mit Gefängnisstrafen gedroht, weil sie um ihre Arbeitsplätze kämpften. Gestern bestätigte die bürgerliche Klassenjustiz in abgemilderter Form ihre Repression gegen die Arbeiter der mittlerweile geschlossen Reifenfabrik. Unser Korrespondent berichtet vor Ort aus Amiens." /> mit Gefängnisstrafen gedroht, weil sie um ihre Arbeitsplätze kämpften. Gestern bestätigte die bürgerliche Klassenjustiz in abgemilderter Form ihre Repression gegen die Arbeiter der mittlerweile geschlossen Reifenfabrik. Unser Korrespondent berichtet vor Ort aus Amiens." /> Skandalöses Urteil gegen Amiens-Arbeiter [mit Videos]

Skandalöses Urteil gegen Amiens-Arbeiter [mit Videos]

12.01.2017, Lesezeit 5 Min.
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Vor einem Jahr wurde acht Arbeitern von Goodyear mit Gefängnisstrafen gedroht, weil sie um ihre Arbeitsplätze kämpften. Gestern bestätigte die bürgerliche Klassenjustiz in abgemilderter Form ihre Repression gegen die Arbeiter der mittlerweile geschlossen Reifenfabrik. Unser Korrespondent berichtet vor Ort aus Amiens.

Am Ende ging die Dreistigkeit der bürgerlichen Justiz dann doch nicht so weit, als dass sie zum ersten Mal seit über 50 Jahren Arbeiter*innen ins Gefängnis geworfen hätte. Keiner von ihnen muss vorerst hinter Gittern, das heutige Urteil gleicht dennoch einer maßlosen Schamlosigkeit: Von den acht Arbeitern wurde lediglich einer freigesprochen. Zwei weitere wurden zu drei Monaten Haft auf Bewährung und die restlichen fünf zu zwölf Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Das Urteil ist ein nackter Skandal und einer der schwersten Angriff auf die französische Arbeiter*innenklasse der letzten Zeit.

Die Goodyear-Arbeiter hatten im Januar 2013 im Kampf um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zwei ihrer Manager in einem Raum festgehalten, damit sie mit ihnen verhandeln würden. Den acht Angeklagten wurde dieses „Bossnapping“ zur Last gelegt.

Von den fünf verurteilten Kollegen, denen die Organisierung und Planung der angeblichen Straftat zu Last gelegt wurde, werden ebenso alle für fünf Jahre unter besondere Beobachtung gestellt, d.h. dass sie einer verschärften Bewährung unterliegen und sofort ihre Haftstrafe abbüßen müssen, sobald sie eine Ordnungswidrigkeit oder gar weitere Straftaten begehen. Das Urteil ist somit eine Fessel, welche die Arbeiter für die nächsten fünf Jahre auf Schritt und Tritt begleiten wird. Wie ein Damoklesschwert wird es über ihnen schweben und sie ständig daran erinnern, sich ja nicht mehr mit der herrschenden Klasse anzulegen.

Eine Schande ohnegleichen

Das Urteil ist damit der bisherige Höhepunkt einer Repressionswelle, die der französische Staat seit dem letzten Sommer losgetreten hat, um das Erbe der Bewegung gegen die neoliberale Arbeitsmarktreform zu zerstören. Diese Bewegung wurde zwar mit antidemokratischen Mitteln niedergeschlagen, jedoch konnten Arbeiter*innen und Jugendlichen wichtige neue Kampferfahrungen machen. Dies trug zur Politisierung einer neuen Generationen von militanten Aktivist*innen bei. Die von der Repression im Zuge der Bewegung im Frühling Betroffenen sowie jene Arbeiter*innen von Goodyear eint, dass sie es wagten, der französischen Bourgeoisie Paroli zu bieten und mitunter radikalen Widerstand zu leisten.

Das heutige Schandurteil soll nicht nur die Arbeiter von Goodyear abschrecken und kriminalisieren, sondern auch all jene, die heute und beim letzten Gerichtstermin im Oktober zu Tausenden vor dem Palais de Justice mit den Arbeitern demonstrierten. Es ist gegen alle von uns gerichtet und beinhaltet die Botschaft, sich inmitten eines hitzigen Wahljahres nicht aufzulehnen und Widerstand zu leisten. Das Urteil reiht sich ein in die verbrecherischen Repressionen der Klassenjustiz gegen die gewerkschaftlichen und antirassistischen Aktivist*innen, die im Zuge des Rechtsrucks in Frankreich und auf der Welt mit Prozessen überzogen werden.

Für die Bourgeoisie ist das Urteil ein weiterer Schritt zur Festigung ihrer Herrschaft, denn weder die Arbeiter*innen von Air France noch die Lohnabhängigen von Goodyear und überall sonst sollen es je wieder wagen, ihre Bosse anzufassen oder in einem Raum mit ihnen zu sein. In der kapitalistischen Ordnung ist die Bourgeoisie mit all ihren Nebenausbeuter*innen heilig und so soll dieses Urteil auch eine Signalwirkung entfalten, diese Heiligkeit zu respektieren. Angesichts der harten Strafe fragt mensch sich, was aus den tapferen Arbeiter*innen geworden wäre, wenn nicht hinter ihnen Tausende stehen und keine Kosten und Mühen scheuen würden, um sie zu unterstützen.

Lasst uns zurückschlagen!

Denn eines hat der gestrige Aktionstag wiederum gezeigt: Die Arbeiter*innen haben nur eine Chance, wenn sie vereint agieren und über die Branchen hinweg sich ihre Solidarität zusichern. So waren auch gestern mehrere Delegierte aus anderen Fabriken wie z.B. von Peugeot in Mulhouse angereist. Besonders beeindruckend war auch die Delegation der Hafenarbeiter*innen von Le Havre, welche die Avantgarde der Streikbewegung im Frühling waren. Das Urteil mag eine Niederlage sein, aber die Mobilisierungen über die letzten Monate haben womöglich Schlimmeres verhindert und erste Elemente der Selbstorganisierung der Arbeiter*innen entfaltet.

Selbst nach der Urteilsverkündung blieb die Stimmung unter den meisten kämpferisch. Dabei hat das Urteil einmal mehr gezeigt, dass unsere Klasse kein Vertrauen in die bürgerliche Klassenjustiz stecken sollte: Während die Arbeiter*innen und Aktivist*innen verurteilt werden, sprechen die Richter*innen bürgerliche Politiker*innen wie die ehemalige Finanzministerin Christine Lagarde frei, obwohl sie 400 Millionen Euro an Steuergeldern an einen Banker veruntreute. Wir müssen die Selbstorganisierung unserer Klasse weiter vorantreiben, wenn wir Tage wie diese nicht mehr erleben wollen. Nur auf diesem Weg können wir zurückschlagen. Auf diesem Weg müssen wir die Lehren aus Amiens mitnehmen, wobei es am Endergebnis keinen Zweifel geben kann, wie es der Goodyear-Arbeiter Mickael Wamen nach der Urteilsverkündung klarstellte: “Wir werden gewinnen.”

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