Streiks bei Amazon bis zum Ende des Jahres

28.12.2017, Lesezeit 3 Min.
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In Bad Hersfeld sind tausende Beschäftigte bis zum einschließlich 30. Dezember zum Streik aufgerufen. Die beiden örtlichen Logistikzentren sind nach Weihnachten in erster Linie mit dem Umtausch von Waren betraut. Die Arbeitsniederlegung soll diesen Umtausch stören, um den Druck auf den Online-Riesen zu erhöhen endlich Tarifverhandlungen aufzunehmen.

Weihnachtsgeschenke umtauschen gehört auch online mittlerweile zu den einfachsten Dingen im Leben. Wem das Geschenk nicht gefällt, sendet es einfach zurück und bekommt etwas Neues dafür. Was für den Kunden oft nur ein paar Klicks bedeutet, wird ermöglicht durch tausende Hände von Menschen, die vor und nach Weihnachten bei Amazon unter besonderem Stress arbeiten. Wer mit seinen Arbeitsbedingungen unzufrieden ist, kann sie jedoch nicht einfach umtauschen. Schon vor Weihnachten wurden bundesweit Logistikzentren von Amazon bestreikt. Auch in Piacenza in Italien, eines der größten Amazon-Logistikzentren in Europa, kam es erstmalig zu Arbeitsniederlegungen beim Online-Riesen.

Bundesweit wurden 13.000 zusätzliche Saisonkräfte als Streikbrecher*innen zum Weihnachtsgeschäft angestellt, um das erhöhte Bestellaufkommen und die Auswirkungen der Streiks so gering wie möglich zu halten; 400 davon für den Standort in Bad Hersfeld, an dem es 4.000 Festangestellte gibt. Damit hat der Konzern wie in jedem Jahr erneut Rekordgewinne im Weihnachtsgeschäft verzeichnen können. Um die regelmäßigen Streiks in Deutschland abzufedern, hat Amazon mittlerweile in mehreren europäischen Länder Logistikzentren eröffnet. Doch die Kolleg*innen wehren sich überall seit Jahren gegen miese Arbeitsbedingungen, die immer wieder zu gesundheitlichen Schäden und sogar zu einem tödlichen Unfall im letzten Jahr in Werne geführt haben. Amazon weigert sich seit Jahren Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften aufzunehmen und die Kolleg*innen nach dem branchenüblichen Tarifvertrag zu bezahlen.

Und die Geschäftsführung von Amazon hat noch lange nicht genug. Im letzten Jahr eröffnete erstmals ein Versandzentrum mitten in Berlin, um Bestellungen noch schneller verschicken zu können. Im Sommer dieses Jahres nahm sogar das so genannte „AmazonFresh Team“ die Arbeit in Berlin, Potsdam und Hamburg auf. Damit will der Konzern auch im Lebensmittelhandel einen Fuß in die Tür kriegen. Auch „Offline“-Filialen von Amazon sollen schon bald in Deutschland eröffnen, in denen Bücher, Elektronikartikel und vieles mehr angeboten werden.

Das Modell Amazon hat sich längst in Deutschland ausgebreitet. Prekäre Beschäftigte, tariflose Zustände und befristete Beschäftigung sind Alltag für Beschäftigte in Deutschland. Die Ausweitung auf den Lebensmittelhandel sowie die Eröffnung von Filialen bieten dem Konzern weitere Möglichkeiten, die ohnehin schon vorhandenen Gewinne weiter zu vermehren und damit die Grenzen des Online-Handels zu sprengen. In dem Sinne müssen sich auch die Arbeiter*innen auf weitere Kämpfe einstellen. Die Ausdauer der Beschäftigten von Amazon, die seit vier Jahren gegen den Konzern kämpfen und dabei schon Erfolge bei der Lohnhöhe und dem Weihnachtsgeld erreichen konnten, ist dabei vorbildhaft für die gesamte Arbeiter*innenklasse in Deutschland und der Welt.

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