Solidarität mit der Hörsaalbesetzung in Hamburg. Gute Lern- und Lehrbedingungen jetzt!

12.10.2021, Lesezeit 4 Min.
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Foto: TVStud Hamburg

Seit Montag halten Studierende und Beschäftigte der Universität Hamburg einen Hörsaal besetzt. Die Aktivist:innen organisieren sich gegen ihre prekären Arbeits- und Studienbedingungen und rufen zum bundesweiten #Streiksemester auf. Wir solidarisieren mit der Besetzung und unterstützen den Aufruf zum Aufbau einer bundesweiten Kampagne von Studierenden und Beschäftigten.

„Prekäre Arbeit, Studieren auf Schulden, Sparpolitik? Wir haben die Schnauze voll!“
Dieser Satz schmückt seit gestern ein Transparent, das Studierende und Beschäftigte beim Hörsaal im Von-Melle-Park 9 an der Universität Hamburg angebracht haben. Schnell verbreitet sich bundesweit die Nachricht: Der Hörsaal ist besetzt.

Die Aktivist:innen des Besetzungskomitees haben den Hörsaal in ein Streikcafé umgewandelt und wollen damit einen Raum „zum Austausch und der Vorbereitung einer gemeinsamen Streikbewegung für bessere Arbeits-und Studienbedingungen“ schaffen, wie es in der Stellungnahme zur Besetzung heißt.

Diese Besetzung kommt pünktlich zum Semesterstart in Hamburg und vielen weiteren Bundesländern. Die Situation ist dabei keineswegs nur euphorisch, wie es viele Universitätsleitungen jetzt darstellen wollen, sondern immer noch geprägt von der anhaltenden Corona-Pandemie, die studieren und arbeiten an den Universitäten in den letzten anderthalb Jahren zu einer großen Herausforderung gemacht hat. Neben der sozialen Isolation wirkte sich auch der Jobverlust, den tausende Studierende in ganz Deutschland beklagen mussten, negativ auf die finanzielle, psychische und physische Situation des größten Teils der Universitätsangehörigen aus. Durch Corona wurde die Verschuldungsgefahr für Studierende enorm erhöht, sie war aber auch vorher schon da. Wer sich durch den bürokratischen Dschungel kämpft um BAföG zu erhalten, steht am Ende vor Rückzahlungsforderungen und muss durch die geringen Sätze und die steigenden Lebenserhaltungskosten (wo die explodierenden Mieten, aber auch die steigende Inflation eine Rolle spielen) trotzdem oft noch einen Nebenjob machen oder einen Studienkredit aufnehmen. Wer einem Nebenjob an der Universität nachgeht steht gut da, die Hochschulen haben schließlich ein Interesse an einer guten Versorgung ihrer Angehörigen, möchte man meinen. Die Realität sieht jedoch anders aus: studentische Hilfskräfte verdienen in Hamburg 10,91 Euro die Stunde und liegen damit unter dem Mindestlohn für bei der Stadt angestellte Beschäftigte, von der sie als einzige Berufsgruppe ausgenommen sind.

Aber auch für viele Lehrende im akademischen Mittelbau, deren Arbeitsbedingungen genauso wie bei den studentischen Beschäftigten von schlechter Bezahlung, Befristung und Prekarität gekennzeichnet sind, stellte die Pandemie eine enorme Herausforderung dar. Mit der allgemeinen Begeisterung der Unileitungen nach über drei Semestern Zoom und Webex jetzt wieder zur Präsenzlehre wechseln zu können, kann nicht darüber hinweg getäuscht werden, dass gerade durch das Coronavirus die enorm angespannte Situation in den Universitäten für alle sichtbar wurde. Jahrelange Kürzungspolitik in der Bildung hat zu dieser Lage geführt, die einen Einfluss auf die studentischen Beschäftigten und Dozierenden hat und damit auch die Qualität der Lehre massiv beeinflussen kann, wenn schlicht die Zeit nicht da ist, neben all der unbezahlten Arbeit die Seminare noch ordentlich vorzubereiten.

Eine blinde Rückkehr zum Zustand vor Corona ist unmöglich und für Studierende und Beschäftigte der Universitäten nicht tragbar. Vor diesem Hintergrund wehren sich die Besetzer:innen des Hörsaals an der Universität Hamburg und gehen in die Offensive. Dass der Kampf von studentischen Beschäftigten eine enorme Schlagkraft entfalten kann, die auch zu Verbesserungen führt hat auch der Kampf um einen TVStud in Berlin gezeigt. In Berlin haben die studentischen Beschäftigten einen Tarifvertrag erkämpft. Bundesweit engagieren sich Beschäftigte für die Ausweitung des TVStuds.

Die Aktivist:innen des Besetzungskomitee stellen ihre Besetzung in einen bundesweiten Kampf: Sie wollen nicht einfach Solidarität, sondern einen vereinten Kampf von Studierenden und Beschäftigten zu führen, der sich nicht auf einzelne Städte beschränkt, sondern zu einer bundesweiten Kampagne heranwächst. Studierende und Beschäftigte in Städten wie München, Marburg, Bremen, und unzähligen anderen teilen die miserablen Arbeits- und Lernbedingungen an den Universitäten. Es ist Zeit mit diesen Zuständen zu brechen. 

Wir solidarisieren uns als Klasse Gegen Klasse mit den Besetzer:innen des Hörsaal im Von-Melle-Park 9 an der Universität Hamburg, und unterstützen ihre Forderungen:

  • Solidarität mit dem Arbeitskampf der Studentischen Beschäftigten: #TVStud jetzt!
  • #stopthecuts Gegen die Sparpolitik, für die Ausfinanzierung der Hochschulen
  • Kein Studieren auf Schulden – Mehr BAföG und für alle!
  • #IchBinHanna – Sofortige Entfristung der Arbeitsverhältnisse im Akademischen Mittelbau!

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