Sexisten abtreiben! Schüler*innen mobilisieren gegen den „Marsch fürs Leben“

13.09.2017, Lesezeit 5 Min.
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Am kommenden Samstag wollen selbsternannte "Lebensschützer*innen" durch Berlin demonstrieren. Der "Marsch fürs Leben" richtet sich gegen das Recht von Frauen auf körperliche Selbstbestimmung. Gegen diesen reaktionären Aufmarsch mobilisieren Schüler*innen von der Antirassistischen Bewegung Weißensee (ARBW). Wir spiegeln den Text einer Wandzeitung, die sie an verschiedenen Berliner Schulen aufhängen.

MARSCH FÜR DAS LEBEN

Der „Marsch für das Leben“ am 16. September in Berlin richtet sich gegen das Recht auf Selbstbestimmung, gegen das Recht über den eigenen Körper frei zu entscheiden. Die sich selbst als „Lebensschützer“ bezeichnenden Organisator*innen stellen sich gegen das Recht auf Abtreibung, behaupten, dass das „ungeborene Leben“ mehr zählt als das Leben der Frauen, die ungewollt schwanger werden und kein Kind bekommen wollen oder können.

In ihrem Weltbild gibt es nur 2 Geschlechter und nur eine mögliche, „richtige“ Lebensform: Hetero, cis1 und verheiratet. 

Sie stellen sich gegen Aufklärungsunterricht und gegen kostenlose und sichere Möglichkeiten zur Verhütung und wollen Schwangerschaftsabbrüche trotzdem verbieten.

Seit 10 Jahren gehen tausende auf die Straße um Rollenbilder zu vertreten, die uns einschränken, uns ausgrenzen und uns verbieten wollen, über unsere Körper frei zu entscheiden.

1) cis: Menschen, deren Geschlecht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen bei ihrer Geburt zugeordnet wurde

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SEXISMUS IN DER SCHULE

Sprüche wie „Ich brauch mal ein paar starke Jungs, die die Tische tragen und die Wörterbücher holen“ oder „Die Mädchen kümmern sich dann um die Blumen und übernehmen den Tafeldienst“ kennt jede*r aus der Schule. Alle übernehmen die Aufgaben, die ihren Geschlechterrollen entsprechen, obwohl es gar nicht darauf ankommt, wer das tut.

Auch andere Rollenbilder werden explizit in Fächern wie Ethik und Biologie kritiklos weitergegeben. In Ethik müssen Schüler*innen die Rollenbilder zwar erläutern, aber es wird nie gesagt, dass es längst nicht mehr so ist und sich Rollenbilder immer weiter auflösen müssen, weil es sonst zu Vorurteilen und Sexismus kommt.

Die AfD beschreibt Sexualkundeunterricht als „Frühsexualisierung“ der Kinder und möchte den Teil des Unterrichts ganz rausnehmen. Dazu wissen wir aber, dass es in Amerika, wo keine Aufklärung im Unterricht betrieben wird, die höchste Jugendschwangerschaftsrate in einem entwickelten Land gibt.

Auch wenn in der Schule über Liebe, Sexualität und Geschlecht geredet wird, gibt es immer nur Mann und Frau.

Aber wir leben im 21. Jahrhundert und nicht im 18. Jahrhundert und deshalb fordern wir, dass wir als Lernende selbst antisexistische Konzepte für den Unterricht gestalten dürfen, Lehrer*innen in Workshops über Sexismus die Augen öffnen können und dass antisexistische AGs dafür sorgen, dass Sexismus in der Schule gar nicht erst weitergegeben werden darf! 

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SEXISMUS TÖTET

331 Frauen sind 2015 in Deutschland von ihren (Ex-)Ehemännern/Freunden ermordet worden. In vielen Ländern ist Frauenmord die Haupttodesursache für Mädchen und junge Frauen.

48.000 Menschen sterben jährlich weltweit an illegalen Abtreibungen und den Folgen davon. Auch in Deutschland ist Schwangerschaftsabbruch nicht legal, sondern lediglich unter besonderen Bedingungen straffrei. Trotzdem gibt es keine kostenlosen Verhütungsmittel, die auch gegen (tödliche) Geschlechtskrankheiten schützen würden, und auch die Pille bekommen Menschen unter 16 nur bedingt. 

Wir lernen von Geburt an, dass wir Schönheitsideale erfüllen müssen, die unerreichbar sind. Bei jedem dritten Mädchen in Deutschland gibt es Hinweise auf Magersucht und Bulimie, immer wieder mit tödlichem Ausgang. Mobbing und Konkurrenzdruck sind oft Ursachen für Selbstmord von Jugendlichen, insbesondere von Mädchen und trans*-Jugendlichen. Sexismus tötet!

Wir lernen uns und unsere Körper zu hassen, halten uns für „weniger wert“ und genau das will die Gesellschaft, in der wir leben auch! Frauen bekommen in Deutschland durchschnittlich 21% weniger Lohn, arbeiten häufiger in schlecht bezahlten Berufen und leisten den Großteil der unbezahlten Hausarbeit (kochen, putzen, Kinder erziehen, …)

Doch wir können kämpfen! Für das Recht auf die Selbstbestimmung unserer eigenen Körper! Im Sommer 2016 haben wir eine Verbesserung des Sexualstrafrechts erkämpft, in dem „Nein heißt Nein!“ ins deutsche Strafrecht aufgenommen wurde. In Polen haben Hunderttausend Frauen beim Czarny-Protest (schwarzer Protest) verhindert, dass das Abtreibungsrecht verschärft wird. In Lateinamerika gehen Hunderttausende auf die Straßen und fordern unter dem Slogan „Ni una menos!“ das Ende von Frauenmorden und Gewalt an Frauen.

KIRCHE, STAAT UND AFD

Der „Marsch für das Leben“ wird von verschiedenen Rechtspopulist*innen organisiert. Prominente Mitglieder der „Alternative für Deutschland“ liefen in den ersten Reihen und nutzten den Marsch als großes Wahlkampfspektakel.

Aber es ist auch eine Veranstaltung von rechten Teilen und Bundestagsabgeordneten der CDUGruppen der evangelischen und katholischen Kirche, dem Papst und zahlreichen weiteren Initiativen. Sie tun gerne so, als hätten sie mit der AfD nichts zu tun – aber sind vereinigt in ihrem Sexismus.

Der deutsche Staat ist nicht nur durch seine führende Regierungspartei vertreten, sondern auch indirekt über die Kirchen, mit denen der Staat noch immer eng verwoben ist.

fImmer wieder protestierten Tausende in Berlin gegen den Marsch. Die Polizei antwortete mit Schlägen und räumte gewaltsam friedliche Sitzblockaden. Nicht nur unter der Verantwortung des Senats von SPD und CDU, sondern auch unter der SPD und der Linkspartei! Zusätzlich beschließt der Staat Gesetze, nach denen Abtreibung in Deutschland noch immer weder legal, noch kostenfrei ist.

Wenn es wirklich um „das Leben“ gehen würde, sollte der Staat dann nicht Erzieher*innen endlich gut bezahlen und öffentliche Kinderbetreuung kostenlos und rund um die Uhr zur Verfügung stellen?

„Marsch für das Leben“? – What the fuck! DEMONSTRATION

Wittenbergplatz | 10.30 | 16.9.2017

Treffpunkt 

U Nollendorfplatz (Bahnsteig U2 Ruhleben) | 10.00

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