Staat und Kirche vereint: Anti-Abtreibungstag in bayerischen Schulen eingeführt

03.02.2021, Lesezeit 3 Min.
1
Der reaktionäre 1000 Kreuze Marsch in Fulda blieb nicht ohne Gegenprotest, 2019. Foto: Simon Zinnstein

Vor kurzem wurde bekannt, dass jährlich in den Schulen Bayerns ein “Tag fürs Leben” vorgesehen ist. Laut Regierung sei damit ein Tag an Schulen gemeint, bei dem die “Würde des ungeborenen Lebens geschützt werden soll”. Tatsächlich stellt dieses Projekt nur einen weiteren Einschnitt für gebärende Menschen dar, frei über ihren Körper entscheiden zu können.

Die Regelung zum Projekttag wurde schon 2016 unter Seehofer in die “Richtlinie für die Familien- und Sexualerziehung” aufgenommen. Durchgesetzt wurde sie von ultrakonservativen und fundamentalistischen Bündnissen, wie dem “Marsch fürs Leben” und der „Demo für alle“, bei der auch Beatrix von Storch organisiert ist. Diese Kräfte hetzen offen gegen Sexualaufklärung, Feminismus und LGBTQIA+ Menschen.

Es war auch ein Mitglied der AfD, der die Richtlinie von 2016 wieder ins Licht der Aufmerksamkeit rückte. Der Abgeordnete Jan Schiffers erkundigte sich durch eine Anfrage beim Bayerischen Kultusministerium, an wie vielen Schulen der “Aktionstag für das Leben” durchgeführt worden war und an welchen dieser in den letzten 5 Jahren nicht stattgefunden hatte. Eine eindeutige Antwort gab es nicht, denn die Durchführung lege in Eigenverantwortung der Schulen selbst. Wahrscheinlich wurde der “Anti-Abtreibungstag” bisher nur an wenigen Schulen Bayerns durchgeführt. Dennoch ist es wichtig diese Einschnitte zu thematisieren.

Schließlich stützen Rechte und die selbsternannten “Lebensschützer:innen” sich weiterhin auf die aktuelle Gesetzeslage. Denn in Deutschland bleiben Schwangerschaftsabbrüche weiterhin gesetzwidrig und strafbar. Nur unter bestimmten Auflagen bleiben diese straffrei. Mit dem Paragraf 218 StGB werden also weiterhin Schwangere und Ärzt:innen kriminalisiert für die Durchführung einer gesundheitlichen Leistung. Erst neulich wurde die Ärztin Kristina Hänel für die Verbreitung von Informationen über Schwangerschaftsabbrüche verurteilt.

Die gleichen Kräfte, die gegen Abtreibungen mobil machen, stützen sich auf Institutionen, wie Familie, Ehe und Nationalstaat. Es ist kein Zufall, dass jene Kräfte sich immer wieder auf Ausdrücke des Kapitalismus, Patriarchat und Imperialismus beziehen. Sie machen Politik im Interesse des Kapitals und nicht für uns arbeitende Menschen. Die Angriffe auf die reproduktive Selbstbestimmung und der Bezug auf Familie schränkt die Körper von vor allem Frauen (aber auch trans Männern, Interpersonen, nichtbinären Menschen und anderen) ein und reproduziert geschlechtliche Rollenbilder, die neue Arbeitskräfte und die Übernahme reproduktiver Aufgaben von Frauen sichert.

Es zeigt sich: Frauen sollen und können im Kapitalismus nicht frei über ihre Körper entscheiden. Erkämpfte Rechte, wie die Aussetzung einer Strafe bei einem Abbruch sind nicht genug und werden immer wieder von rechten Kräften angegriffen.

Doch wie wehren wir uns gegen die Angriffe und kämpfen für sexuelle Selbstbestimmung?

Durch erhöhte Unterdrückung und Ausbeutung soll das Kapital gestärkt werden, doch wir dürfen uns durch diese nicht spalten lassen. Ein Erstarken rechter Kräfte ist ein Angriff auf die gesamte Klasse. Gerade deshalb ist es wichtig einen gemeinsamen Kampf für sexuelle Selbstbestimmung und reproduktive Rechte zu führen. Das schaffen wir nicht nur durch vereinzelte Demos oder Artikel. Wir brauchen eine Arbeiter:innenbewegung, die sich an Schulen, Unis und Betrieben organisiert und für unsere Interessen kämpft und nicht der AfD, den Fundis und der CDU/CSU die Bühne überlässt.

Weg mit §§218 und 219a! Für einen Ausbau von Schwangerschaftsabbruchsmöglichkeiten und freiwilligen Aufklärungsangeboten. Wir brauchen kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln und Abtreibungen. Ein formales Recht reicht nicht. Jede:r sollte frei über ihren:seinen Körper bestimmen können – nicht nur die, die es sich leisten können.

Mehr zum Thema