Streikverbot an der Charité? (Tag 2 des Streiks) (mit Fotos und Video]

19.09.2017, Lesezeit 4 Min.
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Heute war der zweite Streiktag der Pflegekräfte am Berliner Universitätsklinikum Charité. Die Geschäftsführung tut alles, um Kolleg*innen vom Streiken abzuhalten.

„Streikverbot an der Charité“ steht auf dem Transparent. Getragen wird es von Pfleger*innen, die ihre Munde mit Klebeband zugeklebt haben. Denn ihr Streikrecht wird tatsächlich eingeschränkt.

Die Charité weigert sich bis heute, eine Notdienstvereinbarung mit der Gewerkschaft ver.di abzuschließen. Seit letzter Woche liegen Listen vor, welche Kolleg*innen streiken wollen. Doch die Klinikumsleitung belegt weiterhin Betten, als wäre Normalbetrieb.

„Wenn wir könnten, würden wir alle streiken“ – das sagen viele Beschäftigte, die am Dienstag auf Arbeit sind. Aber an vielen Stationen ist auch im normalen Alltag nur eine Notbesetzung vorhanden. Deswegen ist an einen Ausstand nicht zu denken.

„Ärzt*innen, die sich solidarisch zeigen und Betten sperren wollen, wird mit Budgetkürzungen gedroht“, berichtet ein Pfleger, der anonym bleiben möchte. Wenn sie während des Streiks leere Betten haben, dann könnten diese Betten dauerhaft geschlossen werden.

Leasingfirmen stellen normalerweise Personal, das den Krankenhausbetrieb mit am Laufen hält. Aber diese Personalentsendung ist laut einer Pressemitteilung von ver.di seit Montag abgesagt worden. Scheinbar versucht das Charité-Management, die ohnehin katastrophale Personalsituation zu verschlimmern, damit wirklich niemand herauszugehen wagt.

Einzelne Stationen konnten am Dienstag geschlossen werden, aber der Druck auf die Streikenden ist unglaublich hoch. Sie bekamen in ihrem Kampf viel Unterstützung von außen. Zum Beispiel waren einige Dutzend Medizin-Studierenden von den „kritischen Mediziner*Innen“ am Dienstag mit schwarzen Transparenten dabei.

Um 15 Uhr zogen mehrere Dutzend Pflege-Azubis lautstark zum Streiklokal am Virchow-Klinikum. Von dort aus liefen alle in einer zweistündigen Demonstration hin zum Charité-Campus in Mitte und dann weiter zum Bundesgesundheitsministerium, wo 17 Uhr eine Kundgebung mit rund 500 Teilnehmer*innen stattfand.

Es kamen Kolleg*innen vom Krankenhaus-Konzern Vivantes, vom Botanischen Garten Berlin, von den studentischen Beschäftigten der Universitäten und auch von weiteren Krankenhäusern. Denn Personalnot ist kein besonders Problem an der Charité – sie ist vorprogrammiert in einem Gesundheitssystem, das auf Profitmaximierung ausgerichtet ist.

Mehrere Kolleg*innen von Vivantes äußerten den Wunsch, dass beide Krankenhäuser gemeinsam streiken würden. Doch leider blockiert die bürokratische Führung von ver.di solche Initiativen. Auch das Servicepersonal der Charité, das für die ausgegliederten Tochterfirma CFM arbeitet, war nicht zum Streik aufgerufen. Die CFM-Kolleg*innen kämpfen gerade gegen Niedriglöhne und für einen Tarifvertrag – doch die ver.di-Führung scheint ihren Arbeitskampf gerade sabotieren zu wollen.

Deswegen war es absolut richtig, dass Michael Koschitzki in einer Rede für das Bünndnis Berliner*innen für mehr Personal im Krankenhaus sagte: „Ein Krankenhaus, eine Belegschaft!“ Er forderte „Tarifverträge jetzt sofort“ für alle Krankenhausbeschäftigte und die vollständige Wiedereingliederung der Tochterfirmen.

Die Leitung der Charité kämpft mit harten Bandagen und setzt in der Tat ein Streikverbot durch. Wie kann demgegenüber die Forderung nach mehr Personal durchgesetzt werden? Nur durch eine Ausweitung des Streiks, zusammen mit den outgesourcten Kolleg*innen, zusammen mit anderen Krankenhäusern, zusammen mit anderen Lohnabhängigen.

Die ver.di-Führung scheint vor einem solch breiten Kampf zurückzuschrecken – sie sorgen sich eher um das Wohl ihrer sozialdemokratischen Parteifreund*innen in den Landes- und Bundesregierungen. Das heißt: Für einen erfolgreichen Streik müssen wir Arbeiter*innen an der Basis uns selbst organisieren und den Kampf vorantreiben.

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