Streik gegen Prekarisierung

15.10.2011, Lesezeit 15 Min.
1

// Der Arbeitskampf bei der Charité Facility Management (CFM) hat eine Bedeutung, die weit über den Streik hinausgeht //

Seit Anfang September streiken die ArbeiterInnen der Charité Facility Management GmbH (CFM), einer Tochtergesellschaft des Berliner Universitätsklinikums Charité, für bessere Löhne und einen Tarifvertrag. Die CFM entstand 2005 unter dem SPD-Linkspartei-Senat und hat seitdem die Verantwortung über alle nicht-medizinischen und nicht-pflegerischen Arbeiten (u.a. Reinigung, Transport, Sterilisation). Die Profiteure der Ausgründung sind vor allem die privaten Dienstleistungsunternehmen Vamed AG, Hellmann Worldwide Logistics und die Dussmann-Gruppe. Gemeinsam halten sie 49% der Anteile der CFM und stellen die Mehrheit im Aufsichtsrat.

Das Geschäftsmodell der CFM

Die Geschichte der CFM ist beispielhaft für die Zustände im Gesundheitsbereich. Schon in den 70ern und besonders in den Jahrzehnten der Bürgerlichen Restauration, drängten private Unternehmen in die Kliniken. Erst über die Auslagerung von Reinigungsdiensten, schließlich sogar mit dem Verkauf der öffentlichen Krankenhäuser an „Gesundheits“-Konzerne.

Die CFM ist ein Produkt der Politik der Privatisierung öffentlichen Eigentums und der Prekarisierung der Arbeitsbedingungen. Es gibt keinen Tarifvertrag, sodass Bezahlung, Urlaubstage u.a. individuell variieren, d.h. selbst in ein und derselben Abteilung KollegInnen nebeneinander zu unterschiedlichen Bedingungen arbeiten. Das hat zur Folge, dass die objektiven Bedingungen, unter denen der Streik bei der CFM stattfindet, sehr schwierig sind. Viele haben befristete Verträge, die Stundenlöhne liegen oft bei unter acht Euro. In einem staatlichen Krankenhaus arbeiten KollegInnen, die nach ihrem Vollzeit-Job bei der Arbeitsagentur die Aufstockung auf Hartz-IV-Niveau beantragen müssen! Dazu kommt die Schwierigkeit, dass einige KollegInnen, die bei der CFM arbeiten, noch alte Charité-Verträge haben. Diese „Gestellten“ sind von den Problemen der CFM-Angestellten nicht direkt betroffen, und haben eine viel sicherere Position als befristete KollegInnen. Dadurch wird die Belegschaft noch weiter gespalten. Gleichzeitig übt die voranschreitende Prekarisierung der CFM-Beschäftigten starken Druck auf die Arbeitsverhältnisse der „sichereren“ Gestellten.

Die Chefetage der CFM setzt bei diesen Spaltungen an, um den Streik zu brechen. Neben Druckmitteln wie Lügen und Einschüchterung wird auch mit Erpressung und leeren Versprechungen versucht, den Streik schwach zu halten. Zudem wird massiv Leiharbeit eingesetzt, um den Streik unter Beugung jeglicher Arbeitsgesetze zu sabotieren. Besonders den privaten InvestorInnen wie Dussmann geht es dabei einfach ums Prinzip. Der relativ niedrige gewerkschaftliche Organisierungsgrad der CFM-Belegschaft macht es dem Unternehmen leichter, im Sinne der Profitmaximierung jeden Cent aus den Beschäftigten herauszupressen. Diese kriminelle Politik der Geschäftsführung zeigt klar und deutlich, dass es hier nicht nur um einen „banalen“ Lohnkonflikt geht, sondern um die politische Durchsetzung eines Profitmodells, welches direkt die historischen Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung auszulöschen versucht.

Zu allem Überfluss arbeiten FunktionärInnen der Gewerkschaft IG BAU aktiv gegen den Streik. Grund dafür ist die Konkurrenz zwischen den Apparaten der IG BAU und ver.di und ein Alleinvertretungsanspruch auf die KollegInnen in der Reinigung. Dies beweist zu Genüge die verdorbene Rolle der Gewerkschaftsapparate.

Die Krise der Subjektivität

Mit der objektiven Situation verbunden ist die schwierige subjektive Lage. Das Bewusstsein, dass man sich gemeinsam gegen die Willkür der Unternehmen wehren kann, ist nicht weit verbreitet. Die Bourgeoisie und ihre Stäbe haben über die letzten Jahrzehnte, v.a. seit den 90er Jahren, mit ihrer Offensive und der Ideologie des Individualismus die Tradition der Solidarität der ArbeiterInnen fast restlos verschüttet. Und es braucht Erfahrungen von erfolgreichen Kämpfen um diese Tradition wieder aufleben zu lassen.

An der desolaten Lage des Selbstbewusstseins der ArbeiterInnen in Deutschland hat der Zustand der Gewerkschaften ebenfalls seinen gehörigen Anteil. Die vor allem in bundesrepublikanischer Zeit entfaltete Praxis der „Sozialpartnerschaft“ (die die Klassenkollaboration an die Stelle des Klassenkampfes setzt) führte zur Verfestigung bürokratischer Strukturen und zu einem Apparat, der nicht nur die eigene Rolle als alleinige Stellvertretung der ArbeiterInnen-Interessen und als „notwendiger“ Spezialist in „unüberschaubaren“ rechtlichen Verhältnissen betonte, sondern sogar auch zu einem regelrechten Co-Management führte. Gegen die Offensive der Herrschenden (erst Recht durch die SPD, wobei die Schrödersche Agenda 2010 den Höhepunkt darstellte) wurde kein Widerstand geleistet. Die Folgen: Erstens die Zerstörung der Selbsttätigkeit der ArbeiterInnen im Ringen mit dem Kapital. Zweitens die Kampfunerfahrenheit vieler ArbeiterInnen. Drittens auch das individuelle Abwenden vieler ArbeiterInnen von den Gewerkschaften, vor allem in den letzten Jahrzehnten, und die zunehmende Verbreitung der Meinung, dass den Maßnahmen der Herrschenden nichts entgegengesetzt werden könne.

Dabei gehören die Gewerkschaften in Deutschland, trotz aller Mitgliederverluste, zu den mächtigsten der Welt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist beispielsweise mit 2,1 Millionen Mitgliedern eine der größten Gewerkschaften weltweit. Dennoch sind diese Riesen nicht in der Lage, Riesenhaftes zu vollbringen.

Bei der CFM werden Folgen dieser Entwicklung sichtbar. Zum Einen hatten die Gewerkschaften die Gründung der CFM nicht zu verhindern versucht und haben so die jetzigen Verhältnisse indirekt mit zu verantworten. Zum Anderen aber gibt es auch konkrete Schwierigkeiten im Kampf. Die noch zu niedrige Beteiligung hat auch damit zu tun, dass nur ein Teil der KollegInnen dem Ruf der gewerkschaftlichen Strukturen einfach folgt und Vertrauen in die Möglichkeit eines Erfolges hat.

Organisiert wird der ganze Streik, vom Schildermalen über Materialbeschaffung bis hin zu Pressearbeit und Demonstrationen, durch die Streikleitung. Dieses Organ ist natürlich nicht durch die Wahl der Streikenden zustande gekommen. Die meisten Mitglieder der Streikleitung wurden als Mitglieder der Tarifkommission längst vor dem Streik gewählt, hinzu kommen Leute aus den Betriebsgruppen von ver.di und gkl (der zuständigen Gewerkschaft, die dem „dbb beamtenbund und tarifunion berlin“ angehört). JedeR motivierte Streikende kann aber einfach an der Streikleitung teilnehmen, was zum Teil positiv ist und einen Fortschritt gegenüber der „klassischen“ Form der Streikleitung darstellt. Aber: Dass aktive KollegInnen in die Streikleitung kooptiert werden, gibt zwar den Schein demokratischer Kontrolle, verändert jedoch nicht den bürokratischen Charakter der Streikleitung. Das Problem ist, dass der Streik nicht demokratisch von den Streikenden selbst organisiert ist. Er wird von sehr engagierten Elementen der Streikleitung getragen, die jedoch nicht offensiv versuchen, die Zurückhaltung der Streikenden zu überwinden und ihre Entscheidungsgewalt aus den Händen zu geben.

Der Einfluss der SAV beim Streik

In keinem Streik der letzten Jahre in Deutschland haben trotzkistische Organisationen ein so großes Gewicht wie im Kampf bei der CFM. Die SAV (Sektion des Komitees für eine ArbeiterInnen-Internationale – CWI) hat eine herausgehobene Rolle, denn sie ist Teil der Streikleitung und leitet das Solidaritätskomitee. Darüber hinaus sind die SAS (Schwestergruppe der französischen „LO-Fraktion“ L‘Étincelle) und RIO (sympathisierende Sektion der Trotzkistischen Fraktion – Vierte Internationale), mit sehr viel geringerer Bedeutung, beim Streik aktiv. Insgesamt könnten also die Bedingungen, den Streik auf der Basis des Übergangsprogramms und seiner Methode einmalig gut sein.

Die Organisierung von Solidarität und die Anstrengungen in Bezug auf öffentlichen Druck auf das Unternehmen sind beim CFM-Streik in ihrem Ausmaß besonders. Solidaritätsdelegationen und -erklärungen, Aktionen und Demonstrationen sind dabei auch dem Einfluss von TrotzkistInnen zuzuschreiben. Diesen Kampffeldern kommt, neben dem ökonomischen Kräftemessen, wegen den prekären Bedingungen bei der CFM eine besondere Bedeutung zu. Sie bieten sich zudem an, weil die Streikenden bei der CFM gegen Bedingungen kämpfen, unter denen viele Angehörige der ArbeiterInnenklasse insgesamt leiden müssen. In diesem Sinne hat diese Art, den Kampf zu führen, auch einen sehr politischen Charakter. Sie stärkt das Klassenbewusstsein und hilft beim Wiederaufbau der Brücken der Solidarität der ArbeiterInnen, die in der Zeit der bürgerlichen Restauration abgerissen worden sind. Auch RIO leistete dazu ihren bescheidenen Beitrag, indem sie bei der bundesweiten Bildungsstreik-Konferenz, bei linken Jugend- und Studierendengruppen wie z.B. Linke.SDS, SDAJ oder REVOLUTION zu Solidaritätsunterschriften für den Streik aufforderte und Aktionen vorschlug (Solidaritätsdelegation). Auch die Solidaritätserklärung unserer brasilianischen Schwesterorganisation LER-QI war ein Teil davon. Die Erklärung, die auch als Flugblatt verteilt wurde, beinhaltete den Bezug zum Streik der Reinigungskräfte der Universität von Sao Paolo und hob dabei Streikversammlungen und eine gewählte Streikleitung als wichtige Strukturen dieses Kampfes hervor.

Von Brasilien nach Berlin

Solidaritätsbotschaft von der SINTUSP

Denn die zentrale Aufgabe, die sich sowohl allgemein im Kampf für ArbeiterInnenkontrolle in der Gesellschaft als auch konkret für den CFM-Streik stellt, ist die Übernahme der Streikführung durch die Streikenden, indem demokratische Strukturen geschaffen werden. Deswegen setzten wir von RIO uns von Anfang an offen und vehement für die Organisierung von Streikversammlungen ein. Die GenossInnen der SAV sahen die Frage der Streikversammlung nicht als zentral an und versuchten nur auf leisen Sohlen (durch Gespräche mit StreikführerInnen) auch Schritte in Richtung Streikversammlungen zu ermöglichen. Sie warfen dagegen RIO vor, Streikversammlungen zu fetischisieren, ArbeiterInnendemokratie und Streikversammlungen zum „Selbstzweck“ zu machen. Wir sehen den Kampf für Streikversammlungen und eine gewählte Streikleitung aber keinesfalls als einen idealistischen Selbstzweck, sondern als grundlegende Notwendigkeit sowohl für den Erfolg des CFM-Streiks als auch im Hinblick auf die strategischen Aufgaben der ArbeiterInnenklasse.

Der CFM-Streik befindet sich in einer schwierigen Lage: Die Streikfront ist noch schwach, weshalb die Aktivierung aller Streikenden notwendig ist, um sie zu festigen und zu stärken. Durch Streikversammlungen kann zudem die allgemeine Information über die Situation in den verschiedenen Bereichen verbessert werden. Auch die Einschätzung der Stimmung unter den Streikenden durch alle am Streik Beteiligten ist direkt möglich und nicht von individuellen Gesprächen abhängig. Ebenso können Probleme der KollegInnen (z.B. geringes Streikgeld, Befristungen, Ängste) erfasst und Lösungen diskutiert werden. Zentral ist jedoch die aktive Erkenntnis bei den Streikenden, dass ihre eigene Aktivität über den Ausgang des Kampfes entscheidet, dass sie ihre Zukunft in die eigenen Hände nehmen müssen und können. So wird auch die Erkenntnis gewonnen, dass eine Streikleitung in Form bürokratischer Strukturen nicht alternativlos ist. Die Erfahrung der Selbständigkeit ist außerdem eine zentrale Voraussetzung für die Hebung der proletarischen Subjektivität und auch für die Erkenntnis, dass Bürokratie und Chefs durch die Selbsttätigkeit der ArbeiterInnen ersetzt werden können.

Ohne eine Streikversammlung bleiben die Fähigkeiten vieler Streikender ungenutzt, und es liegt einzig an der Streikleitung (in den Augen der Streikenden: an „der Gewerkschaft“), ob sie die richtige Einschätzung hat, die richtige Taktik wählt, die richtigen Aktionen beschließt und genug Streikende dafür zu mobilisieren versteht. Ohne eine Streikversammlung muss der Kreis der Aktiven (= Streikleitung) auch ganz allein alle Aufgaben übernehmen, statt Verantwortung und Arbeitslast aufzuteilen. Ohne Streikversammlung steigt zudem die Gefahr, dass bei einem (wie auch immer gearteten) Misserfolg von KollegInnen der falsche Schluss gezogen wird, dass gewerkschaftliche Organisierung unnütz wäre.

Die Streikversammlungen, die bisher stattgefunden haben, belegen, dass sie wichtige Instrumente zur Stärkung des Kampfes sind. Natürlich ist die Umsetzung von aktiven Streikversammlungen angesichts des niedrigen Selbstbewusstseins und der Tradition von Bevormundung unter den KollegInnen nicht einfach. Dieser Mangel an Erfahrung wurde leider von Angehörigen der Streikleitung, wie auch der SAV, als Argument gegen die Vorschläge von RIO ins Feld geführt. Eine Argumentation, die die Beibehaltung von bürokratischen Strukturen mit deren historischen Folgen rechtfertigt. Stattdessen ist es aber wichtig, dass die AktivistInnen, allen voran die RevolutionärInnen, dafür arbeiten, die Einbeziehung aller KollegInnen zu fördern. Die FT-CI kämpft in allen Bereichen, in denen sie interveniert, für eben diese „sowjetische Strategie“, die die Selbstorganisierung der ArbeiterInnen als fundamentale Voraussetzung für den Kampf für die sozialistische Revolution und gegen bürokratische Elemente in der ArbeiterInnenbewegung selbst ansieht.

Bedeutung des Streiks

Die klassische gewerkschaftliche Praxis von hierarchisierter Streikführung und Verhandlungen mit dem „Arbeitgeber“ stößt im CFM-Streik an seine Grenzen. Die Chefetage der CFM hat keinerlei Interesse an Zugeständnissen. Sie will den ArbeiterInnen eine Niederlage beibringen und ihr profitables Geschäftsmodell durchsetzen. Die Kompromisslosigkeit der CFM erzwingt indes auch von den zurückhaltenden GewerkschaftsfunktionärInnen eine kämpferische Haltung. Die Notwendigkeit offensiverer Kampfführung erwächst aus den prekären Verhältnissen, doch die GewerkschafterInnen, erzogen im Umfeld des Gewerkschaftsapparates und des „sozialpartnerschaftlichen“ Geistes und vor allem unter dem Druck der materiellen Vorteile, die die Existenz bürokratischer Strukturen mit sich bringt, tun sich schwer, die überkommenen Strukturen über Bord zu werfen.

Aber vor dem Hintergrund dieser aufgeladenen Konfliktsituation kann dem CFM-Streik eine besondere Bedeutung für die Entwicklung des Klassenkampfes in Deutschland beikommen. Denn das „Geschäftsmodell CFM“ ist nur ein Ausdruck des generellen Voranschreitens prekärer Beschäftigungsverhältnisse (Leiharbeit, tariflose Zustände, Hartz IV-Aufstockung, etc.) in ganz Deutschland, und ein Sieg oder eine Niederlage bei der CFM kann ein Signal im Kampf um die Frage, welche Arbeitsverhältnisse in Deutschland und ganz Europa zur Regel werden, sein. Wenn der Streik bei der CFM erfolgreich ist, verbessert dies die Möglichkeiten für zukünftige Kämpfe gegen diese Zustände, welche sich im Zuge der fortschreitenden Wirtschaftskrise noch weiter ausbreiten werden.

In diesem Rahmen kommen auf die revolutionäre Linke, die in diesem Streik aktiv ist, besondere Herausforderungen zu. Gerade wegen der bisherigen und noch zu erwartenden Länge des Streiks ergibt sich hier die Möglichkeit, einen klassenkämpferischen Pol herauszubilden, der erste Schritte im Kampf für eine Politik, die unabhängig von der Gewerkschaftsbürokratie ist, tätigen kann. Die Etablierung von täglichen Streikversammlungen mit voller Entscheidungsgewalt und die Wahl der Streikleitung mit abwählbaren Delegierten stellen hierbei wichtige Werkzeuge dar, die auch ein erster Schritt zur Wiedererlangung historischer Kampfmethoden der ArbeiterInnenklasse sein können. Gleichzeitig bieten diese Streikversammlungen einen Rahmen, den Streik auf andere Sektoren auszuweiten und einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch oder sogar gemeinsame Kämpfe voranzutreiben, wie z.B. mit dem laufenden Konflikt der LokführerInnen der privaten Bahnen, dem Streik der Alpenland-PflegerInnen, oder dem drohenden Warnstreik bei Airbus.

In diesem Sinne sehen wir auch die konkrete Notwendigkeit, eine Tradition der Einheit von Studierenden und ArbeiterInnen zu re-etablieren. Hierbei kann es sich jedoch nicht nur um abstrakte Solidarität handeln. Denn die prekären Verhältnisse, unter denen ein wachsender Teil der ArbeiterInnenklasse leidet, sind auch für große Teile der Studierendenschaft eine konkrete Perspektive, sowohl während des Studiums (durch stetig steigenden Druck, Zwang zu unbezahlten Praktika etc.) als auch nach dem Abschluss, wo viele Studierende die gleiche Unsicherheit und Überausbeutung erwarten wird, wie sie bei der CFM zu finden sind. In diesem Sinne sehen wir die Notwendigkeit einer revolutionären Politik, die sowohl die Selbstorganisierung der ArbeiterInnen gegen die herrschende Klasse, aber auch gegen die Macht der Gewerkschaftsapparate, vorantreibt als auch eine Kampfeinheit der radikalsten Sektoren der ArbeiterInnenbewegung und der Jugend aufbaut. Leider sehen wir, dass die SAV sich dieser Aufgabe nicht annimmt und lediglich eine Politik betreibt, die darauf abzielt, Einfluss auf „linke GewerkschaftsfunktionärInnen“ zu gewinnen, um die Gewerkschaften als Ganzes nach links zu drücken. Wir von RIO und der Trotzkistischen Fraktion halten es hingegen für unabdingbar, einen klassenkämpferischen Pol innerhalb der Gewerkschaften gegen diese BürokratInnen zu etablieren. Dafür wollen wir als kleine Gruppe einen bescheidenen Beitrag leisten.

Streik an der Charité im Mai

Im Mai 2011 kam es an der Charité zu einem gemeinsamen Streik der Pflegekräfte und der CFM-Beschäftigten. Ein machtvoller Streik, der zu Millionenausfällen in den Rechnungsbüchern des Klinikums führte. Nach einer Woche wurde der Streik der Pflegebereiche ausgesetzt, d.h. abgebrochen, weil die Charité ein Angebot für Verhandlungen gemacht hatte. Zurecht wurde dies von vielen Streikenden als Bruch der Solidarität empfunden. Zur Absicherung der Streikspaltung bot die CFM-Geschäftsführung eine Woche später – kurz vor der Urabstimmung über den Tarifvertrag Charité – den Gewerkschaften Verhandlungen an. Diese Scheinverhandlungen zogen sich über mehrere Monate hin, bis die CFM-KollegInnen am 5. September wieder in den Streik traten.

Victor Jalava: Streiken bringt was – wenn man‘s durchzieht

Wladek Flakin und Markus Oliver: Die SAV beim Charité-Streik

Mehr zum Thema