Stonewall was a riot – Kämpfen lohnt sich!

28.07.2018, Lesezeit 7 Min.
Gastbeitrag

Als studentische Beschäftigte haben wir gelernt, dass wir kämpfen müssen, wenn wir Verbesserungen wollen. Unser Streik für einen neuen Tarifvertrag (TVStud 3) ist zu Ende – unser Kampf noch nicht: Wir haben niemals nur höheren Lohn gefordert, sondern immer auch bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für alle. Deshalb sind wir heute auf dem 40. CSD in Berlin – gemeinsam gegen Prekarisierung und Unterdrückung.

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Gleiches Geld für gleiche Arbeit!

Immer noch verdienen Frauen* weniger als ihre männlichen* Kollegen. Durch strukturelle Hindernisse und konservative Rollenvorstellungen ist die große Mehrheit derer, die unbezahlte Hausarbeit leisten, weiblich*. Frauen* sind besonders betroffen von Kürzungen und Teilzeitjobs. Diese Unterdrückung verstärkt sich bei nicht-heterosexuellen Frauen* und Women* of Colour. Geflüchtete Frauen und geflüchtete LGBTIQ*s werden unsichtbar gemacht und strukturell benachteiligt.

Für einen antirassistischen und antikapitalistischen Feminismus!

Hillary Clinton, Angela Merkel und Theresa May sind keine Feministinnen! Trotz rechtlicher Gleichstellung und Frauen* in Führungspositionen sind die ärmsten Menschen der Welt mehrheitlich Frauen*. Wir wollen keinen Führungsfeminismus in Highheels, sondern menschliche Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Frauen* überall. Phrasen wie „Du kannst alles schaffen, wenn du dich genug anstrengst!“ sind kapitalistische Lügen, die ein auf Ungleichheit basierendes System am Laufen halten.

Heteronormative und rassistische Praktiken des BAMF gegenüber LGBTIQ* Geflüchteten bauen auf erlebten Diskriminierungen auf und verstärken diese. Wir lehnen Maßnahmen gegen Geflüchtete und Deportationen durch staatliche Institutionen ab. Unser Feminismus trennt nicht in deutsche und nicht-deutsche Frauen*. Wir stellen uns gegen die AfD und alle anderen, die behaupten „ihre Frauen schützen zu müssen“.

Gegen die Bundeswehr und ihre Kriegseinsätze!

Im Namen der Demokratie werden Kriege geführt, die die Reichen reicher und die Armen ärmer machen. In Wirklichkeit stehen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund und Deutschland verdient an Waffenexporten. Kriege und Armut treffen unterdrückte Menschen wie PoCs und LGBTIQ*s stärker. Die Bundeswehr ist keine LGBTIQ*-freundliche Arbeitgeberin, wenn sie Auslandseinsätze gegen unterdrückte Menschen und Länder führt.

Gegen das Verbot der Pride-Demonstrationen in Istanbul und anderswo!

Stonewall was a riot! Der Ursprung der Pride-Demonstrationen liegt in dem Stonewall-Aufstand von 1969. Angeführt wurde dieser von Marsha P. Johnson und Sylvia Rivera. Die Proteste richteten sich nicht nur gegen Cis- und Heterosexismus, sondern auch gegen Rassismus. Auch heute geht es für uns beim CSD nicht nur darum, erkämpfte Errungenschaften zu feiern, sondern darum, für ein Ende von Ausbeutung und Unterdrückung zu kämpfen. Deshalb solidarisieren wir uns mit allen illegalisierten Pride-Demonstrationen.

Gegen die Kommerzialisierung des CSD!

Alles, was LGBTIQ*s erreicht haben, wurde nicht dank, sondern gegen große Konzerne und Regierungen durchgesetzt. Werbekampagnen großer Unternehmen zeigen in letzter Zeit, dass LGBTIQ*-Kultur ein wichtiger Teil des Zusammenlebens geworden ist. Der Kampf gegen Diskriminierung lässt sich aber nicht von Auto- und Biermarken aufkaufen. Queeres Leben wird nicht durch Rainbow-Marketing besser, sondern fordert bessere Arbeitsbedingungen und den Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz.

Cops out of Pride!

Der erste Stein flog gegen die Polizei. Diese Reaktion auf die übergriffigen Polizeieinsätze gegen das Stonewall Inn in der Christopher Street ist noch heute der Hauptbezug für Pride-Demonstrationen auf der ganzen Welt. Repressive Strukturen und Praktiken sind seitdem aus den Polizeibehörden nicht verschwunden. Als ausführender Arm eines unterdrückerischen Systems beweist die Polizei immer wieder, dass sie heterosexistisch und rassistisch handelt.

Für eine #UniohnePolizei!

An dem Ort, wo wir kritisches Denken und eigenständiges Handeln lernen sollen, sind wir nicht nur durch Regelstudienzeit, konservative Profs und Sparmaßnahmen eingeschränkt, sondern auch durch Eingriffe der Polizei in unsere Bildungseinrichtungen. Ein freies Lernen kann nur ohne Zugangsbeschränkungen und polizeiliche Eingriffe funktionieren.

Gemeinsam kämpfen gegen Prekarisierung!

40 Streiktage und eine drei Jahre andauernde Kampagne waren notwendig, um den neuen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte zu erkämpfen. Unser Streik richtete sich nicht nur gegen die Hochschulen, sondern gegen den Berliner Senat. Gemeinsam mit Arbeiter*innen aus anderen Betrieben des Landes Berlin protestierten wir für bessere Arbeitsbedingungen im Öffentlichen Dienst.

Bessere Arbeits- und Lebensbedingungen bedeuten für uns immer bessere Bedingungen für alle – ohne Ausnahmen und gegen jede Diskriminierung. Keine Vereinbarung ist mit uns zu haben, wenn sie auf dem Rücken von LGBTIQ*-Arbeiter*innen durchgesetzt wird. Dafür werden wir gemeinsam streiken und die Kämpfe verbinden!

Für legale, sichere und kostenlose Abtreibung! Weg mit den Paragraphen 218 und 219a!

Durch Illegalität und Informationsverbote werden Abtreibungen erschwert und stigmatisiert. Dies trifft insbesondere prekarisierte Frauen*, die nicht auf Hilfe aus ihrem Umfeld zugreifen können. An den Folgen von illegalisierten Schwangerschaftsabbrüchen sterben weltweit jährlich zwischen 50.000 und 70.000 Frauen*. Um echte Entscheidungen für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch zu ermöglichen, sind mehr Unterstützung für Mütter* sowie kostenlose Verhütungsmittel und Aufklärung notwendig.

Mit dem Paragraphen 218 und 219a StGB werden Zustände einer heterosexuellen Kernfamilie normalisiert und der weiß-deutsche, nicht-behinderte Embryo über die Wünsche und Gesundheit der schwangeren Person gestellt. Die Entscheidungsfreiheit über den eigenen Körper hat im Strafgesetzbuch nichts zu suchen!

Für bezahlbaren Wohnraum für alle!

Der Wohnraum wird vor allem in Großstädten knapper und auch teurer. Pekarisierte Menschen, aber besonders Menschen, die aus dem „klassischen Familienbild“ fallen, rassistische Diskriminierung oder Behinderung erfahren, trifft dies besonders. Während die Lebenserhaltungskosten steigen und Löhne stagnieren, steigen die Mieten ins Unermessliche. Immobilien dürfen keine Spekulationsgrundlage, Wohnraum kein Mittel zur Gewinnmaximierung sein. Wir stellen uns gegen den kapitalistischen Wohnungsmarkt! Gerade LGBTIQ*s erleben Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt – nicht nur, dass das Cis-Hetero-Pärchen von Vermieter*innen als vertrauenswürdiger angesehen wird: Wenn es nicht möglich ist, frei zu entscheiden, in welche Stadt und welche Wohnung man zieht, bedeutet das zu oft, an Orten oder mit Menschen wohnen bleiben zu müssen, die der eigenen Entwicklung nicht gut tun.

Gegen den Rechtsruck und die AfD!

Der Rechtsruck betrifft uns alle! Während das deutsche Abschottungsregime geflüchtete und migrantische Menschen immer stärker ausgrenzt, wird in Bayern ein neues Polizeigesetz eingeführt, das in der BRD bisher undenkbare Repressionen ermöglicht. In der EU wird diskutiert, sich immer stärker gegen geflüchtete Menschen abzuschotten und quasi Konzentrationslager an den Außengrenzen zu errichten – während es in Deutschland darum geht, ob das doch lieber der souveräne deutsche Staat machen sollte. Wir verlangen stattdessen offene Grenzen und ein Bleiberecht überall!

Zeitgleich gibt es Angriffe auf alle Arbeiter*innen, wie die Rentenreformen in Frankreich, Argentinien, Russland etc. Rechtsruck und sozialer Kahlschlag sind direkt miteinander verbunden. Denn ohne eine Antwort der Arbeiter*innen auf die antisoziale Politik von Regierungen und Bossen entsteht erst der Nährboden für den Aufstieg rassistischer Ressentiments und nationalistischer Pseudo-Lösungen. Dagegen müssen wir uns gemeinsam organisieren und uns mit allen Unterdrückten zusammen gegen die Gewalt des Kapitalismus verteidigen.

Für LGBTIQ*-Komitees in allen Schulen, Universitäten und Betrieben!

Chef*innen haben nicht die gleichen Interessen wie wir. Der profitorientierte Kapitalismus stützt sich auf (Hetero-)Sexismus, um manche Arbeiter*innen noch stärker ausbeuten zu können und den Lohn aller zu drücken. Räume des Lernens und des Arbeitens brauchen im Gegensatz dazu Strukturen, die queere Identitäten schützen und klar machen, dass jede davon legitim ist. Deshalb müssen wir uns an den Orten organisieren, wo wir sind, und dort gegen Unterdrückung und Benachteiligung kämpfen!

*„Frauen*“ oder „weiblich*“ sind alle, die als „Frauen“ oder „weiblich“ gelesen werden, „Männer*“ oder „männlich*“ sind alle, die als „Männer“ oder „männlich“ gelesen werden – jeweils unabhängig davon, ob diese Zuschreibungen zutreffen.

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