Solidarität mit Gina-Lisa
Am 8. August ging der Prozess von Gina-Lisa Lohfink in eine neue Runde. Dieses Flugblatt verteilten Aktivist*innen von Brot und Rosen (Frauen* der Revolutionären Internationalistischen Organisation und der Revolutionär-kommunistischen Jugend) auf der Solidaritätskundgebung vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin.
Heute geht das Verfahren gegen Gina-Lisa Lohfink in eine neue Runde. Wir sind hier, um unsere Solidarität mit ihr auszudrücken. Wenn eine von uns angegriffen wird, wenn einer von uns nicht geglaubt wird, dann werden wir alle angegriffen und unglaubwürdig gemacht. Wir sind solidarisch mit Gina-Lisa, nicht nur, weil wir denken, dass ihr großes Unrecht geschieht, sondern weil wir damit auch uns und unsere Rechte verteidigen. Unsere Organisation gegen ihre Gewalt!
Seit wir das letzte Mal für Gerechtigkeit für Gina-Lisa demonstriert haben, ist einiges passiert. Der einfache Grundsatz „Nein heißt Nein“, den wir letztes Mal so laut gerufen haben, wurde im Gesetz verankert. Höchste Zeit. Schon seit langem fordern Feminist*innen das. Aber es ist trotzdem kein Grund zum feiern, denn er wurde mit rassistischen Mitteln durchgesetzt. Gleichzeitig wurden mit ihm Abschiebungen erleichtert.
Damit schaffen es die Rassist*innen in der Regierung, sexualisierte Gewalt als Thema der „Anderen“ darzustellen. Sie versuchen so auch, Feminist*innen und Antirassist*innen zu spalten, in deutsche Frauen auf der einen Seite und von Rassismus betroffene Frauen und Männer auf der anderen Seite. Das dürfen wir uns nicht bieten lassen. Wir müssen umso lauter rufen „Gegen Sexismus UND gegen Rassismus!“.
Gleichzeitig können wir nicht überrascht sein. Denn es wäre falsch vom Staat und der Regierung eine echte Verbesserung unserer Lage zu erwarten. Alle Rechte und Positionen, die Frauen in den letzten Jahrzehnten erreicht haben, wurden uns nicht geschenkt, sondern sie wurden erkämpft in Momenten der Mobilisierung und des verschärften Klassenkampfs.
Währenddessen hält der Staat mit aller Macht diejenigen Strukturen aufrecht, die die weitere Unterdrückung von Frauen, LGBTI* und von Rassismus Betroffenen garantieren, zum Beispiel durch die Unterstützung der geschlechtlichen Arbeitsteilung und der Kleinfamilie, durch Lohndiskriminierung, Racial Profiling und Polizeigewalt. Denn es ist in seinem Interesse, die Ausgebeuteten und Unterdrückten zu spalten, um den Kapitalist*innen ihre Profite zu garantieren.
Sie müssen Angst davor haben, dass wir uns vereinigen und gemeinsam gegen sie kämpfen. Deshalb gibt uns die Regierung jetzt das Trostpflaster des „Nein heißt Nein“ (von dem abzuwarten ist, was er in der Praxis tatsächlich bedeutet), um davon abzulenken, dass wir sehr viel mehr fordern können. Sie gibt es uns mit rassistischen Mitteln, um zu verhindern, dass wir uns vereinigen und gefährlich werden.
Und der Staat gaukelt uns – gemeinsam mit reformistischen Feministinnen – vor, dass wir die sexualisierte Gewalt mit besseren Gesetzen bekämpfen können. Ja, wir brauchen bessere Gesetze, um unsere Leben zu erleichtern. Aber wir dürfen nicht der Illusion verfallen, dass sie die Gewalt beenden können. Wenn wir auf Gesetze vertrauen, tun wir so, als ob Gewalt eine individuelle Tat einer individuellen Person gegen eine von uns ist. Die Gewalt gegen Frauen und andere Unterdrückte ist aber systematisch, sie ist verankert im patriarchalen Kapitalismus, in dem wir leben. Um sie wirklich zu bekämpfen, müssen wir diese Gesellschaft stürzen, als Frauen gemeinsam mit der Arbeiter*innenklasse.