Streiken Berliner Lehrer*innen wieder?
// Angestellte Lehrer*innen in der Hauptstadt kämpfen weiterhin für Gleichbehandlung mit ihren verbeamteten Kolleg*innen – weitere Streiks bis Ende des Jahres möglich. //
„Gleiches Geld für gleiche Arbeit!“ – unter dieser Losung streikten 2013 Tausende angestellte Lehrer*innen in Berlin. Sie verdienen deutlich weniger als ihre verbeamteten Kolleg*innen, obwohl sie genau den gleichen Job machen. In der Regel geht es um mehrere hundert Euro im Monat. 17 Tage lang traten die Pädagog*innen damals in den Ausstand – doch die Forderung bleibt unerfüllt. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin ist jedoch weiter am Thema dran. Am kommenden Donnerstag organisiert sie eine tarifpolitische Konferenz, um das weitere Vorgehen zu beraten.
Seit 2004 werden Berlins Pädagog*innen nicht mehr verbeamtet. Eine Sparmaßnahme des damaligen „rot-roten“ Senats aus Linkspartei und SPD. Jedes Jahr arbeiten seitdem mehr Lehrkräfte in einem Angestelltenverhältnis. Im vergangenen Schuljahr waren bereits 38 Prozent der Lehrer*innen angestellt, 17.650 Beamt*innen standen 11.101 Kolleg*innen ohne den Sonderstatus gegenüber. Über tausend neue Angestellte kommen jährlich hinzu und werden bald die Mehrheit sein. Dadurch werden Personalkosten massiv gesenkt.
Dabei tut sich die Berliner Senatsverwaltung für Bildung schwer, ausreichend Personal für die ausgeschriebenen Stellen zu finden. Längst wurde der Lehrberuf auch für Quereinsteiger*innen geöffnet, Bewerber*innen müssen nicht mehr zwingend ein Lehramtsstudium vorweisen. Viele Stellen an Grundschulen sind dennoch unbesetzt.
Entgeltordnung
Die angestellten Lehrer*innen fallen unter den Tarifvertrag der Länder. Die darin festgelegten Vergütungen wurden nach bundesweiten Warnstreiks der Gewerkschaften ver.di und der GEW, zusammen mit der sogenannten „Gewerkschaft der Polizei“ (GdP) und dem Beamtenbund (dbb), um 2,1 Prozent erhöht. Nicht festgelegt ist jedoch, welche Lehrkraft in welcher Entgeltgruppe anzusiedeln ist. Gut für die Bundesländer: Sie können die Löhne der Pädagog*innen über deren Eingruppierung diktieren.
Hier will die GEW ansetzen. Ein besonderer Tarifvertrag soll für die Angestellten mehr Sicherheit bringen. Der Kampf darum gestaltete sich in der Vergangenheit schwierig. Einen Streik der Lehrer*innen wollte der Berliner Senat im April 2013 verbieten lassen. Erfolglos, das Arbeitsgericht erklärte den Ausstand für rechtens.
Eine üble Rolle spielte auch der dbb. Der Beamtenbund schloss im März einen Tarifvertrag zur Eingruppierung der angestellten Lehrer*innen ab – obwohl sein Einfluss bei den angestellten Lehrer*innen „verschwindend gering“ ist, wie ein Insider erklärte. Der GEW war der Vertrag zu schlecht, sie lehnte ihn ab. Dennoch behauptet der Berliner Senat, das Machwerk gelte nun für alle angestellten Lehrkräfte. Es ist ein bemerkenswerter Versuch der Bildungssenatorin Sandra Scheeres von der SPD – von jener Partei, die gerade auf Bundesebene das „Tarifeinheitsgesetz“ durchgepeitscht hat, welches besagt, dass nur die Mehrheitsgewerkschaft in einem Betrieb Tarife verhandeln darf.
Konferenz
Vor diesem Hintergrund soll die Konferenz der GEW am 17. September Klarheit über das weitere Vorgehen schaffen. Nach der Versammlung wollen die Gremien der Gewerkschaft über weitere Kampfmaßnahmen entscheiden. Aus GEW-Kreisen war zu erfahren, dass Ausstände in den nächsten Monaten wahrscheinlich sind.
In den zwei Jahren seit den letzten Streiks hat sich für die Lehrer*innen nicht viel verändert – Personalknappheit und Stress sind gewachsen, aber mit der Zahl der Angestellten wächst auch ihre Streikmacht.
Bei früheren Lehrer*innenstreiks gab es stets auch Schüler*innen, die sich am Ausstand beteiligten. Einige aus der GEW wollen an die Tradition anknüpfen und sie noch forcieren. So etwa der Lehrer Micah Brashear von der jungen GEW. Für die Mitgliederzeitung der Gewerkschaft schrieb er den Artikel „Wir streiken nicht für Brot allein“. Darin argumentiert Brashear, dass die „Gründung von Solidaritätskomitees an allen Berliner Schulen“ vorangetrieben werden müsse. Auch der Kontakt zu anderen Arbeitskämpfen – etwa bei Amazon oder im Sozial- und Erziehungsdienst – solle gesucht werden.