SPD: Retterin des Vaterlandes

15.12.2017, Lesezeit 3 Min.
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Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz spricht am 24.11.2017 auf dem Juso-Bundeskongress im E-Werk in Saarbrücken (Saarland) zu den Delegierten. Foto: Oliver Dietze/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

"In der Stunde der Gefahr lassen wir das Vaterland nicht im Stich." – Friedrich Ebert zum ersten Weltkrieg 1914, und Martin Schulz zur Großen Koalition 2017. Nachdem die SPD monateland eine Regierungsbeteiligung ausschloss, kommt sie nun doch ihrer staatstragenden „Pflicht“ nach.

Der SPD-Parteivorstand hat heute einstimmig beschlossen, Gespräche mit der Union für eine Neuauflage der Großen Koalition aufzunehmen. Damit wurde dem Beschluss des SPD-Bundesparteitags am vergangenen Wochenende entsprochen, auf eine erneute Regierungsbeteiligung hinzuarbeiten.

Bei einer Pressekonferenz im Anschluss an die Parteivorstandssitzung verkündete Parteichef Martin Schulz den Fahrplan für die kommenden Monate. In der kommenden Woche gäbe es ein erneutes Gespräch mit den Unionsparteien, um die genauen Zeitpläne für die Gespräche festzulegen. Grundsätzlich sei geplant, dass die Sondierungsgespräche Anfang Januar beginnen und bis zur zweiten Januarwoche abgeschlossen sein sollen. Im Anschluss würde ein Sonderparteitag der SPD, dessen Termin provisorisch auf den 14. Januar festgelegt wurde, über die Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen entscheiden.

So weit, so erwartbar. Die Periode kurzer Unsicherheit, ob die SPD doch auf ihrem Wort nach den Wahlen bestehen würde, in die Opposition zu gehen, ist nun zu Ende. Allerhöchstwahrscheinlich wird in den ersten Monaten 2018 eine neue schwarz-rote Koalition vereidigt werden. Endlich wieder eine „möglichst stabile Regierung“ für die Interessen des deutschen Kapitals, nach langen Monaten geschäftsführender Regierung. Die politische Krise, die nach dem Scheitern der „Jamaika“-Sondierungen entstanden war, wird mit Hilfe der SPD wieder beendet. Wie so oft in ihrer Geschichte zeigt die SPD, dass ihr die staatstragende Verantwortung wichtiger ist als die Interessen ihrer Wähler*innenbasis.

Machtkampf zwischen Schulz und Gabriel

Doch auch wenn die Entscheidung der Parteiführung einstimmig war, heißt das nicht, dass der innerparteiliche Machtkampf zwischen Martin Schulz und Sigmar Gabriel nun beendet wäre. Der Sondierungskommission, die die Gespräche mit der Union führen soll, wird Gabriel laut Aussage von Schulz nämlich nicht angehören:

Neben Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles sollen ihr die sechs Parteivizes (Olaf Scholz, Natascha Kohnen, Malu Dreyer, Torsten Schäfer-Gümbel, Manuela Schwesig, Ralf Stegner), Generalsekretär Lars Klingbeil, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der nordrhein-westfälische SPD-Chef Michael Groschek und die saarländische Vizeministerpräsidentin Anke Rehlinger angehören.

Die Nichtbeteiligung von Gabriel, einer der wichtigsten Figuren in der letzten GroKo, an den Sondierungsgesprächen hat offiziell nur damit zu tun, dass keine amtierenden Minister*innen an den Sondierungen beteiligt sein sollen, sondern „nur die engere Parteiführung“. Doch natürlich ist Gabriel, wenn auch nicht offiziell, dann jedenfalls de facto eine zentrale Führungsfigur der SPD, genauso wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Eine andere Erklärung liegt deshalb nahe: So hatte in der vergangenen Woche die FAZ gemutmaßt, dass sich Martin Schulz selbst um das Außenministeramt bewerben wolle:

In einem Kabinett Merkel IV wären die beiden, die sich nicht mehr viel Freundliches zu sagen haben, Konkurrenten um den Außenministerposten. Auch darum geht es also nun – bei dem „ergebnisoffenen“ Prozess in der SPD.

Gabriel aus den Gesprächen herauszuhalten, könnte deshalb auch ein Versuch von Schulz sein, sich selbst für die Koalitionsverhandlungen besser in Stellung zu bringen.

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