Streikposten vor dem Einkaufszentrum

19.09.2013, Lesezeit 4 Min.
1

// ArbeiterInnen von H&M und Thalia in Berlin treten in den Streik //

Nachdem der KapitalistInnenverband HDE (Handelsverband Deutschland) alle Tarifverträge im ganzen Bundesgebiet einseitig gekündigt hatte, nahm ver.di die Auseinandersetzung auf. Bis heute weigert sich der HDE, Zugeständnisse zu machen, und beharrt auf weitreichende Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen. Doch das verwundert auch nicht recht – bei der Gegenwehr, die ver.di gegen eine der größten Angriffe auf die ArbeiterInnen der letzten Zeit auffährt.

Am 17. September streikten die ArbeiterInnen von H&M und Thalia vor den Schönhauser Allee Arkaden in Berlin. Dabei waren auch Streikende aus anderen Filialen. An dem kühlen Morgen fanden sich 80 KollegInnen zusammen, die mit Pfeifenlärm auf sich aufmerksam machten. Doch allen Anwesenden war klar, dass diese Art von vereinzelten Aktionen, kurzfristig angekündigt und daher ohne jede Koordinierungsmöglichkeit, den Chefs keine Angst einjagen wird. Diese erfahren zum Teil sogar früher von den Streikterminen als die Angestellten und konnten daher immer genug StreikbrecherInnen organisieren. Bisher kam es noch zu keiner Schließung einer Filiale wegen Streik, was auch an der im Einzelhandelsbereich vorherrschenden geringen Organisierungsquote der Gewerkschaften liegt.

Einige KollegInnen beschwerten sich auch zurecht, dass „an dem einen Tag IKEA, an dem anderen Tag H&M und an einem anderen Tag wieder ein anderes Unternehmen“ bestreikt werde. Diese Praxis, mit der ver.di bis dato verhindert, die angestaute Wut der Basis in kämpferische Streikaktionen umzuwandeln, ist eine Praxis der Niederlage. Und das, obwohl der Angriff auf die Arbeitsrechte und der Vorstoß mit immer weiterer Prekarisierung den letzten Tropfen aus den Beschäftigten rauszuholen versucht. Auch wenn es an einzelnen Stellen gelungene Aktionen gab, mit denen auf den Streik aufmerksam gemacht werden konnte – wie eine Spontandemonstration durch ein Einkaufszentrum, an die sich die Streikenden noch gut erinnern – stehen diese zumeist ziemlich alleine da. Statt längerfristigen bundesweiten Streiks wird nur auf Landesebene diskutiert. Und statt auf Landesebene koordinierten Aktionen wird vor einzelnen Filialen gestreikt.

Wir von RIO, der Revolutionären Internationalistischen Organisation, haben diesen und vorhergehenden Streikaktionen immer unsere Solidarität überbracht. Wir wollen den Streik in der Öffentlichkeit und unter Studierenden bekannter machen, denn alleine konnten die Streikenden bisher wenig erreichen. Dazu muss auch die Verbindung mit anderen Kämpfen gesucht werden, wie mit dem Konflikt bei Amazon und den LehrerInnen in Berlin, die auch am 24. September wieder streiken werden. Im Anschluss an ihrer Kundgebung gingen auch ArbeiterInnen von H&M zu einer Protestkundgebung an der Charité für eine Mindestbesetzung – was einen sehr wichtigen Schritt in diese Richtung darstellt.

Die KollegInnen stimmten unserem Flugblatt zu, dass nur gemeinsame Streiks des gesamten Einzelhandels, verbunden mit massenhafter Solidarität, Druck gegen die Chefs aufbauen kann. Dies ist daher die einzige Perspektive, mit der dieser Kampf gegen die Willkür der KapitalistInnen und die Elendslöhne und -bedingungen geführt werden kann. Wir werden alles dafür tun, um in unseren Strukturen, an der Schule, in den Unis eine Kampagne der Solidarität aufzubauen und die kämpfenden KollegInnen weiter zu unterstützen. Dazu schlagen wir eine Strategie der Selbstorganisierung vor, damit die Streikenden ihren Streik auch in die Hände nehmen und mit Versammlungen über die einzelne Filiale hinaus die besten Streikaktionen planen, um den Plänen der Bosse in die Quere zu kommen.

Mehr zum Thema