Streiks um Anerkennung
// KITA-STREIKS: Die Arbeitskämpfe in den Sozial- und Erziehungsdiensten der Kommunen haben begonnen. Wie können sie erfolgreich sein? //
E>ndlich! Nach monatelangen, teilweise wenig öffentlichen Vorbereitungen haben die Gewerkschaften ver.di und GEW mit den Tarifkämpfen an den Kitas und in der sozialen Arbeit begonnen. Für knapp 240.000 Beschäftige der Kommunen wird die Entgeltordnung neu verhandelt. Diese wird ebenfalls die Funktion eines Pilotabschlusses für die circa 500.000 KollegInnen bei den freien und kirchlichen TrägerInnen erfüllen.
Auf die erste Verhandlungsrunde am 25. Februar in Hannover folgte am 23. März in Münster eine nicht weniger erfolglose zweite. In den Tagen davor gab es dann in verschiedenen Bundesländern auch die ersten Warnstreiks, zu denen GEW und ver.di aufriefen. Daran beteiligten sich insgesamt rund 80.000 Beschäftigte.
Zur gleichen Zeit finden die arg ritualisierten Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst der Länder statt, inklusive größerer Warnstreiks allerorts. Doch scheint es nicht einmal große Bemühungen gegeben zu haben, die Kämpfe der KollegInnen wenigstens in Worten zu vereinigen.
Verbindung von Arbeitskämpfen
Trotz verschiedener Tarifverträge sind es oft direkte KollegInnen. Denn ErzieherInnen arbeiten beispielsweise vielerorts Seite an Seite mit LehrerInnen an Schulen. Gerade angesichts dessen wäre es nur naheliegend, nicht nur verbal Solidaritätsbotschaften zu senden, sondern eine praktische Verbindung zwischen den Auseinandersetzungen zu ziehen – und gemeinsam zu streiken! Solche Kämpfe können ein ausgezeichneter Ort sein, um der geradezu wahnwitzigen tariflichen Spaltung der Lohnabhängigen in Deutschland etwas entgegen zu setzen.
Das könnte verdeutlichen, dass es sich trotz aller Unterschiede im Tarifvertrag letztlich um denselben Kampf handelt. Die tarifliche Zersplitterung ist nur ein Mittel zur Spaltung der Beschäftigten, da ein gemeinsamer Kampf fernab von juristischen Schranken viel wertvoller und stärker ist.
Nun werden sich die BürokratInnen von ver.di und GEW, gefangen in ihrem eigenen tariflichen Legalismus, das aber kaum zur Aufgabe machen. Hier ist das Engagement von linken und feministischen Gruppen gefragt, die eine Perspektive des Kampfes aufwerfen, welche über den bürokratischen Rahmen der Gewerkschaft hinaus geht.
Ein feministischer Kampf
So war auf der bundesweiten Demonstration zum weltweiten Frauenkampftag am 8. März das Thema von Arbeitskämpfen in der sogenannten Care-Arbeit präsent. Auch und eben die Auseinandersetzungen im Sozial- und Erziehungsdienst wurden durchaus als bedeutender Teil des Versuchs wahrgenommen, in ökonomische Kämpfe wie in der Erziehung feministisch zu intervenieren. Schließlich sind 97 Prozent der Beschäftigten im ErzieherInnenberuf weiblich.
Bei ver.di spielt das bereits eine gewisse Rolle, wenn sie zum Beispiel am Equal Pay Day, dem 20. März, die traditionsreiche Forderung nach gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit mit der Forderung nach höherer Bezahlung für die ebenfalls traditionell prekären „Frauenberufe“ verbinden. Weil Erziehungsarbeit von Frauen auch unentgeltlich zu Hause gemacht wird, gilt sie als weniger wert. Ein Förster zum Beispiel hat ein ähnliches Ausbildungsniveau wie ein Erzieher, aber „Männerarbeit“ wie diese wird besser bezahlt.
ErzieherInnen verdienen zu Beginn ihrer Arbeit nur 2.200 Euro brutto. Sollten die Forderungen der Gewerkschaft erfüllt werden, so würde dies ein Plus von rund 10 Prozent bedeuten. Aufgrund des derzeitigen Einkommens ist das mehr als gerechtfertigt.
Die dritte Verhandlungsrunde um die Entgeltordnung steht am 9. April an. Wäre es ein klassischer Tarifkampf im Öffentlichen Dienst, hätten wir damit bereits das Höchste der Gefühle erreicht. Doch statt eines faulen Kompromisses können wir möglicherweise eine Blockadehaltung der kommunalen „ArbeitgeberInnen“ erwarten. Wie herausfordernd ein Streik sein kann, haben wir auch 2009 erlebt, wo ganze elf Wochen lang gestreikt wurde.
Breite Solidarität
Wir können gar nicht oft genug betonen, von welch enormer Bedeutung es sowohl für den Streik als auch für die Schaffung eines klassenkämpferischen Feminismus ist, eine dynamische Solidaritätsbewegung zu schaffen. Dies beinhaltet z.B. eine notwendige Unterstützung der Elternschaft.
Noch viel wichtiger ist eine Zusammenführung der Kämpfe im gesamten Bildungssektor, an der auch SchülerInnen und Studierende mitzuwirken haben. So haben sie die Möglichkeit an den Streiktagen selbst nicht zur Schule oder Universität zu gehen und so die Beschäftigten am Streiktag zu unterstützen.
SchülerInnen und LehrerInnen machten in Berlin bereits den Anfang mit der Gründung eines gemeinsamen Komitees, das Delegationen von SchülerInnen zu den Warnstreiks der Länderbeschäftigten organisierte. Diese Initiative ist nur unabhängig von der Bürokratie möglich gewesen. Lasst uns für die kommenden Warnstreiks gemeinsam die nächsten Schritte gehen!