Solidarität mit den Hafenstreiks! Gemeinsam gegen Waffenlieferungen!

08.06.2024, Lesezeit 8 Min.
Gastbeitrag

Erklärung der untenstehenden Organisationen und Einzelpersonen zu den anstehenden Hafenstreiks in Deutschland. 

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Hamburger Hafenarbeiter:innen im Streik (Archivbild). Bild: Inés Heider (KGK)

Die Beschäftigten der deutschen Seehäfen befinden sich aktuell in Tarifverhandlungen. Tausende Hafenarbeiter:innen, die in der Gewerkschaft ver.di organisiert sind, fordern drei Euro mehr Lohn und Anhebung der Schichtzuschläge. Die Streiks haben begonnen. Angesichts der starken Inflation und der immer weiter steigenden Rekordgewinne sind diese Forderungen das Mindeste, was den Hafenarbeiter:innen als wirklichen Produzenten dieses Reichtums zusteht. Ebenfalls kämpfen die Hafenbeschäftigten gegen die Privatisierung ihrer Betriebe, die potenziell zu Entlassungen führen kann. 

Die Stadt Hamburg hat mit dem Reederei-Riesen MSC die Privatisierung der HHLA ausgehandelt- auch dagegen richtet sich der Arbeitskampf. Die Auswirkungen dieses Deals gehen über die konkrete Hafenbelegschaft, der in aller Voraussicht massive Kündigungswellen drohen, hinaus und erstreckt sich auf die gesamte Bevölkerung Hamburgs. Der Hafen ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Hansestadt und der Verlust dieser Gelder wird sich zwangsläufig in weiteren Kürzungen im bereits chronisch unterfinanzierten Sozialwesen niederschlagen und so auf die Schultern aller Arbeiter:innen verlagert.

Wir drücken unsere volle Solidarität mit den Hafenarbeiter:innen und ihren Forderungen aus!

Eine weitere wichtige Bedeutung dieses Kampfes entsteht durch die Waffenlieferungen, die von deutschen Seehäfen getätigt werden. Dabei werden insbesondere die Waffenlieferungen nach Israel zunehmend kritisiert. Erfreulich in diesem Sinne ist, dass an den Streiktagen de facto jegliche Waffenlieferungen, unter anderem die nach Israel, blockiert werden.

Nachdem zum zweiten Jahr in Folge die Ukraine auf Platz 1 der Empfänger deutscher Rüstungsexporte steht, tut sich nun der Krieg der israelischen Armee in Gaza auf, in dem Deutschland maßgeblich mitmischt und damit den hiesigen Rüstungskonzernen Profite in Rekordhöhe verschafft. 

Israel wurde nun selbst vor internationalen Gerichtshöfen angeklagt und teilweise bereits für seine Kriegsverbrechen verurteilt. Die Charakterisierung der israelischen Kriegshandlungen als Genozid wird für „plausibel“ erachtet. Deutschland liefert über den Hamburger Hafen also nicht nur Waffen an irgendein Kriegsgebiet, was schon schlimm genug wäre, sondern an eine Besatzungsmacht, die regelmäßig Internationales Recht bricht.

Waffenlieferungen nach Israel von deutschen Häfen

Mithilfe deutscher Rüstungsgüter wurden seitens der israelischen Armee in Gaza bisher 36.171 Menschen ermordet – etwa die Hälfte davon Kinder. 31 von 36 Kliniken in Gaza wurden von israelischen Streitkräften zerstört. 1,5 Millionen Palästinenser:innen, die nach Rafah verjagt wurden erleiden eine humanitäre Katastrophe: sie sind vom Hungertod bedroht und werden in ihren Flüchtlingszelten auch noch bombardiert. Nicht umsonst wird Israel aktuell vor dem Internationalen Gerichtshof angeklagt wegen des Verdachts auf Völkermord – also der Absicht, eine nationale oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zerstören zu wollen. 

Während dieser humanitären Katastrophe und Menschheitsverbrechen ist Deutschland der zweitgrößter Waffenexporteur an Israel. 2023 kamen ca. 47 Prozent aller Waffenimporte im Umfang von 326,5 Millionen Euro aus Deutschland. 75 Prozent dieser Lieferungen sind zwischen Oktober und Dezember 2023 getätigt worden. Darunter Rüstungsgüter von mehr als 16 Unternehmen, darunter Rheinmetall, MTU Friedrichshafen, ThyssenKrupp und Dynamit Nobel Defence. 

Norddeutsche Seehäfen spielen für die Waffenlieferungen eine Schlüsselrolle. Laut der Initiative “Ziviler Hafen” aus Hamburg, die für ein Volksbegehren gegen den Transport und Umschlag von Rüstungsgütern über den Hamburger Hafen kämpft, operieren im Hamburger Hafen mehr als 90 Rüstungsunternehmen. Laut “Bremer Friedensforum” stammen 7 Prozent aller Rüstungsgüter, die in Deutschland produziert werden, direkt aus Bremen. 

Hafenarbeiter:innen und Palästina-Solidarität in Deutschland

Wir denken, dass die Hafenarbeiter:innen ein Recht darauf haben, über den Inhalt und Zielort der Lieferungen, die sie tätigen, informiert zu werden. Bisher werden diese Informationen und Geschäftsbücher gegenüber den Beschäftigten -die diese Lieferungen ja überhaupt erst möglich machen- verschlossen gehalten. Es ist das Recht von jedem einzelnen Beschäftigten, zu entscheiden, ob sie an der Lieferung von Rüstungsgütern mitwirken wollen oder nicht!

Ebenfalls wird den Hafenarbeiter:innen das Recht entzogen, bei der Privatisierung der Teile des Hamburger Hafens seitens des Hamburger Senats mitzuentscheiden, ob und unter welchen Bedingungen der Hafen überhaupt privatisiert werden soll. Wir treten für eine demokratische Kontrolle des Hafenbetriebs seitens tausender Hafenbeschäftigten selbst ein! 

Wir treten ebenfalls solidarisch gegen jegliche Repression ein, die das Recht auf Demonstration und Streiks seitens der Hafenbeschäftigten beschränken könnte. 2022 mussten wir sehen, wie ihre Demonstrationen von der Polizei mit Pfefferspray angegriffen wurden und die noch laufenden Streiks richterlich verboten wurden. Regierungsmitglieder und staatsnahe Medien forderten dazu auf, das Streikrecht für Orte wie den Hafen noch weitgehender einzuschränken.  

Ähnliche Einschränkungen unserer demokratischen Rechte sehen wir zugange in der Repression gegen diejenigen Menschen in Deutschland, die in Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung gegen den Krieg auf die Straße gehen. Ganze Demonstrationen werden verboten, Demonstrant:innen werden grundlos festgenommen und körperlich von der Polizei verletzt, während die staatsnahen Medien Lügen über die palästinasolidarische Aktivist:innen verbreiten.

Wir sehen also, dass die Antwort der Herrschenden- sei es die Bundesregierung, Arbeitgeber oder die Polizei- immer dieselbe ist, wenn wir für unsere Rechte und für die Rechte anderer eintreten: Repression. Dagegen hilft nur die gegenseitige Solidarität! 

Und genau das ist auch unser Anliegen: Wir rufen hiermit alle linken, palästina-solidarischen Organisationen, Gewerkschaftler:innen, Studierenden und Friedensinitiativen dazu auf, die Kämpfe in Häfen und Streiks kräftig zu unterstützen! Ebenfalls erklären wir uns bereit, gemeinsam mit unseren Kolleg:innen in deutschen Häfen Diskussionen über die aktuellen Waffenlieferungen nach Israel zu führen und Wege zu finden, diese in Zukunft gemeinsam zu verhindern!

In Katalonien, Italien und Indien haben gewerkschaftlich organisierte Hafenarbeiter:innen bereits angekündigt, keine Waffen nach Israel mehr zu be- oder entladen. In Großbritannien führten Gewerkschaftler:innen der Hafen und palästinasolidarische Aktivist:innen gemeinsam Aktionen durch. Diese internationalen Beispiele sind uns Vorbild und Inspiration! 

In diesem Sinne treten wir auch in Deutschland für eine solidarische und internationalistische Perspektive ein und fordern laut:

1. Für 3 Euro mehr Lohn und Schichtzuschläge für alle Hafenarbeiter:innen!

2. Gegen die Privatisierung des Hamburger Hafens! Für die Entscheidungsmacht der Belegschaft über die Privatisierung!

3. Gegen ALLE Waffenlieferungen aus den Norddeutschen Seehäfen. Für das Recht aller Hafenarbeiter:innen über den Inhalt und Zielort der Lieferungen informiert zu werden und die Ausführung abzulehnen! 

4. Für gemeinsame Aktionen der Hafenarbeiter:innen und palästinasolidarische Aktivist:innen gegen Waffenlieferungen nach Israel!

5. Gegen jegliche Einschränkung unserer demokratischen Rechte- sei es unser Streikrecht, Demonstrationsrecht oder das Recht auf freie Meinungsäußerung! 

6. Für eine öffentliche Positionierung von ver.di und DGB-Gewerkschaften für einen sofortigen Waffenstillstand, gegen den laufenden Genozid in Palästina, gegen deutschen Waffenlieferungen nach Israel und für gewerkschaftliche Mobilisierungen zu palästinasolidarischen Aktionen!

Schließt euch uns an! Unterschreibt die Erklärung als Hafenbeschäftigte, Gewerkschaftler:innen, palästinasolidarische Aktivist:innen, als Einzelpersonen oder Organisationen und werdet mit uns in Solidarität mit den Hafenstreiks aktiv! 

Teilt die Erklärung auf Social Media und leitet den Link an eure Bekannten weiter: https://forms.gle/yAZWHEcU1Y4oqWnJA

Erstunterzeichnende Organisationen: (Alphabetisch) 

– BDS Berlin/Oldenburg
– Bundestag3 für Palästina
– Forum Gewerkschaftliche Gegenmacht Wiesbaden
– Gesundheit4Palestine
– Gruppe Arbeiter:innenmacht
– Internationale Sozialistische Gruppe
– KlasseGegenKlasse / Revolutionäre Internationalistische Organisation
– MERA25
– Migrantifa Berlin
– Münchner Gewerkschaftslinke
– Palästina-Komitee FU Berlin
– Palästina Spricht
– Revolution
– Revolutionäre Sozialistische Organisation
– Sozialistische Alternative
– Spartakist Arbeiterpartei Deutschlands
– Stop Arming Israel
– Students for Palestine Hamburg
– Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften
– Waffen der Kritik 

Einzelpersonen: (wird in kommenden Tagen aktualisiert)

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