Spanische Hotelkette feuert „Las Kellys“: „Ihr Reichtum ist die Ausbeutung von Arbeiterinnen“

21.01.2020, Lesezeit 8 Min.
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Seit langem erleiden "Las Kellys", die selbstorganisierten Reinigungskräfte im Spanischen Staat, Entlassungen und Schikane von Seiten des Olivia Hotels Balmes. Die Arbeiterinnen werden entlassen, weil sie krankgeschrieben sind, weil sie organisierte Arbeiterinnen sind, weil sie Migrantinnen sind und weil sie Kämpferinnen sind.

FOTO: ID.ES

Die Türen des luxuriösen Olivia Hotels Balmes in Barcelona sind zum Schauplatz von Kundgebungen gegen die Entlassungen der Reinigungsarbeiterinnen geworden. Denn der Besitzer, der Unternehmer Manuel Valderrama, hätte sich nie ausgemalt, dass unter der Putzuniform viele bereits das grüne T-Shirt hatten, das „Las Kellys“ repräsentiert. Die vom Hotel angegebenen Gründe für die Entlassungen sind lächerlich: „es gibt keine Arbeit“, „wir brauchen dich nicht“, „so ist das Hotelgeschäft“. Aber wie Las Kellys sagen: „Das Hotel ist sauer, weil wir uns im Hotel mit unserer Gewerkschaft organisiert haben, um zu fordern, dass unsere Rechte respektiert werden.“

Die erste Kundgebung fand 9. Januar statt – eine Notfallkundgebung, als Fatima nach nicht mehr als einer krankheitsbedingten Beurlaubung entlassen wurde. Übrigens handelte es sich hierbei um eine Krankschreibung, die durch einen Arbeitsunfall verursacht wurde: Beim Putzen eines Zimmers verfing sie sich in einem Laken, stürzte und erlitt einen Knochenbruch.

„Wir leben mit diesem Job in Gefahr, wenn wir z.B. Balkone oder Fenster mit Blick auf die Straße reinigen müssen und dabei der Höhe ausgesetzt sind“, erklärt Roxi. „Ja, oder wenn wir Bleichmittel einatmen, das übrigens verboten ist – generell alle Giftstoffe, die in Reinigungsmitteln enthalten sind“, erklärt Miriam.

Die zweite Kundgebung fand am Samstag, den 11. Januar, statt, als eine weitere Arbeiterin, Mayrenge, entlassen wurde. Sie sind nicht allein, sie werden von anderen Kollektiven begleitet, die gegen die Prekarität und für die Aufhebung der Arbeitsreformen kämpfen, Arbeiterinnen desselben Hotels, die bereits vorher entlassen wurden, wie Juliana: „Sie haben mich entlassen, als ich meinen Urlaub beanspruchte, ich hatte vierzehn Tage und sie wollten mir nur fünf geben. Die Leitung sagte: ’so etwas verlangt man im Hotelgewerbe nicht, Süße‘. Sie haben mir die vierzehn Tage zwar gegeben, feuerten mich aber, als ich zurückkehrte. Ich habe allerdings für meine Rechte gekämpft und bin immer verantwortungsvoll mit meiner Arbeit umgegangen. Sie haben mich gefeuert, weil ich für meine Rechte gekämpft habe“, erzählt sie.

Auch Maria ist nach sechs Jahren Arbeit entlassen worden, sie kennt die Politik der Unternehmen seit der Gründung des Hotels im Jahr 2013: „Seit der Eröffnung von Olivia Balmes haben wir jedes Jahr mehrere externe Unternehmen durchlaufen, immer für maximal zwei Jahre. Jedes Jahr machten sie uns einen neuen Werkvertrag und tauschten uns immer wieder aus. Aber das gilt nur für die ersten von uns, mittlerweile sind die Verträge befristet und wenn sie das Unternehmen wechseln, wird das Dienstalter nicht anerkannt. Früher habe ich mit 40-Stunden-Verträgen für 900 Euro im Monat gearbeitet, letztendlich wurden wir aber nach der Anzahl der gemachten Zimmer bezahlt. Jetzt müssen sie 16 Zimmer pro Tag putzen, vorher waren es 14. Wenn du es nicht schaffst, weil es einfach unmöglich ist, setzen sie die fehlenden Zimmer für den nächsten Tag drauf, und verlangen sogar, dass du sie im Urlaub putzt, oder sie bezahlen dich direkt nur für die Zimmer, die du gemacht hast, was aber weniger Geld bedeutet. Im Gegenzug bezahlen sie dich aber nicht, wenn du es schaffst, mehr Zimmer zu putzen.“

„Außerdem bekamen viele Frauen keinen Arbeitsvertrag, weil sie die Sprache nicht beherrschten, da es viele Arbeiterinnen gibt, die Migrantinnen sind. Bei so vielen Unternehmen mit so vielen Vertragsänderungen blickten sie nicht mehr durch und das Hotel nutzte das schamlos aus“, sagt Mayrenge.

Olivia Hotels Group, das von Politik und Institutionen legitimierte, profitable Geschäft

Manuel Valderrama ist der Eigentümer seines erfolgreichen Unternehmens. Er begann 1979 als Unternehmer mit Bauunternehmen und baute 1988 eine Kette mit zentral gelegenen Luxushotels in Barcelona und Mallorca auf, während er das luxuriöse Cava & Hotel Mastinell übernahm. Darüber hinaus gehören 10% der Aktien von Olivia Hotels zur Fondese Gruppe – zu deren Direktor*innen Gisela Valderrama, die Tochter des Unternehmers, gehört –, dessen Gründer Juan María Camp Rof der Besitzer der CiutatHotels mit Hotels in Barcelona, Mollet del Vallès und Granollers ist. Seine ganze Familie, von seiner Frau bis zu den Kindern, führt die Betriebe, die sich neben der Gastronomie auch dem Wein widmen. Ein großes Familienimperium, in dem zum Beispiel seit 2017 seine Tochter Gisela CEO der Olivia Hotels ist, als die Kette laut dem Barcelona Business Register einen Umsatz von mehr als 34 Millionen Euro einstrich.

Kommen ihre Reichtümer aus ihrem „Unternehmergeist“, wie die Kapitalist*innen behaupten, um sich mit einer Meritokratie zu rechtfertigen, um ihren „Ausbeutergeist“ und in vielen Fällen ihre Korruption zu vertuschen? Valderrama besaß eine der 35 Unterkünfte für Tourist*innen, deren Lizenz 2015 durch das Lizenzmoratorium und 2017 durch den „Peuat“-Plan, der den Bau neuer touristischer Einrichtungen im Zentrum von Barcelona verhindert, gestrichen wurden. In jenem Jahr forderte er die Wiederaufnahme des berühmten Projekts zum Bau eines Luxushotels vor dem Palau de la Música. Berühmt, ja, für den Korruptionsskandal, mit dem der Geschäftsmann scheinbar auch zu tun hatte und vor Gericht gestellt wurde, weil er Provisionen in Höhe von 900.000 Euro an Fèlix Millet gezahlt haben soll. Der Geschäftsmann leugnete die Bestechungen und wurde freigesprochen. Zu dieser Zeit lag die Stadtplanungspolitik von Barcelona in den Händen des der Sozialistischen Partei Kataloniens (PSC).

Im August 2019 akzeptierte der Oberste Gerichtshof von Katalonien (TSJC) eine vom Geschäftsmann eingelegte Berufung und erklärte den Sonderplan für Touristenunterkünfte (Peuat) für nichtig. Jetzt hat er freie Bahn zu bauen, was immer er will.

In der Zwischenzeit beschlossen Las Kellys, aufzudecken, was hinter all den Millionen steckt, die die Taschen dieses Geschäftsmannes füllen: „Das Hotel stellte die Firma ein, die am billigsten ist, die Firmen senken ihre Ausgaben auf unsere Kosten. Die Arbeiterinnen verdienen immer weniger. Ihr Reichtum ist die Ausbeutung von Hunderten von Arbeiterinnen“, fährt Maria fort.

Bei der Kundgebung, während die anderen riefen: „Für einen Euro fünfzig, lasst den Hotelier zahlen“, haben wir nachgerechnet. Die Gleichung ergab, dass jedes Zimmer die Gäste mindestens 100 Euro, meistens aber 200 Euro kostet, während die Reinigerinnen aber nur zwischen 800 und 900 Euro für einen 10-Stunden-Arbeitstag bekommen, zwei davon unentgeltlich. Warum? Sie erklären es uns: „Wir machen nie pünktlich Feierabend. Es gibt hier 128 Zimmer, damals waren wir 14 Arbeiterinnen um alles zu putzen, heute sind wir nur noch fünf! 308 Zimmer pro Monat. Die Buchhälterin schreibt jedes gemachte Zimmer auf und wenn sie sieht, dass du deinen Verpflichtungen zum Ende des Monats nicht nachgekommen bist, nimmt sie dir den Urlaub weg, damit wir auf die Gesamtzahl kommen. Anstatt fünf Tage in der Woche zu arbeiten, arbeiten wir also sieben, ohne für die Tage bezahlt zu werden, die wir ihnen angeblich schuldig seien, weil wir nicht die gesamte Anzahl von Zimmern erledigt haben“, erklärt Fatima.

„Wir haben mehr Schmerzen, mehr Verletzungen, wir haben keine Zeit zu essen und arbeiten hungrig, weil wir es nicht schaffen zu essen, wir werden immer kränker und viele von uns müssen sich krankschreiben lassen, weil wir super erschöpft sind. Der Arbeitgeber zählt die Krankmeldungen, und wenn die Zeit für weniger Arbeit gekommen ist, sagen sie, ‚raus auf die Straße‘, und der Vertrag ist vorbei“, sagt Juliana.

„Ja, ich habe heute noch nichts gegessen, weil ich von den sechzehn Zimmern nur zwölf geschafft habe. Und Krankheiten werden nicht als Berufskrankheiten anerkannt. Das ist Sklaverei, sie nehmen uns den Urlaub weg“, sagt Mayrenge, die die Kundgebung am Samstagmorgen einberief. Die Netzwerke von Las Kellys aus Barcelona kündigten an: „Das Hotel Olivia Balmes lässt unsere gewerkschaftlich organisierten Kollegin nicht mehr zur Arbeit gehen. Wir rufen alle auf, die kommen können, um uns zu unterstützen. Wenn sie eine von uns angreifen, greifen sie uns alle an“.

Und da waren sie um 9 Uhr morgens, mit dem Megafon in der Hand, unermüdlich, um trotz der Schmerzen in ihren Körpern ihren Kampf gegen die Entlassungen und gegen die durch die Arbeitsreformen legitimierten Auslagerungen fortzusetzen. Reformen, die offenbar auch von der neuen „fortschrittlichen“ Regierung nicht infrage gestellt werden, die nur beabsichtigt, sie zu begrenzen und nicht das Outsourcing zu beseitigen.

Dieser Artikel erschien zuerst am 11. Januar 2020 bei IzquierdaDiario.es.

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