1. Dezember ein erneuter Antrag auf eine Vollversammlung seitens der AStA-nahen Listen nicht abgelehnt, sondern tatkräftig unterstützt wird.