Stoppt die Bombardierungen und die israelische Militärintervention gegen das palästinensische Volk!

In den frühen Morgenstunden des Samstags, 7. Oktober, führten die Milizen der Hamas, die den Gazastreifen regiert, den größten bewaffneten Angriff auf israelisches Gebiet in den letzten 50 Jahren durch und feuerten fast 5.000 Raketen ab; außerdem drangen Hunderte von Milizionären in Dörfer in der Nähe des Gazastreifens ein. Im Zuge der Militäroperation wurden rund hundert Geiseln genommen und es gab etwa tausend Tote, darunter Hunderte von jungen Leuten, die auf einem Festival waren, Familien, die in einem Kibbuz lebten, und andere, die keine militärische Funktion hatten.

Am 8. Oktober kündigte Israels ultrarechter Premierminister Benjamin Netanjahu als Reaktion auf die Angriffe einen „langen und schwierigen Krieg“ an. Der Sprecher der IDF, der israelischen Armee, kündigte die militärische Evakuierung von Städten in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen an. Die israelischen Streitkräfte haben auch die Versorgung der mehr als zwei Millionen Einwohner:innen des Gazastreifens mit Strom, Treibstoff und allen lebensnotwendigen Gütern unterbrochen. „Wir kämpfen gegen menschliche Bestien, und wir handeln entsprechend“, sagte Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant. Dies sind die Vorbereitungen für die von Netanjahu angekündigte „offensive Phase, die ohne Unterlass und ohne Pause fortgesetzt wird, bis die Ziele erreicht sind“. Der israelische Premierminister erklärte, die israelische Armee werde „all ihre Macht“ einsetzen, und forderte die Palästinenser:innen auf, den Gazastreifen zu verlassen, und warnte, sie werde die Einrichtungen in dem Gebiet „in Schutt und Asche“ legen.

Israel hat mit dem schweren Bombardement ganzer Gebäude und Gesundheitseinrichtungen im Gazastreifen begonnen, zusätzlich zu Orten, die nach Angaben der zionistischen Armee Operationszentren der Hamas-Miliz sind. In den ersten 48 Stunden sind bereits mindestens 700 Palästinenser:innen getötet worden. Die neue Offensivphase wird weitaus tödlichere Angriffe beinhalten, und der Einmarsch von Truppen in den Gazastreifen ist nicht ausgeschlossen. In den letzten Stunden hat sich die Situation rapide verschärft. Die israelischen Angriffe haben auf den Libanon übergegriffen. Und der US-Imperialismus hat die Verstärkung seiner Militärpräsenz angekündigt.

Seit Jahrzehnten hatte es keine derartige Operation der Hamas an der Seite der Milizen des Islamischen Dschihad und anderer palästinensischer Widerstandsgruppen wie der PFLP gegeben, was Israel und die ganze Welt erschüttert hat. Die Operation „Al-Aqsa-Sturm“ beruhte auf einer koordinierten und geplanten Aktion der Milizen, die einen der am stärksten bewaffneten Staaten der Welt demütigte und eine tiefe Krise des Geheimdienst- und Sicherheitsapparats offenbarte. Netanjahu reagierte sofort: Er erklärte den „Kriegszustand“ und zwang alle Parteien, einschließlich der Opposition, ihre Reihen zu schließen, um eine reaktionäre nationale Einheit hinter seiner Regierung wiederherzustellen, die schwer angegriffen wurde und am seidenen Faden hing.

Netanjahu, der mit mehreren Korruptionsvorwürfen konfrontiert ist, befindet sich in diesem Jahr in einer schweren Krise. In den wichtigsten Städten Israels kam es zu Massendemonstrationen gegen seinen Versuch, die Justiz zu reformieren, um die gesamte Macht an die Exekutive zu übertragen. Unterstützt wurde er nur von den rechtsextremen und religiösen Parteien in seiner Regierungskoalition, und selbst die Elitesektionen der Armee und die Reservist:innen hatten mit einer Rebellion gedroht. Die Wiederherstellung einer „nationalen Einheit“ gegen den äußeren Feind hat es ihm ermöglicht, die Reihen vorerst zu schließen, aber jenseits der unmittelbaren Situation ist seine Schwäche offenkundig geworden. Auf internationaler Ebene stellten sich die europäischen imperialistischen Staaten und die USA, die teilweise die Politik von Netanjahu, einem Verbündeten von Donald Trump, und seiner rechtsextremen Koalition in Frage gestellt hatten, bedingungslos auf die Seite des Staates Israel, verurteilten die Angriffe der Hamas als „Terrorismus“ und erklärten, Israel habe jedes „Recht, sich zu verteidigen“. Die Europäische Kommission hat angekündigt, dass sie die finanzielle Unterstützung für die palästinensischen Behörden „überprüfen“ wird. Eine „Kriegs“-Maßnahme, unter der die Zivilbevölkerung leiden wird. In Deutschland, der imperialistischen Hauptmacht der EU, unterstützten alle bürgerlichen Parteien, einschließlich der rechtsextremen Alternative für Deutschland, Israel. Die Bundesregierung kündigte außerdem an, die Repression gegen pro-palästinensische Demonstrationen und Gruppen zu verstärken.

Israel verfügt über eine der mächtigsten Armeen der Welt, die von den USA und der EU bis an die Zähne bewaffnet und mit Atomwaffen ausgestattet ist. Und seit seiner Gründung im Jahr 1948 auf der Grundlage ethnischer Säuberungen der arabischen Bevölkerung unterdrückt es brutal das palästinensische Volk, dem es in aufeinanderfolgenden Kriegen den größten Teil seines Territoriums entrissen hat, sodass es in zwei schmalen Streifen ohne territoriale Einheit eingekreist ist. Die Regierungen der Welt, die Israel unterstützen, verschließen die Augen vor den ständigen Morden, Folterungen und allen Arten von Demütigungen, die von der Regierung Netanjahu begangen werden, die als die rechteste in der Geschichte des Staates Israel gilt. Und wenn sie etwas erwähnen, setzen sie ein Gleichheitszeichen zwischen der Gewalt der Unterdrücker und der der Unterdrückten. Im Jahr 2014 startete Israel die Operation „Protective Edge“ mit Bombenangriffen auf den Gazastreifen, bei denen mehr als 2310 Palästinenser:innen getötet wurden. Diejenigen, die wirklich das Recht haben, sich zu verteidigen, sind die Palästinenser:innen, die seit 75 Jahren unter der militärischen Besatzung ihres Territoriums und der Vernichtungspolitik leiden. Mit ihrer „bedingungslosen“ Unterstützung Israels billigen die imperialistischen Staaten neue Massaker am palästinensischen Volk.

Eine turbulente globale Situation

Die Eskalation des israelisch-palästinensischen Konflikts findet inmitten einer turbulenten
Weltlage statt, die von starken Spannungen und geopolitischen Verschiebungen geprägt ist. Vor einigen Wochen wurde die Möglichkeit eines Abkommens zwischen Saudi-Arabien und Israel angekündigt, das von den USA vorangetrieben wurde und die Anerkennung des Staates Israel durch die Monarchie von Mohammed bin Salman vorsieht. Dieser Pakt, der keine größeren Zugeständnisse an die Palästinenser:innen vorsah, hätte einen Wendepunkt in den geopolitischen Beziehungen Israels in Richtung einer stärkeren „Normalisierung“ seiner Beziehungen zu den arabischen Ländern nach dem Vorbild der von Trump geförderten „Abraham-Abkommen“ bedeutet. Am 20. September erörterten Biden und Netanjahu diese Frage in New York. Die Annäherung zwischen Israel und der saudischen Monarchie sollte der Ankündigung einer Wiederherstellung der Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran entgegenwirken, die von China vorangetrieben wurde.

Nun wird der Pakt mit der saudischen Monarchie durch das Vorgehen der Hamas und die Kriegserklärung Israels erheblich erschwert. Der Iran, die wichtigste regionale Macht, die mit Saudi-Arabien und Israel im Streit liegt, hat seinerseits seine Unterstützung für die Operation „Al-Aqsa-Sturm“ der Hamas zum Ausdruck gebracht, ebenso wie der syrische Präsident Bashar al-Assad. Der Iran unterhält eine strategische Allianz mit der Hisbollah, die sich im Südlibanon in einer militärischen Konfrontation mit Israel befindet und am Sonntag Raketen „in Solidarität“ mit der Hamas-Offensive und dem palästinensischen Widerstand abfeuerte.

Die erneute Eskalation des israelisch-palästinensischen Konflikts hat das Pentagon dazu veranlasst, seine Kritik an Netanjahu bezüglich der Justizreform zurückzustellen und Israel seine „uneingeschränkte“ Unterstützung anzubieten. Biden kündigte die Entsendung von Schiffen und Militärflugzeugen an, darunter der Flugzeugträger „Gerald R. Ford“ und seine Begleitschiffe. Biden hat es jedoch nicht leicht inmitten einer schweren politischen Krise in den USA, wo ein „Shutdown“ der Regierung droht und Haushaltsposten (einschließlich der Finanzhilfe für die Ukraine) eingefroren werden, nachdem der Republikaner Kevin McCarthy als Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses durch einen Misstrauensantrag seiner eigenen Partei abgesetzt wurde.

Israels Kriegserklärung und die Möglichkeit einer regionalen Eskalation des Konflikts tragen zur Instabilität einer angespannten internationalen Lage bei, die durch den seit 19 Monaten andauernden Krieg in der Ukraine und die zunehmenden Spannungen zwischen dem NATO-Block und Russland und China gekennzeichnet ist.

Palästinensischer Widerstand und die Strategie der Hamas

Die Palästinensische Autonomiebehörde unter der Leitung von Mahmoud Abbas befindet sich seit langem in einer schweren Krise. Die israelische Offensive der letzten Jahre hat Abbas in eine noch unbedeutendere Position gedrängt und seine Politik der Kollaboration mit den Besatzern offengelegt.

Die Aktionen der Hamas, des Islamischen Dschihad und anderer palästinensischer Widerstandsgruppen wie der PFLP finden in einem Kontext statt, in dem angesichts der zunehmenden Repressionen und Provokationen durch die rechtsgerichtete Koalitionsregierung und die zionistischen Siedler:innen vor der Möglichkeit einer palästinensischen „dritten Intifada“ gewarnt wurde. Ermordungen, Repressionen, Hauszerstörungen, willkürliche Verhaftungen und Angriffe auf die Bevölkerung in den besetzten Gebieten und auf die Palästinenser:innen, die als Staatsbürger:innen zweiter Klasse im Staat Israel leben. Aus diesem Grund wurde die Aktion der Hamas in allen palästinensischen Gebieten gefeiert, weil sie als Möglichkeit gesehen wurde, den Widerstand gegen den Unterdrücker fortzusetzen, einen Widerstand, den alle imperialistischen Staaten der Welt auslöschen wollen. Der bewaffnete Überfall zeigte ein Bild der Verwundbarkeit von „Goliath“ gegenüber dem „David“ des palästinensischen Widerstands, der auch unter den vom Imperialismus unterdrückten arabischen Bevölkerungen im gesamten Nahen Osten enorme Sympathien gewann.

Wir verteidigen das legitime Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstverteidigung und Widerstand gegen den genozidalen Staat Israel und verurteilen die Heuchelei des Imperialismus gegenüber dem palästinensischen Volk, das er des Terrorismus beschuldigt, während er die israelische Besatzung unterstützt.

Das militärische Vorgehen der Hamas-Milizen, die sowohl militärische Stellungen als auch Zivilist:innen angriffen, wurde jedoch von Netanjahu und den imperialistischen Staaten leicht instrumentalisiert, um ihre Kriegserklärung zu legitimieren. Sie hat es der israelischen Regierung auch ermöglicht, alle oppositionellen und kritischen Sektoren für die Unterstützung einer Militäroffensive gegen den Gazastreifen zu mobilisieren. Wir lehnen die Angriffe auf die Zivilbevölkerung ab. Wir teilen nicht die Methoden der Hamas, die Fortschritte auf dem Weg zur notwendigen Einheit im Kampf zwischen der palästinensisch-arabischen Bevölkerung, israelischen Araber:innen und sogar Teilen der jüdischen Arbeiter:innenklasse, die mit dem Zionismus und seiner verbrecherischen Politik brechen, gegen den Staat Israel und seine systematische Apartheid verhindern. Wir teilen auch nicht ihr Programm und ihre Strategie, die als Ziel die Errichtung eines islamisch-fundamentalistischen Staates auf dem gesamten Territorium des Staates Israel proklamiert. Während sich die von der Palästinensischen Autonomiebehörde durch die Osloer Abkommen vorangetriebene „Zwei-Staaten-Politik“ als völliger Fehlschlag erwiesen hat, so ist auch die von der Hamas vorgeschlagene Alternative nicht fortschrittlich.

Nieder mit dem Apartheidregime. Für ein sozialistisches Palästina der Arbeiter:innenklasse, in dem Araber:innen und Jüd:innen Seite an Seite leben.

Die Verbrechen des israelischen Staates gegen das palästinensische Volk, die von zahlreichen Intellektuellen jüdischer Herkunft wie Ilan Pappé angeprangert werden, lassen sich nicht verbergen. Selbst dieser Historiker ist der Ansicht, dass der Staat Israel einen „schrittweisen Völkermord“ begeht. Die Zahlen sprechen für sich. Laut B’Tselem (Israelisches Informationszentrum für Menschenrechte in den besetzten Gebieten) wurden seit dem Jahr 2000 10.500 Palästinenser:innen bei militärischen oder polizeilichen Aktionen getötet. Und in israelischen Gefängnissen sitzen rund 5.000 Gefangene, darunter auch Kinder. Unter der Regierung Netanjahu und der religiösen extremen Rechten haben diese Verbrechen ein neues Ausmaß erreicht – und zwar nicht nur in den besetzten Gebieten im Gazastreifen und im Westjordanland, sondern auch gegenüber den Araber:innen, die im Staat Israel selbst leben und als Staatsbürger:innen zweiter Klasse behandelt werden. Die ultrarechten Regierungsvertreter:innen sprechen offen davon, die Palästinenser:innen zu vertreiben und das Westjordanland zu annektieren. Es ist diese Situation der kolonialen Unterdrückung, die der palästinensische Widerstand seit mehr als sieben Jahrzehnten immer wieder aufs Neue herstellt. Und sie ist auch die treibende Kraft hinter internationalen Kampagnen wie BDS (Boycott, Divestment and Sanctions), an denen sich jüdische Organisationen und Einzelpersonen beteiligen, die die Verbrechen des israelischen Staates ablehnen.

Angesichts des Scheiterns der „Zwei-Staaten-Politik“ und der neuen Offensive der Ultrarechten ist ein massiver Kampf des gesamten palästinensischen Volkes notwendig, zusammen mit der arabischen Arbeiter:innenklasse in Israel und mit der jüdischen Arbeiter:innenklasse in Israel, die mit dem Zionismus brechen muss. Es braucht ein Bündnis mit den Arbeiter:innen, Jugendlichen und Frauen, die wie die iranische Jugend gerade im Nahen Osten aufstehen,um gegen den Gendarmenstaat Israel und den Imperialismus zu kämpfen. Um das Apartheidregime zu beenden, ist es notwendig, den zionistischen Staat Israel zu zerschlagen. Wir verteidigen das Recht auf nationale Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes und kämpfen für ein sozialistisches Palästina der Arbeiter:innen im Rahmen einer sozialistischen Föderation im Nahen Osten. Denn nur ein Staat, der die Beendigung aller Unterdrückung, Ausbeutung und imperialistischen Reaktion zum Ziel hat, kann das Rückkehrrecht der palästinensischen Geflüchteten und ein demokratisches und friedliches Zusammenleben zwischen Araber:innen und Jüd:innen garantieren. Diese Aufgabe muss von der Arbeiter:innenklasse und den Bäuer:innen in der gesamten Region übernommen werden. Die Einheit der palästinensischen Massen und der arabischen Massen, deren Regierungen die Beziehungen zum zionistischen Staat normalisiert haben oder dies vorbereiten, ist auf diesem Weg zentral.

Gegen die Verfolgungen und falschen Anschuldigungen des „Antisemitismus“, um jede Anprangerung der Verbrechen des Staates Israel zu ersticken, verteidigen wir das Recht, angesichts der neuen Massaker, die Netanjahu vorbereitet, in Solidarität mit dem palästinensischen Volk zu demonstrieren. Als revolutionär-sozialistische Organisationen, die Teil der Trotzkistischen Fraktion – Vierte Internationale sind, rufen wir zu allen vereinten Aktionen zur Unterstützung des palästinensischen Volkes auf.

• Stoppt die Bombardierungen und die israelische Militärintervention.
• Schluss mit Wirtschaftssanktionen und kollektiven Bestrafungsmaßnahmen, die das palästinensische Volk noch tiefer ins Elend stürzen.
• Freilassung der palästinensischen Gefangenen.

Schluss mit jeder finanziellen und militärischen Hilfe der USA für Israel.

• Keine Waffenlieferungen an Israel. Aufkündigung aller politischen und militärischen Abkommen mit Israel.

Organisationen, die Teil der Trotzkistischen Fraktion – Vierte Internationale sind:

ARGENTINIEN: Partido de los Trabajadores Socialistas (PTS) / BRASILIEN: Movimento Revolucionário de Trabalhadores (MRT) / CHILE: Partido de Trabajadores Revolucionarios (PTR) / MEXIKO: Movimiento de los Trabajadores Socialistas (MTS) / BOLIVIEN: Liga Obrera Revolucionaria (LOR-CI) / SPANISCHER STAAT: Corriente Revolucionaria de Trabajadoras y Trabajadores (CRT) / FRANKREICH: Révolution Permanente (RP) / DEUTSCHLAND: Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO) / VEREINIGTE STAATEN: Left Voice / VENEZUELA: Liga de Trabajadores por el Socialismo (LTS) / URUGUAY: Corriente de Trabajadores Socialistas (CTS) / PERU: Corriente Socialista de las y los Trabajadores (CST) / COSTA RICA: Organización Socialista Revolucionaria (OSR) / ITALIEN: Frazione Internazionalista Rivoluzionaria (FIR).

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