Streiks in Berliner Krankenhäusern erhalten Solidarität aus Chile – und umgekehrt
Wir haben Nessi interviewt, die sich momentan als Pflege-Azubi am Berliner Vivantes Krankenhaus im Streik befindet. Sie schickt solidarische Grüße an das ebenfalls streikende Gesundheitspersonal in Chile.
„Ich bin Nessi, Auszubildende zur Pflegekraft im ersten Lehrjahr. Wir kämpfen für bessere Bedingungen in der Ausbildung, denn wir haben kaum Gelegenheit, den Beruf wirklich zu lernen. Das Problem ist, dass es auf den Stationen im Krankenhaus sehr wenig Personal gibt und die Kolleg:innen sich nicht die Zeit nehmen können, uns die Arbeit beizubringen. Wir lieben unseren Beruf, aber es schmerzt uns, dass wir den Patient:innen nicht die Versorgung geben können, die wir uns wünschen. Auch deshalb verlassen viele Menschen diesen Beruf. Wir sehen Arbeiter:innen, die mit 50 oder 60 Jahren körperlich und psychisch gebrochen sind.
Aber im Klinikum Vivantes in Berlin gibt es nicht nur Probleme in der Pflege. Die Beschäftigten sind auch gespalten verschiedene Bereiche: Reinigung, Wäscherei, Küche und Schule sind outgesourct mit niedrigen Gehältern. Diese Aufteilung macht es schwer, zusammen zu kämpfen. Unsere zentralen Forderungen im Streik sind mehr Personal und gleiches Gehalt für alle Krankenhausbeschäftigen, ganz egal, ob sie in ein Subunternehmen ausgelagert sind.
In unserer Schule fordern wir mehr Personal und mehr Pflegekräfte, die uns in den verschiedenen Arbeitsbereichen wie Pädiatrie, Gynäkologie und anderen unterrichten. Damit die Ausbilder:innen sich auch dem Unterricht widmen können, denn sie stehen derzeit unter großem Druck.
In unserem Streik sehen wir uns mit einer Chefin konfrontiert, die Erfahrungen mit gewerkschaftsfeindlicher Politik hat. In einer anderen Klinik hat sie es geschafft, Löhne, Urlaub und Personal zu kürzen. Aber zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten kämpfen wir gemeinsam mit allen Beschäftigten des Krankenhauses – mit Ausnahme der Ärzt:innen, von denen manche für jede Operation ein Honorar erhalten. Sie verlieren also Geld, wenn wir streiken.
Als ich gehört habe, dass es auch im Regionalkrankenhaus in Antofagasta in Chile einen Streik gibt, hat mir das viel Zuversicht und Hoffnung gegeben. Ich hoffe, dass wir eines Tages in Deutschland die Kämpfe gegen schlechte Bedingungen und für basisdemokratische Gewerkschaften koordinieren können, denn die Bürokratie der Gewerkschaften ist sehr stark. Ich wünsche den Streikenden in Chile viel Erfolg bei ihrem Kampf, er ist sehr wichtig, weil wir ihn international sehen und wir zeigen können, dass es möglich ist, Dinge zu ändern.“
Das Interview führte Gabriela Munoz beim Sommercamp von Klasse Gegen Klasse. Sie ist Mitglied der Partido de Trabajadores Revolucionarios (PTR), unserer chilenischen Schwesterorganisation, in Antofagasta. Dort führt die Gewerkschaft Siglo XXI einen Kampf gegen die schlechten Arbeitsbedingungen am Krankenhaus. Pflegekräfte und Lehrer:innen haben sich im folgenden Video mit den Streiks der Berliner Krankenhausbewegung sowie den Streiks der Eisenbahner:innen der GDL und beim Lieferservice Gorillas solidarisiert.