Seltsame Geschlechterrollen und homofeindliche „Tipps“ auf der Wiesn

27.09.2017, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

Ein inoffizielles Oktoberfestportal veröffentlichte eine Liste mit Tipps für homosexuelle Wiesnbesucher*innen. Trotz eines Aufschreis sind die Seitenbetreiber*innen nicht einsichtig.

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Ein inoffizielles Wiesnportal gab für homosexuelle Besucher*innen Tipps für den Wiesnbesuch. Der erste „Tipp“ soll die Frage beantworten, ob schwule und lesbische Wiesnfans flirten dürfen – die Seite rät dabei zu „einer gewissen Zurückhaltung auf der Wiesn“. Denn wer homophob ist, freut sich nicht über den Anblick von homosexuellen Pärchen. Die nächsten Tipps erklären, dass im Festzelt kein Platz für Diskussionen über Toleranz sei. Außerdem sollen Schwule ihre Finger von den männlichen Bedienungen lassen.

Ein Fazit aus diesen Tipps ist, dass man homophobe Menschen mit der eigenen Identität doch bitte nicht belästigen soll und mit Zurückhaltung doch am leichtesten Anfeindungen entgehen könne.

Vielleicht haben die Ratgeber*innen vergessen, dass es öfter Übergriffe auf LGBTI* in München gibt. Die Empfehlung nach Zurückhaltung klingt dabei wie Hohn, denn sie gibt den Betroffenen von Gewalt die Verantwortung statt den Täter*innen.

Die Wiesn ist das genaue Gegenteil von „Zurückhaltung“, sie ist ein Exzess: zu viel Bier, zu viel Kotze, zu viel Sexismus und LGBTI*Feindlichkeit. Auf dem selben Portal, das Zurückhaltung für Homosexuelle rät, findet man auch bizarre Tipps für Heteros: Singles bekommen Flirttipps mit todsicheren Anmachsprüchen. Ob sich die Seite der Ironie bewusst ist, wenn sie rät: „Also auf ins Dirndl und in die Lederhose und flirten was das Zeug hält.“ Fürs Flirten gibt es einen Acht-Punkte-Plan.

Auf die Kritik der letzten Tage wurde nicht eingegangen. Über der Liste mit den homofeindlichen Tipps ist nun ein kleiner Infokasten der Seitenbetreiber*innen angebracht. Man verweigert sich jeglichen Presseanfragen – das sei ja nicht nötig. Man freue sich sogar darüber, dass man mit den Tipps eine Diskussion angeregt hat. Denn laut den Seitenbetreiber*innen ist eine lebendige Diskussion mit konträren Meinungen die Grundlage einer bunten Gesellschaft. An dieser Stelle wird Toleranz für die eigene LGBTI*-Feindlichkeit eingefordert.

Nein – Sexismus und LGBTI*-Feindlichkeit sollen keine Grundlage der Gesellschaft sein. Sie werden auch nicht durch Zurückhaltung oder Unsichtbarkeit bekämpft. Sondern der öffentliche Protest und die Organisierung gegen Homophobie und jede Form von Chauvinismus.

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