Selber kämpfen: Frauen und LGBT* gegen die AfD

14.10.2016, Lesezeit 5 Min.
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Mitglieder und Abgeordnete der Alternative für Deutschland (AfD) sorgen in deutschen Medien fast täglich mit rassistischen, islamophoben Aussagen für Schlagzeilen. Dass die AfD ein Feind jeglichen Fortschritts ist, wird ebenso deutlich, wenn sich diese Menschen zu Fragen der Familie, Frauen und LGBT* äußern:

Die AfD behauptet, dass die deutsche Regierung eine Art „Staatsfeminismus“ verfolgt, welcher dafür sorge, dass Frauen in Familien keine Wahlfreiheit zwischen Heim- und Lohnarbeit hätten. Gleichzeitig findet eine positive Betonung der Mutterrolle statt. Frauen sollen nach Willen der AfD ermutigt werden, wieder vermehrt ihre „natürliche“ Aufgabe zu erfüllen.

Doch die Rückkehr in die private, unentgeltliche Reproduktionsarbeit (kochen, waschen, putzen, Kinder erziehen) ist keine Befreiung, sondern dient der Wiederherstellung der Kleinfamilie, welche Frauen unterdrückt. Die Vorsorgeehe macht Frauen abhängig von Männern, zwingt sie, ohne eigenes Einkommen, in missbräuchliche Beziehungen und macht ihre reproduktive Arbeit selbstverständlich und damit unsichtbar. Statt die bürgerliche Kleinfamilie also zu konservieren, wie die AfD es vorschlägt, wollen wir sie und die mit ihr einhergehende Unterdrückung abschaffen. In Kindergärten, Wäschereien, Kantinen können reproduktive Aufgaben effektiver und kollektiv organisiert werden. An den Universitäten ist dafür eine Ausweitung der Kinderbetreuung der erste Schritt.

Dem stellt sich Frauke Petry als weibliches Gesicht der AfD entschieden entgegen. Die ehemalige Unternehmerin mit moderner Kurzhaarfrisur will deutschen Frauen zeigen, dass es möglich ist, als Frau und Mutter in Deutschland erfolgreich zu sein. Sie nennt es „wünschenswert, dass eine normale deutsche Familie drei Kinder hat“, und fordert ein Volksbegehren für eine Verschärfung des Abtreibungsparagrafen 218 des Strafgesetzbuchs, dessen Abschaffung wir fordern. Die Tatsache, dass sie als Frau in der AfD Mitglied ist und sogar einen führenden Posten bekleidet, benutzt Petry  als Argument gegen Vorwürfe von Frauenfeindlichkeit. Auch andere Frauen in der AfD, wie zum Beispiel Beatrix von Storch, weisen Misogynie offiziell von sich. Gleichzeitig beteiligen sie sich im Bündnis mit evangelikalen, fundamentalistischen Kräften an Aktionen gegen freie Abtreibung, wie dem „Marsch für das Leben“ in Berlin. Die Partei „wendet sich gegen alle Versuche, Abtreibungen zu bagatellisieren, staatlicherseits zu fördern oder sie gar zu einem Menschenrecht zu erklären“, wie sie in ihrem Grundsatzprogramm von Mai 2016 schreibt. Sie versteht freie Abtreibung als fehlerhaften Eingriff in die deutsche Demographie und wendet sich dagegen, die rücklaufenden Bevölkerungszahlen durch Masseneinwanderung auszugleichen. Daran ist erkennbar, worum es in ihrer Ablehnung von Schwangerschaftsabbrüchen eigentlich geht: den Schutz der deutschen Familie, mit einer Mutter und einem Vater.

Denn auch die Elternschaft von gleichgeschlechtlichen Paaren ist der Partei ein Dorn im Auge. Ein freieres Adoptionsrecht lehnt die AfD strikt ab. Dabei will die AfD keine offen homophobe Partei sein. Schließlich existiert auch eine Bundesinteressengemeinschaft „Homosexuelle in der AfD“. Auch die offen lesbische Landesvorsitzende der Jungen Alternative in Thüringen, Jana Schneider, teilt aber die Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe und meint, ein Kind müsse mit Vater und Mutter aufwachsen, um psychisch gesund zu sein. Diese Darstellung ist zutiefst heteronormativ und mit der Auffassung der bürgerlichen Familie als „natürlicher Keimzelle“ der Gesellschaft eng verwoben. Die Leben von LGBT*-Menschen widersprechen dieser heterosexuellen, monogamen Normalität und erfahren daher starke Angriffe – auch aus Reihen der AfD. So nannte ein Direktkandidat für die Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses Homosexuelle eine „degenerierte Spezies“. Ein Abgeordneter des Landtags Sachsen-Anhalt forderte, dass Homosexuelle inhaftiert werden sollten.

Die Schaffung von Posten wie die der Gleichstellungsbeauftragten, was der Reformismus von SPD, Linkspartei und Grünen vorschlägt, ist keine ausreichende Antwort auf Frauen- und LGBT*-feindliche Bewegungen. Wenn wir erkämpfen wollen, dass Frauen über ihre Körper selbst entscheiden können, dass die Ehe für alle geöffnet wird und dass Sexist*innen und LGBT*-Feinde nicht weiter ihre Hetze verbreiten können, dürfen wir uns nicht auf Stellvertreter*innenpolitik verlassen. Wir müssen vielmehr die Ursachen der Unterdrückung angreifen und sie letztendlich auflösen, statt mit „feministischen“ Posten die Illusion zu befeuern, dass dieses System von innen reformierbar ist. Solche Posten können die Kräfteverhältnisse, auf denen geschlechtliche und sexuelle Unterdrückung beruht, nicht ändern, sondern sie nur verwalten. Der Kampf gegen Frauenunterdrückung ist keine Frage von reiner Repräsentation: Merkel ist eine Frau, sie greift aber Millionen Frauen in Deutschland durch Prekarisierung an, noch viel mehr Millionen  Frauen in anderen Ländern durch Krieg und Abschottung. Wir Frauen und LGBT*-Menschen müssen uns stattdessen selbst gegen die Diskriminierung, die wir erfahren, organisieren und gemeinsam mit allen kämpfen, die unser Ziel einer Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung teilen.

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