Streiks am 8. März in Buenos Aires und Barcelona

20.03.2014, Lesezeit 5 Min.
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// Weltweit demonstrierten am Internationalen Frauentag Hunderttausende für ihre Rechte. In Buenos Aires und Barcelona waren streikende Arbeiterinnen dabei. //

„Die schönen Frauen sind die, die kämpfen.“ Der Spruch klingt komisch. Dennoch war es ein schöner Anblick, als die Arbeiterinnen des deutschen Autozulieferers Kromberg und Schubert eine Demonstration am 8. März in Buenos Aires anführten. Über 6.000 Teilnehmerinnen waren zum Internationalen Frauenkampftag in der argentinischen Hauptstadt zusammengekommen, viele trugen lila. Die Arbeiterinnen von Kromberg auch – bei ihnen aber war es die Farbe der Uniform, die sie bis Anfang des Jahres tragen mussten. Der deutsche Konzern entließ im Januar 54 Beschäftigte, die seitdem um ihre Wiedereinstellung kämpfen. Rund 80 Prozent der Beschäftigten dort sind Frauen.

„Es ist nicht einfach für uns Frauen, in den Kampf zu ziehen, weil wir Familien haben“, sagte die Arbeiterin Daiana Álvarez. Sie zeigte sich optimistisch: „Diese Firma werden wir besiegen!“ Beim Protestmarsch waren neben den Frauen von Kromberg auch Lehrerinnen dabei, die höhere Löhne fordern. Auf der Kundgebung in Buenos Aires sollte insbesondere auf die doppelte Unterdrückung der arbeitenden Frauen hingewiesen werden – die Demonstration sollte dazu ermuntern, dass sie selbst für ihre Forderungen kämpfen können. Der Tag endete mit einem großen Solidaritätsfest für die Kromberg-Arbeiterinnen, um die Streikkasse wieder aufzufüllen. Unterstützung bekommen die Arbeiterinnen von der sozialistischen Frauengruppe „Pan y Rosas“.

Denn gleich am Montag standen sie wieder an allen Toren des Industrieparks Pilar, wo sich die Fabrik von Kromberg befindet. Ab vier Uhr morgens blockierten brennende Reifen die Eingänge zu dem Komplex, auf dem 200 Unternehmen angesiedelt sind. „Die anderen Arbeiter unterstützen die Kampfmaßnahme“, so ein Bericht der Streikenden im Internet. „Manche sagen, wir würden die anderen Arbeiter schaden. Doch das ist eine Lüge, denn sie wissen, dass diese Blockaden die einzige Form sind, damit die Besitzer auf uns hören.“ Nach sechs Stunden Blockade rückten 500 Polizisten an und verhafteten drei ArbeiterInnen, die jedoch nach Protesten wieder freigelassen wurden.

Am 12. März gingen zwei Arbeiterinnen zum Werkstor, nachdem ein Gericht ihre Wiedereinstellung angeordnet hatte – in Begleitung eines Anwalts und von Aktivistinnen der „Mütter vom Plaza de Mayo“. Sie wurden dennoch nicht eingelassen. Derweil wächst auch innerhalb der Fabrik die Unzufriedenheit: Einige Beschäftigte forderten eine Belegschaftsversammlung wegen der Entlassungen – und bekamen dafür eine Abmahnung.

Auch auf der anderen Seite des Atlantiks gingen am 8. März ebenfalls Zehntausende auf die Straße. In Spanien stand angesichts des Vorhabens der konservativen Regierung, Schwangerschaftsabbrüche faktisch zu verbieten, das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper im Mittelpunkt machtvoller Manifestationen in der Hauptstadt Madrid und in Barcelona. Die Wut der Demonstrantinnen richtete sich aber auch gegen eine während der Finanzkrise verabschiedete Arbeitsmarktreform aus dem Jahr 2012, die Müttern den Wiedereinstieg in den Beruf zusätzlich erschwert.

Unter den bis zu 10.000 Frauen und Männern, die am Samstag in Barcelona protestierten, waren auch Arbeiterinnen der Donutfabrik Panrico. „Die Arbeiterinnen von Panrico haben keinen Grund zu feiern, aber viele Gründe zu kämpfen!“, stand auf einem violetten Transparent. In der Großbäckerei streikt die Belegschaft seit fünf Monaten gegen die Pläne des Unternehmens, die Hälfte der 4.000 Beschäftigten zu entlassen – drei Viertel von ihnen sind Frauen. Am 8. März verkauften Panrico-Arbeiterinnen auf der Frauentagsdemo Sandwiches, um ihre Streikkasse aufzufüllen, organisierten eine Diskussionsveranstaltung mit feministischen Aktivistinnen und zeigten Fotos über ihren Kampf. Die meisten Arbeiterinnen des Betriebs nahmen mit selbstgemalten Schildern und Transparenten an der Demonstration teil. Auch hier ist die sozialistische Frauengruppe „Pan y Rosas“ ein wichtiger Teil der Solidaritätsbewegung.

Dies sind nur zwei Beispiele dafür, wie Frauen am 8. März auch auf ihre betrieblichen Kämpfe aufmerksam machten. Auch auf der Demonstration zum „Frauen*kampftag 2014“ in Berlin waren Lehrerinnen, Verkäuferinnen aus dem Einzelhandel und Pflegerinnen dabei, die sich in den letzten Monaten an Warnstreiks beteiligt hatten. Das knüpft an die kämpferische Tradition des Internationalen Frauentages an, wie sie 1910 von Clara Zetkin und anderen Sozialistinnen begründet wurde. Denn Rosa Luxemburg hatte schon vor 100 Jahren darauf hingewiesen, „daß die Gleichberechtigung der Frauen den Staat noch nicht umstürzt, die Herrschaft des Kapitals nicht antastet“. Ihre Schlussfolgerung lautete: „Die proletarische Frau kann nur der Bahn des Arbeiterkampfes folgen“, um „diese Gesellschaftsordnung unter Trümmern zu begraben“. Das Zitat entstammt einem Text Luxemburgs vom 8. März 1914 – der in Form eines Flyers auf der Demo in Berlin verteilt wurde. In Zeiten, in denen immer mehr Frauen weltweit unter prekären Arbeitsverhältnissen leiden, klingen Luxemburgs Worte aktueller denn je.

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In Berlin findet am 20. März um 16 Uhr eine Kundgebung zur Solidarität mit den ArbeiterInnen von Panrico statt.

20. März, 16 Uhr, vor der Vertretung der Regierung von Katalonien in Deutschland und Österreich, Charlottenstraße 18, Berlin-Mitte [Facebook-Event]

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