Stellungnahme des Internationalistischen Blocks zum revolutionären 1. Mai Bündnis 2017 in Berlin
Das "Revolutionäre 1. Mai Bündnis" in Berlin wurde in diesem Jahr stellvertretend für den "Stadtpolitischen Block" von der Gruppe RLB (radikale linke | berlin) einseitig gesprengt. Wir spiegeln die Stellungnahme des "Internationalistischen Blocks" hier im Wortlaut. (english version below)
Szeneaction oder gemeinsame Demonstration der radikalen Linken? – Stellungnahme des Internationalistischen Blocks (Berlin) zum revolutionären Ersten Mai 2017
Die „Revolutionäre Erste Mai-Demonstration“ etablierte sich in den letzten Jahren als gemeinsame Großdemonstration verschiedener Spektren der antikapitalistischen Linken in Berlin.
In diesem Jahr wird es keine gemeinsam vorbereitete und organisierte Demonstration geben. Vielmehr hat die RLB (radikale linke | berlin) in Vertretung des „Stadtpolitischen Blocks“ die anderen Blöcke und Organisationen im Bündnis vor vollendete Tatsachen gestellt und die Nichtanmeldung der Demonstration zur Vorbedingung jeder gemeinsamen Arbeit gemacht. Dies wurde erst mitgeteilt, als sich nach mehreren Treffen herausstellte, dass der „Stadtpolitische Block“ dafür im Bündnis keine Mehrheit hatte. Trotz mehrerer Kompromissvorschläge des Jugend- und Internationalistischen Blocks für eine gemeinsame Aktion hat die RLB für den Stadtpolitischen Block alle Verhandlungen abgelehnt.
Dem „Stadtpolitischem Block“ ging es nicht um eine gemeinsame Demonstration, sondern um die Durchsetzung ihres „Konzepts“. Kein Wunder, dass er, wie sich später herausstellte, schon Plakate drucken ließ, bevor sich das Bündnis entschieden hatte. So wurden einfach Fakten geschaffen. Die politischen Argumente all jener, die sich für eine angemeldete Demonstration (Internationalistischer Block und Jugendblock) aussprachen, wurden ignoriert.
Dabei hatten wir Folgendes vorgeschlagen:
1. Die internationale Solidarität mit MigrantInnen und Geflüchteten, mit ArbeiterInnenkämpfen und dem Widerstand gegen Imperialismus und Kolonialismus (Palästina, Kurdistan) sollte ins Zentrum der Mobilisierung und Demonstration gestellt werden. Diese wollen wir mit den Kämpfen in Deutschland und Europa sowie der Mobilisierung gegen den G20-Gipfel verbinden. Der 100. Jahrestag der russischen Revolution und der 30. Jahrestag des revolutionären Ersten Mai sollten einen Bezugspunkte darstellen.
2. Für die Mobilisierung wollen wir einen Schwerpunkt auf die Gewinnung von DemonstrantInnen über die linksradikale Szene hinaus legen: auf Jugendliche, kämpferische ArbeiterInnen, vor allem aber auf Geflüchtete und MigrantInnen. Der Kampf gegen den Rechtsruck in Deutschland und Europa, gegen die Abschiebungen afghanischer und anderer Refugees, sollte zentralen Ausdruck finden, ebenso wie der Kampf gegen die Festigung der Diktatur Erdogans.
3. Dazu halten wir eine Anmeldung für notwendig, um v. a. Geflüchtete möglichst wenig Risiko nicht nur bei der Aktion, sondern auch bei der Mobilisierung auszusetzen.
Das zeigte sich schon in den letzten Jahren, als die Demonstration unter dem Einfluss des „Internationalistischen Blocks“ ein klareres politisches Profil zeigte, die Solidarität mit den Kämpfen in Griechenland, mit den KurdInnen oder mit Palästina thematisierte, und so auch einen sichtbaren, internationalistischen und klassenkämpferischen Inhalt ins Zentrum rückte. Wir denken, dass es eher zu wenig als zu viel von dieser Ausrichtung gab. Schließlich hat diese Ausrichtung auch zu steigenden TeilnehmerInnenzahlen geführt.
Zur politischen Ausrichtung hatte der „Stadtpolitische Block“ und die sie unterstützende IL (G20-Block), genau genommen, kaum etwas gesagt. Für den „Stadtpolitischen Block“ ist dies nämlich nebensächlich. Für sie (und wohl auch für den G20-Block) steht etwas anderes im Vordergrund. Eine „Nichtanmeldung“ wäre nämlich „antagonistischer“, würde einen Akt der „Selbstermächtigung“ darstellen. Hier wird so getan, als zeige sich der „antagonistische“ Gehalt der Demonstration darin, keine Anmeldung zu tätigen. Im Zentrum steht eine Zurschaustellung der Gesinnung, nicht die Gewinnung und Mobilisierung von Menschen über die „Szene“ hinaus. Dieser Ansatz ist nicht „revolutionär“, nicht einmal besonders links, sondern vor allem selbstbezogen. Es geht nicht um die Veränderung von Bewusstsein oder Kräfteverhältnissen für bestimmte politische Inhalte und Mobilisierung für konkrete Forderungen, sondern um das „Selbst“ und die eigene Inszenierung. Der „Stadtpolitische Block“ fetischisiert eine bestimmte Aktionsform, Szenekultur oder eventbezogener Selbstdarstellung und stellt sie über das politische Ziel.
Die „revolutionäre Erste-Mai-Demonstration“ wollen wir nicht bloß „für uns“ organisieren, sondern zur Herstellung einer größeren, über das „linksradikale“ Spektrum hinausgehenden Einheit, damit diese im Kampf gegen die Angriffe von Regierung und Kapital genutzt werden kann. Antirassismus sollte dabei im Zentrum stehen und die Belange von MigrantInnen und Refugees thematisiert werden.
Eine angemeldete Demonstration bietet, so das zentrale Argument des „Internationalistischen Blocks“, dafür weit günstigere Voraussetzungen. Ohne Anmeldung sind SchülerInnen und vor allem Geflüchtete an Schulen und in Unterkünften einer viel größeren Repression ausgesetzt, wenn sie dort mobilisieren. Gerade für Refugees, die von Abschiebung bedroht sind, bedeutet das ein zusätzliches, ernstes Risiko.
Das trifft letztlich auch auf die Demonstration selbst zu. Gibt es keinen legalen Versammlungort , sind sie schon im Vorfeld noch leichter polizeilicher Willkür ausgesetzt, die auch am 1. Mai rassistisch selektieren wird. Die Tatsache, dass auch eine angemeldete Aktion nicht vor Willkür schützt, ist kein Gegenargument. Es zeugt nur von politischer Leichtfertigkeit und Verantwortungslosigkeit. Es wird billigend in Kauf genommen, dass Refugees, aber auch SchülerInnen vor die Alternative gestellt werden, sich einer zusätzlichen Gefahr auszusetzen oder der Demonstration fernzubleiben.
Wir fordern alle Gruppierungen, die an einer klassenkämpferischen, internationalistischen Demonstration Ersten Mai interessiert sind, auf, mit uns gemeinsam an diesem Tag und in der Mobilisierung gegen den G20-Gipfel aktiv zu werden. Deshalb laden wir vom „Internationalistischen Block“ zu einem Bündnis für einen revolutionären 1.Mai und einer revolutionären-1.Mai-Demo ein. Kommt zahlreich um 16 Uhr zum Lausitzer Platz.
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Statement of the Internationalist Block on the “Revolutionary First May 2017” in Berlin
– Scene reaction or joint demonstration of the radical left?
In recent years, the „Revolutionary First May Demonstration“ has established itself as a joint demonstration of various currents of the anti-capitalist left in Berlin.
There will be no jointly prepared and organized demonstration this year. On the contrary, the RLB (radical left berlin), representing the „Stadtpolitischer Block“, put the other blocs and organizations in the alliance before completed facts and made the non-registration of the demonstration a precondition of any joint work. This was only announced after several meetings, when the „Stadtpolitischen Block“ couldn’t find any majority. According to their representatives there can be no compromises on this issue.
The „Stadtpolitischen Block“ was not aiming for a joint demonstration, instead it aimed for the enforcement of its „concept“. No wonder that, as it was later announced, it had already printed posters before the alliance had even decided. Facts should be created. These are now also on the table. The political arguments of all those who voted for a declared demonstration (Internationalist Block and Youth Block) were ignored.
We had suggested the following:
1. International solidarity with migrants and refugees, with workers‘ struggles and the resistance to imperialism and colonialism (Palestine, Kurdistan) should be placed at the center of the mobilization and demonstration. We want to combine these with the struggles in Germany and Europe as well as the mobilization against the G20 summit. The 100th anniversary of the Russian Revolution and the 30th anniversary of the revolutionary First May should have been reference points.
2. For the mobilization, this should mean that we wanted to focus on mobilizing people outside of the left-wing scene. That is, to put an effort on mobilizing young people, combative workers, but especially refugees and migrants. The struggle against the rise of the right wing in Germany and Europe, against the deportations of Afghan and other refugees, should find a central expression as well as the struggle against the consolidation of the dictatorship of Erdogan.
3. To this end, we considered and still consider the need for a registration of the demonstration in order to avoid as much risk as possible not only in action, but also during the mobilization.
Regarding the political orientation of the demonstration, the „Stadtpolitischer Block“ and the supporting IL / resp. G20 block, hardly said anything. For the „Stadtpolitischer Block“ this is secondary.
This has already been demonstrated in recent years, when the demonstration under the influence of the „Internationalist Block“ showed a clearer political profile, which focused on solidarity with the struggles in Greece, with the Kurdish people or with Palestine – and thus also a visible, internationalist and class militant content became the focus of the demonstration. Some may complain. We think that there was rather too little than too much of this orientation.
For the „Stadtpolitischer Block“ (and probably also for the IL), something else is in the foreground. A „non-registration“ would be „antagonistic“, would be an act of „self-empowerment“.
This is done as if the „antagonistic“ content of the demonstration is not to register. At the center is a display of ones attitude. Not the mobilization of people beyond the „scene“. This approach is not „revolutionary“, not even very leftist, but above all very self-centered. It is not about the change of consciousness or power relations for certain political contents, but about “oneself”. The „Stadtpolitischer Block“ fetishizes a certain form of action, a culture of a underground scene or self-referred event happening and places it above the political goal.
We want to organize the „revolutionary first-of-May demonstration“ not just „for us“, but to build a larger unity beyond the „radical left“ spectrum so it can be used in the struggle against further attacks of government and capital. Anti-racism should be at the center and the issues of migrants and refugees should be addressed.
According to the central argument of the „Internationalist Block“, a registered demonstration offers much more favorable conditions.
Without a registration, pupils, especially refugees, are subjected to much greater repression when mobilizing. Especially, for refugees who are threatened by deportation, this means an additional, serious risk.
This ultimately also applies to the demonstration itself. If there is no legal collection point, they are exposed to even more arbitrariness by the police in the run-up, which will also be selected racially on the first of May. The fact that a registered activity does not protect itself against arbitrariness is not a counter-argument. It is evidence of political ease and irresponsibility.
It is accepted lightly that refugees, but also pupils, are faced with the alternative of exposing themselves to an additional danger or staying away from the demonstration. For which purpose?
We call on all groups that are interested in a class militant, internationalist demonstration on the first of May to join us on this day and in the mobilizing against the G20 summit. Therefor we, the „Internationalist Block“, invite all forces for a alliance for a revolutionary First May and for a revolutionary first may demonstration. Come in drawds to Lausitzer Platz at 16h.