Streikende Erzieher:innen: „Unser Beruf wird nicht ausreichend anerkannt“
Am 8. März fanden zum Frauenkampftag auch Streiks in sozialen Einrichtungen wie Kindertagesstätten statt. Drei Fachkräfte berichten über ihre Arbeitsbedingungen.
Am Dienstag blieben viele Krippen, Kitas, Horte und andere soziale Einrichtungen zu: 22.000 Beschäftigte beteiligten sich bundesweit an Warnstreiks im Sozial- und Erziehungsdienst. Die Gewerkschaft ver.di fordert unter anderem eine bessere Eingruppierung in den Entgelttabelle und die Gleichstellung der Sozialarbeit mit vergleichbaren Tätigkeiten. In München kamen 600 Arbeiter:innen zur Streikkundgebung, die direkt in die Aktivitäten zum internationalen Frauenkampftag überging. Dabei war natürlich auch der Krieg in der Ukraine ein zentrales Thema. Während in den kommenden Jahren voraussichtlich 230.000 Erzieher:innen fehlen werden, will die Bundesregierung lieber 100 Milliarden Euro in Aufrüstung statt Soziales stecken.
In Interviews bei der Kundgebung in München beschrieben Arbeiter:innen gegenüber Klasse Gegen Klasse die Situation in ihren Einrichtungen. Ein Kinderpfleger meinte, er streike für Gleichstellung, besseren Lohn und Entlastung im Beruf. Es gehe darum, diesen in der Gesellschaft attraktiver zu machen. Dabei kritisierte er die Berichterstattung in der Presse, insbesondere der Bild-Zeitung: „Wir werden ausgenutzt, weil wir sozial sind. Dann machen Gesellschaft und Medien Druck. Sie sagen, ihr seid systemrelevant, ihr dürft nicht streiken.“
Dabei sind Streiks offensichtlich notwendig, um die Bedingungen zu verbessern und eine angemessene Betreuung sicherzustellen. So kommentierte auch eine streikende Erzieherin: „Wir stehen mit vielen Kindern alleine da. Die Rahmenbedingungen fehlen, um Leute auszubilden. Ich muss mich zwischen zwei Gruppen teilen und die Auszubildenden auch oft allein stehen lassen, weil ich keine Zeit für sie habe. Da muss sich grundlegend etwas ändern.“ Sie meinte, dass die politischen Entscheidungsträger:innen die Einrichtungen direkt besuchen sollten: „Ich würde mir wünschen dass wir mehr Kontakt haben zu denen, die zwei bis drei Stufen über uns stehen. Die kennen die Probleme an der Front einfach nicht.“
Über den Personalmangel klagte auch eine Erzieherin aus einem Kindergarten in Fürstenfeldbruck: „Es wird schon viel und lange darüber gesprochen, dass Kindergruppen verkleinert werden, dass sie nicht mit 25, sondern vielleicht mit 20 Kindern besetzt werden. Der Schlüssel für die Einrichtungen müsste ein anderer sein, dass man nicht nur zu zweit, sondern zu dritt arbeitet, weil die Herausforderungen bei der Erziehungsarbeit deutlich gestiegen sind. Es geht nicht nur um Migration oder große Kindergruppen, sondern die Bedürfnisse der Kinder haben sich in den letzten Jahren sehr geändert. Dem können wir gar nicht mehr gerecht werden.“ Es sei unmöglich, Personal zu finden, „denn die Ausbildung dauert sehr lange, während man nicht wirklich viel verdient.
Diese Klagen über den Personalmangel zeigen, wie wichtig es ist, bei Verbesserungen schon in der Ausbildung anzusetzen. Das Ausbildungsgehalt deckt in einer Großstadt wie München noch nicht mal die Miete ab. Eine deutliche Lohnerhöhung ist daher unbedingt notwendig, um den Personalmangel abzuwenden und eine gute Erziehung für unser Kinder zu gewährleisten.
Die Gewerkschaft ver.di kündigte an, „den Arbeitskampf in Teilen des Landes dauerhaft fortzuführen, bis ein verhandlungsfähiges Angebot auf dem Tisch liegt“. Die nächsten Streiks dürften rund um die zweite Verhandlungsrunde zum 21. und 22. März stattfinden.
Es ist notwendig, dass sich die Beschäftigten organisieren und demokratisch über Streiks und Verhandlungen beraten, in der Perspektive, die volle Umsetzung der Forderungen zu erzwingen.