„Seinen Hass werden wir nicht tolerieren“ – Interview mit einer US-amerikanischen Studentin
Lena Li war ein Jahr lang Austauschstudentin an der FU Berlin. Zurück an der Cornell University im Bundesstaat New York, berichtet sie uns von der Situation an ihrer Hochschule nach der Wahl Trumps.
Wie ist die Stimmung an deiner Universität jetzt?
Am ersten Tag nach der Wahl sah ich auf dem Campus viele weinende Studierende. Darunter waren „Liberals“ oder Demokrat*innen, aber auch Studierende ohne Papiere, die nun Angst haben, dass sie und ihre Familien abgeschoben werden. Es herrscht eine verängstigte aber auch wütende Stimmung unter muslimischen, latinxs, afroamerikanischen und LGBTQ-Studierenden.
Warum sollten Menschen gegen Trump protestieren?
Menschen sollten gegen Trump protestieren, weil er ein Advokat und auch ein Produkt des rassistischen, homophoben, transphoben, sexistischen, anti-muslimischen und weiß-nationalistischen neoliberalen Systems ist. Er gewinnt durch die Betonung der weißen Identität Stimmen von bestimmten Arbeiter*innen, während er als Unternehmer Entscheidungen gegen die Interessen der Arbeiter*innen trifft.
Die Spaltung der Arbeiter*innenklasse und die Normalisierung von sexualisierter und rassistischer Gewalt sind gefährlich. Trump spricht sich für die Abschiebung von Millionen Migrant*innen ohne Papiere aus, für ein Einreiseverbot für Muslim*innen, für ein Verbot der Abtreibung und für Steuererleichterungen für Kapitalbesitzer*innen.
Deshalb demonstrieren wir: um zu zeigen, dass sein Hass und seine Gewalt nicht toleriert werden.
Wie sehen die Proteste bei euch aus?
Zwei Tage nach der Wahl gab es einen „Walk-Out“ (Streik). Ein paar hundert Studierende und Professor*innen haben ihre Lehrveranstaltungen verlassen, um über den Campus zu demonstrieren. Es war der größte Protest, den ich während meines Studiums je gesehen habe.
Der Protest wird von Black Lives Matter-Aktivist*innen und latinx Student*innen organisiert. Einige Parolen waren: „Donald Trump – racist, sexist, anti-gay“, „Black Lives Matter“, „Not my president“, „Whose Streets? Our Streets!“. Demonstrant*innen wurden aufgefordert, schwarz zu tragen.
Die Redner*innen haben unterschiedliche politische Aktionen gefordert: Briefe an Kongress-Abgeordnete schreiben, sich nach dem Studium selbst zur Wahl stellen, sich in politischen Gruppen zu organisieren oder weiter zu demonstrieren. Die meisten Redner*innen waren auch meiner Meinung nach ziemlich liberal. Es gab aber unter den Demonstrant*innen auch anti-kapitalistische Aussagen.
Da die meisten Studierenden an der Cornell University aus guten wirtschaftlichen Verhältnisse kommen, war die Demo mit 300 bis 400 Teilnehmer*innen schon eine radikaler Bruch mit dem Status quo. Und als die Demo durch die Straßen gezogen ist, gab es immer mehr Studierende, die spontan ihren Unterricht verlassen und mitgemacht haben.
Was ist in der Zukunft geplant?
Es wird mehr Proteste geben, vor allem zur Unterstützung von Black Lives Matter und zum Protest gegen die Dakota Pipeline. Spannend ist, dass sich auch Studierende beteiligen, die vorher noch nie demonstriert haben.