Semesterticket: Studis sollen für die Pandemie bezahlen
Während der Pandemie haben wir Studierende brav weiter die Beiträge für das Semesterticket bezahlt, ohne die öffentlichen Verkehrsmittel ernsthaft nutzen zu können und damit der BVG und dem VBB durch die Krise verholfen. Nun sollen die Preise teilweise um fast die Hälfte erhöht werden.
Die Pandemie hat die Studierenden in mehreren Hinsichten stark getroffen. Viele verloren ihre Jobs und wurden in eine scheinbar endlose Isolation Zuhause vor den Laptop verbannt. Die dauerhafte Schließung der Universitäten sorgte dafür, dass Studierende während der Pandemie nur zwischen ihrem Bildschirm und dem Bett pendelten. Während andere die Möglichkeit hatten ihre Monatskarten beim ÖPNV zu kündigen, sind unsere Tickets an die Immatrikulation an der Universität gebunden. Das bedeutet in der Konsequenz, dass wir die Verkehrsbetriebe, trotz unserer finanziell prekären Situation, mit durch die Krise getragen haben.
Als Dankeschön sollen die Ticketpreise nun für Studierende um bis zu 44 Prozent erhöht werden! Die Nachricht, dass der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) die Preise für das kommende Jahr für seine übrigen Nutzer:innen stabil halten möchte ist für uns wie ein Schlag ins Gesicht. In einer Pressemitteilung schreibt der VBB bezüglich der während Corona gesunkenen Fahrgastzahlen:
“Da angesichts dieser Situation alle Anstrengungen darauf verwendet werden müssen, die Fahrgäste und ihr Vertrauen in den ÖPNV zu gewinnen, hat der VBB-Aufsichtsrat ein Zeichen für die Fahrgäste gesetzt und sich in seiner heutigen Sitzung für eine Preisstabilität ausgesprochen.”
“Wir wollen signalisieren, dass wir die Fahrgäste im Blick haben und auf sie bauen”, sagte die Geschäftsführerin des VBB zu der Entscheidung, dass die Preise für das kommende Jahr nicht erhöht werden sollen. Doch Fahrgäste, die studieren, sind damit scheinbar nicht gemeint. Etwa 250.000 Studierende zahlen bei der Immatrikulation beziehungsweise bei der Rückmeldung zum neuen Semester automatisch das Semesterticket zu einem reduzierten Preis. Dieses Sozialmodell wurde vor 20 Jahren eingeführt und dient dazu sicherzustellen, dass die Kosten des Semestertickets sozialverträglich sind und damit an das Leben der Studierenden angepasst.
Nach all dem was Studierende psychisch, physisch und nicht zuletzt finanziell in den letzten 20 Pandemiemonaten durchmachen mussten kann bei den bis zu 44 Prozent Gebührenerhöhung von einer Anpassung und Rücksichtnahme an die Lebensrealität der Studierenden in Berlin und Brandenburg absolut keine Rede sein.
Wegen der Untragbarkeit der Erhöhungen gingen bereits im September Studierende auf die Straße, zuletzt wieder am 11. November in Potsdam vor dem Brandenburger Ministerium für Infrastruktur. Der Berliner Senat konnte wegen des Drucks bereits dazu gebracht werden die Erhöhung für ein Jahr einzufrieren, für Brandenburg ist das noch offen. Und selbst wenn der Senat dort ebenfalls beschließen würde, die Erhöhung einzufrieren, ist sie damit längst nicht vom Tisch, sondern nur aufgeschoben.
Ein sozialverträgliches Semesterticket muss billiger und nicht teurer werden. Azubis können seit 2019 für 365 Euro das Gesamtnetz nutzen – das ist bei den absurd niedrigen Azubilöhnen immer noch zu viel, zeigt aber in welche Richtung es gehen muss. Die Kosten der Pandemie sollen jetzt auf das Semesterticket abgewälzt werden. Dagegen müssen wir uns als Studierende stellen: Für einen ÖPNV im Interesse der Fahrgäste und nicht der Profite!