Streik auf der Fusion
Am Samstag, dem 1. Juli, kam es auf der Fusion zu einem Streik. An der dazugehörigen Demonstration nahmen etwa 1.000 Menschen teil.
Vom 28. Juni bis zum 3. Juli fand die diesjährige Fusion statt: ein nicht kommerzielles Festival. Dieses Festival wird von über 70.000 Teilnehmer:innen besucht und bietet ein breites Angebot, von Bands, über DJs, Workshops, Filmen und Art Performences. Viele linke Strukturen beteiligen sich an der Arbeit auf dem Festival, um Geld für ihre jeweiligen Projekte zu sammeln. Zudem gibt es etliche Menschen, die freiwillig auf der Fusion arbeiten, um so Vergünstigungen bei den Tickets zu bekommen. Sowohl Crew (also jene, die Geld für ein Projekt sammeln) als auch Supporter:innen riefen bereits am ersten Tag durch verschiedene Flyer zum Streik am Samstag zwischen 18 Uhr und 20 Uhr auf. Auf dem Flyer wurde der Rauswurf der “SoundSysters” aufgrund von Kritik an den Veranstalter:innen, dem „Kulturkosmos“ und der Weigerung, eine problematische Band auf ihrer Bühne zu haben, kritisiert. Zudem wurde allgemein angemerkt, dass die Fusion kein sicherer Raum und man nirgends vor Sexismus, Rassismus, Queerfeindlichkeit und Unterdrückung geschützt sei. Zusätzlich wurde betont, dass es dort keinen sogenannten „Ferienkommunismus“ gebe. Passend dazu lagen in den verschiedenen Backstagebereichen, in denen Crew und Supporter:innen untergebracht waren, Sticker mit der Aufschrift „Es gibt keine sicheren Räume — auch nicht auf der Fusion“. Auch hingen Plakate mit dem Aufruf zur Streikdemo. Die Forderungen des Streiks waren unter anderem der Abbau und die Offenlegung der unterschiedlichen Privilegien zwischen den einzelnen Crews, die Möglichkeit Kritik zu äußern, ohne ähnlich wie die “SoundSysters” damit rechnen zu müssen, nicht mehr eingeladen zu werden, sowie bessere Arbeitsbedingungen, unter anderem für die Küchencrew. Zudem sollte mehr Awareness darüber geschaffen werden, dass ohne die freiwillige Arbeit das Festival nicht möglich wäre und es sich leider nicht um einen sicheren Raum handelt. So ist der „KulturKosmos“ ein:e Arbeitgeber:in, der innerhalb dieses Wirtschaftssystems agiert.
Gegen 18 Uhr versammelten sich einige hundert Menschen vor der Stage “Datscha” und zogen von dort aus Richtung „Backstage 1“. Dort schloss sich den Streikenden eine Zulaufdemo mit weiteren hunderten Menschen an und zogen gemeinsam über das Gelände. Sowohl die meisten Bars beteiligten sich am Streik als auch ein paar Imbissstände, welche die Forderungen der Crewmitglieder unterstützten. Nach zwei Stunden und einigen Redebeiträgen von verschiedenen Crewmitgliedern endete die Demonstration. Die dort skandierten Parolen hatten einen sehr autonomen Charakter.
Fraglich ist, inwieweit der “KulturKosmos” Konsequenzen aus dem Streik ziehen wird. Die Fusion ist, sollte sie in etwa so wie bisher bestehen wollen, weiterhin auf ihre freiwilligen Helfer:innen angewiesen. Sollte der “KulturKosmos” also die Forderungen und Kritik komplett ignorieren, würde das langfristig der Fusion schaden. Man wird sich vermutlich versöhnlich zeigen, um so wenig tatsächliches Entgegenkommen liefern zu müssen wie nötig — vergleichbar wie bei Arbeitskämpfen in den Betrieben.
Das Versprechen eines “Ferienkommunismus” wird nicht nur angesichts der Arbeitsbedingungen auf der Fusion nicht eingelöst. Wir haben in einem vergangenen Artikel zur Fusion bereits richtig festgestellt:
Der Kommunismus ist keine Einstellung und auch keine „Utopie“, die man anstreben soll, aber nicht erreichen kann. Der Kommunismus bedeutet die Überwindung der Klassengegensätze. Es geht um eine Gesellschaft, in der jede Tätigkeit (ähnlich wie jede Feier, wobei die Grenzen dazwischen nach der Überwindung des Kapitalismus tendenziell verschwinden werden) gemeinsam von allen für alle gestaltet wird.
Natürlich haben wir mit unseren Genoss:innen die vor Ort waren an der Demo teilgenommen und unterstützen die Forderungen der Streikenden. Auch wenn der „Kulturkosmos“ an sich kein profitorientiertes Unternehmen ist — er ist Arbeitgeber:in für etliche Leute und beutet in seiner Rolle aus. Nur weil es sich um ein linkes Festival handelt, endet die kapitalistische Gesellschaft nicht magisch an den Toren der Fusion. Ein Festival, egal wie schön es sein kann, wird uns nicht von diesem System befreien, es muss uns um die tatsächliche Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft gehen. Wir dürfen uns nicht auf eine Träumerei des Ferienkommunismus verlassen, sondern gemeinsam für eine kommunistische Welt kämpfen!