Streiks für mehr Personal beginnen

18.09.2017, Lesezeit 3 Min.
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Am Montag traten Pflegekräfte am Berliner Universitätsklinikum Charité in einen mehrtägigen Streik. Am Dienstag Nachmittag planen sie eine Demonstration zum Gesundheitsministerium.

Alle paar Minuten fährt ein Auto durch die Streikkundgebung. „So ist das mit Streiks an Krankenhäusern“, sagt der Pfleger Stephan Gummert, der gerade seine Rede unterbrechen musste. „Der Betrieb muss weiterlaufen.“

Am Montag um 14 Uhr versammelten sich rund 60 Pfleger*innen und Unterstützer*innen am Charitéplatz in Berlin-Mitte. Mit der Frühschicht begann ein mehrtägiger Streik an allen Standorten des Krankenhauses. Die Pflegekräfte fordern die Einstellung von mehr Personal und Mindestbesetzungen auf den Stationen. „Mehr von uns ist besser für alle“ ist ihre Losung.

Die Geschäftsführung der Charité hat sich geweigert, eine Notdienstvereinbarung mit der Gewerkschaft abzuschließen. Das normale Programm am Krankenhaus sollte trotz des Streiks weiterlaufen – deshalb konnten sich viele streikwillige Kolleg*innen nicht beteiligen. Laut Gummert wird das Streikrecht der Krankenhausbeschäftigten damit beschnitten.

Am Dienstag geht der Streik weiter – hier ist mit der Komplettschließung von Stationen und deswegen mit höherer Beteiligung zu rechnen. Für den Notdienst müssen dann die Streikenden in eigener Verantwortung aufkommen. „Wenn jemand gebraucht wird, stehen wir selbstverständlich zur Verfügung“, sagt Gummert.

Es ist eine perverse Situation. Im Alltag fehlt Personal an den Stationen und die Mindestbesetzungen, die letztes Jahr im Tarifvertrag für Gesundheitsschutz vereinbart wurden, werden einfach nicht eingehalten – aber während des Streiks pocht die Klinikleitung dann doch auf Mindestbesetzung. „Der Normalzustand gefährdet Patient*innen“ heißt es deswegen auf einem selbstgemalten Streikplakat.

Unterstützung gibt es von Medizin-Studierenden. In ihren Semesterferien sind eine Handvoll Aktivist*innen von den „kritischen Mediziner*innen“ mit einem großen schwarzen Transparent gekommen. „Zusammen für mehr Personal und gegen Lohndumping“ steht darauf. Auch einige wenige Ärzt*innen sind dabei. „Wenn man durch die Stationen geht, dann äußern sich die Ärzt*innen eher wohlgesonnen“, sagt Johanna Henatsch, Ärztin bei Vivantes, „besonders die Assistenzärzte“. Doch leider zeigen sie in ihrer großen Mehrheit keinerlei Solidarität.

Am Dienstag beginnt eine Demonstration um 15 Uhr am Virchow-Klinikum in Wedding. Diese führt zum Gesundheitsministerium in der Friedrichstraße 108, wo um 17 Uhr eine Kundgebung beginnt. Pfleger*innen aus Berlin und Brandenburg werden zusammen da sein, denn Personalnot gibt es an so gut wie allen Krankenhäusern in Deutschland.

Obwohl wir uns in den letzten Tagen des Wahlkampfes befinden, tauchten keine Politiker*innen bei der Aktion auf. Denn für die neoliberale Misere in Berlins Krankenhäusern sind alle Parteien gleichermaßen verantwortlich: CDU und SPD im Bund, aber auch SPD, Grüne und Linkspartei in Berlin.

Nur ein harter Kampf wird Verbesserungen bringen. Viele Kolleg*innen von der Tochterfirma CFM äußerten ihre Unterstützung. Aber leider wird ihr Streik durch die ver.di-Führung gebremst, obwohl ein großer Streik von allen Charité-Beschäftigten dringend nötig wäre.

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