Streikwelle in der Lebensmittelindustrie
In den vergangenen Monaten kam es in der Lebensmittelindustrie zu einer Streikwelle mit Zentren in Ostdeutschland. Die Streiks betreffen die bekanntesten deutschen Firmen und auch multinationale Konzerne.
Streikwelle bei Coca-Cola, eigentlich eine perfekte Geschichte über den Kapitalismus. Die Marke, die wie kaum eine andere Symbol für Kapitalismus und Globalisierung ist und Arbeiter:innen ausbeutet, während sie gigantische Profite erwirtschaftet, erfuhr zuletzt ordentlich Gegenwind in Form von Streiks. Die Profite von Coca-Cola stiegen 2022 um sieben Prozent, im Jahr davor sogar um 19 Prozent. Die Streiks bei Coca-Cola und in der Lebensmittelindustrie allgemein stehen im Zeichen des aufstrebenden Klassenkampfes, verursacht unter anderem durch die Inflationskrise. Sie fordern mehr Lohn und werden im Rahmen traditioneller Tarifauseinandersetzungen geführt, deren Intensität und Breite aber zunimmt. Mit über 600.000 Beschäftigten ist die Ernährungsindustrie der Sektor mit den viertmeisten Arbeiter:innen in Deutschland. Die Streiks finden jedoch fernab der öffentlichen Wahrnehmung statt. Auch in der Linken bleiben sie, mit Ausnahme des Streiks bei Teigwaren Riesa im vergangenen Herbst, nahezu unbeachtet.
Beim Cola-Konzern wurde unter anderem an den Standorten Karlsruhe, Memmingen, Fürstenfeldbruck, Nürnberg, Knetzgau, Deizisau, Urbach, Achim, Hildesheim, Mölln, Lüneburg, Neumünster, Bielefeld, Herten, Dorsten, Köln, Mönchengladbach, Hamm, Halle (Saale) und Weimar gestreikt. Ganz schön beeindruckend. Doch die Streikwelle in der Lebensmittelindustrie betraf noch viele weitere Firmen und ganze Branchen.
So lief bis vor kurzem die Tarifrunde in der Süßwarenindustrie. Mitte Juni wurden allein in Aachen fünf Süßwarenbetriebe bestreikt, darunter die bekannte Schokoladenfirma Lindt. Zeitgleich streikten Beschäftigte in Betrieben von Nürnberg bis Lüneburg bis zu 26 Stunden lang. Das “Lorenz-Bahlsen” Werk in Hankensbüttel stand zum ersten Mal seit 1996 still. Anfang des Monats begann diese Tarifrunde mit einem für die gegebenen Verhältnisse gewaltigen Warnstreikauftakt. Bei 25 Standorten in ganz Deutschland standen die Fließbänder still, darunter sind beispielsweise die Nestlé Werke in Hamburg oder die Bahlsen Werke in Berlin und Niedersachsen. Mittlerweile gab es in der Süßwarenindustrie mehr als 60 Streiks.
Auf die kämpferische Antwort der Arbeiter:innen gegen die Inflation, die ihre Löhne auffrisst, folgte das Verbot einiger Streiks in der Süßwarenindustrie Thüringens, welchen die Unternehmen gerichtlich durchsetzen. Ein Skandal, der öffentlich angeklagt werden muss und gegen den die Arbeiter:innen auch in Form einer Demonstration protestiert haben.
Ein wichtiges Element in dieser Streikwelle ist auch die Forderung nach einer Angleichung der Löhne zwischen Ost- und Westdeutschland. Viele Firmen, die bestreikt wurden, produzieren bundesweit, doch die Beschäftigten im Osten bekommen für die gleiche Arbeit viel weniger Lohn als ihre Kolleg:innen im Westen. Im Verhältnis gesehen wurde im vergangenen Jahr in Ostdeutschland auch mehr gestreikt als im Westen.
Neben der Streikwelle bei Coca-Cola und in der Süßwarenindustrie wurde auch in vielen weiteren Betrieben gestreikt: Beim Convenience-Food Hersteller Hilcona in Baden-Württemberg, bei Lieferando in Dresden, Frankfurt, Köln und Dortmund, beim Konserven Hersteller Carl Kühne in Berlin, in Brandenburg beim Hersteller von Mio Mio Mate, bei Vita Cola in Thüringen, in Sachsen beim Saucen-Hersteller Knorr (Unilever-Konzern), bei etlichen deutschen Bierbrauereien, in der norddeutschen Milchindustrie und beim Frischkäse-Hersteller Philadelphia. Diese Liste ließe sich noch weiter fortführen. Klar wird, es ist Druck da in den Betrieben. Doch die Kämpfe finden alle getrennt voneinander statt, die Abschlüsse unterscheiden sich stark voneinander und bleiben teils deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück.