Stimmen von Arbeiter:innen gegen die Schlichtung im TVöD

18.04.2023, Lesezeit 5 Min.
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Bild: Maxi Schulz

In den sozialen Netzwerken unter Beiträgen der Gewerkschaft, in den Betriebsgruppen und auch auf unserer Website finden sich tausende kritische Stimmen zum Vorschlag der Schlichtungskommission. Die Schlichtung im TVöD sorgt für Spannungen zwischen der Gewerkschaftsführung von ver.di und ihren Mitgliedern. Eine Sammlung von Kommentaren, die das widerspiegeln.

„Das als Schlichtung zu verkaufen ist noch frecher als das Angebot der Arbeitgeber”, „In der Schlichtung fast alles umgesetzt was die Arbeitgeber wollten” und „Ohne sofort wirksame Erhöhung des Tabellenentgelts absolut inakzeptabel – eine Frechheit der Vorschlag.” Kommentare wie diese häufen sich angesichts des völlig unzureichenden Vorschlags der Schlichtungskommission im TVÖD in den sozialen Netzwerken. Die Stimmung ist fast einheitlich dafür, den Streik wieder aufzunehmen. Doch anstatt schon vor der nächsten Verhandlungsrunde am 22. April klar zu machen, dass das Angebot abgelehnt werden muss, finden sich als Antworten auf die kritischen Kommentare von ver.di-Mitgliedern nicht selten Posts von ver.di-Hauptamtlichen, welche die Schlichtung schönrechnen und so auf einen baldigen Abschluss statt eine Weiterführung des Kampfes einstimmen. Auch der von den Gewerkschaften nominierte Schlichter, Prof. h.c. Hans-Henning Lühr, sowie die Mehrheit der ver.di- und dbb-Mitglieder in der Schlichtungskommission haben diesem Reallohnverlust zugestimmt, weshalb der Frust groß ist. (Berichten zufolge soll es auch einzelne Enthaltungen, aber keine Gegenstimmen gegeben haben.) Hier eine Auswahl an Kommentaren, welche die Stimmung unter den Kolleg:innen wiedergibt:

„Als Erzieherin im Hort bin ich momentan für 26 Kinder zuständig. Es sind Menschenleben. Neben den Anforderungen vom Träger und vom Staat, kommen die Anforderungen von den Eltern und von den Kindern. Ich arbeite seit Jahren über dem Schlüssel [1 zu 20] und es kommen immer mehr dazu, plus aufgeteilte Kinder aus anderen Gruppen, weil nicht genügend Erzieher da sind. Mehr Stunden bekomme ich dafür auch nicht. Somit zähle ich als Teilzeitkraft und soll aber individuell auf jedes Kind eingehen und sie fördern. Wie soll das gehen? Fördermittel gibts auch nicht, sodass ich ins eigene Portmonai greife, um den Kindern eine Freude zu machen oder mit verschiedenen Materialien bekannt zu machen. Dank der Inflation bleibt am Monatsende auch nur ein Minus übrig. Erzieher wurden während Corona so hochgelobt und wertgeschätzt. Das ist alles aber wieder vergessen”

„Das bedeutet 14 Monate keine tabellenwirksame Erhöhung, eine Verdopplung der Laufzeit und über die 24 Monate hinweg einen Reallohnverlust für uns! Was ist aus der Forderung nach unbefristeter Übernahme der Azubis geworden? Wir müssen den Mut und die Kampfbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen der letzten Wochen und Monate nutzen und Erzwingungsstreiks vorbereiten, um für einen echten Inflationsausgleich zu kämpfen!”


„Da fühle ich mich schon ziemlich verarscht und meine Arbeitsleistung nicht gewürdigt. Dieser Vorschlag von dem Schlichter der Arbeitnehmerseite ist ein ganz schlechter Witz. Dafür brauche ich keine Gewerkschaft! Jetzt gibt’s nur eins: Das Schlichtungsergebnis ablehnen und einen großflächigen Streik ausrufen. Wollen doch mal sehen, wer am längeren Hebel sitzt. Alle Räder stehen still, wenn unser starker Arm das will!”


„Wir müssen alle zusammenhalten und richtig streiken gehen. Es geht um unser Leben und wir müssen den Politikern zeigen, wer die Macht hat.”

„Das kann man auf gar keinen Fall annehmen. Wir werden nur noch verarscht. Bin bereit für einen Streik.”

„Die Ver.di muss sofort die Verhandlungen für gescheitert erklären und die Urabstimmung für einen unbefristeten Streik einleiten. Aufgrund der schlechten Bezahlung wird die Personaldecke im ÖD immer dünner und die Arbeitslast immer mehr. Die Arbeit von Bund und Land werden auf die Kommunen abgewälzt. Folge: Überstunden ohne Ende, überarbeitete Kolleginnen und Kollegen… In den unteren Gehaltsgruppen müssen die Kolleginnen und Kollegen (Vollzeitbeschäftigte) längst ihre Einkommen durch Sozialleistungen aufstocken.”

„Dieser Vorschlag ist so faul, dass er zum Himmel stinkt. Ich hoffe darauf, dass sich niemand von den Zahlen blenden lässt und mal selber nachdenkt und nachrechnet. Schlichtungskommission ist einfach nur lachhaft, was da herumgekommen ist. Eigentlich sollte man auf einen solchen Vorschlag mit 1000.- monatlich mehr Lohn antworten.”

„Fragt sich mal jemand, was im Jahr der Verdi Vorsitzende verdient ? Drum ist er für diesen unsozialen sog. Schlichterspruch. Der hat gut reden bei seinem Einkommen, der knabbert ja nicht am Hungertuch wie viele seiner Mitglieder.”

„Aber ein Generalstreik ist wohl nötig. Beispiel Frankreich einfach mal alles Lahmlegen.”

„Der Vorschlag der Schlichtungskommission ist lachhaft. Mit den Einmalzahlungen ist den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nicht geholfen. Ich bin für einen Streik.“

Urabstimmung und Erzwingungsstreik!

Für einen Erzwingungsstreik und gegen die Kompromisse, die uns vorgeschlagen werden! Das muss die Linie seien, die wir als Beschäftigte in den kommenden Versammlungen, bei Betriebsgruppentreffen und an unserem Arbeitsplatz diskutieren. Ein Abschluss wie bei der Post, welcher unter dem Inflationsniveau ist, der die Belegschaften spaltet, darf es im öffentlichen Dienst nicht geben.

Betriebsgruppen, Vertrauensleute und Gewerkschaftsstrukturen müssen daher bereits jetzt die Belegschaften über das Ergebnis der Schlichtung aufklären und eine Kampagne starten für eine Ablehnung in der Urabstimmung. Es braucht Betriebsversammlungen und öffentlichkeitswirksame Aktionen vor Betrieben, um die Belegschaften auf einen Erzwingungsstreik einzustimmen. Es braucht weitere Streiks, um einen Abschluss zu erkämpfen, der über Inflationsniveau liegt. Das Potenzial dafür ist vorhanden. Um es zu nutzen müssen die Streiktage mit zehntausenden Kolleg:innen ausgeweitet werden und auch mit anderen Bereichen wie den Streiks in der Eisenbahn zusammengelegt werden. Es wäre ein wichtiges Signal an die Regierung, dass die Arbeiter:innen sich einen Sparkurs nicht gefallen lassen.

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