Schutz von Whistleblower:innen: EuGH verurteilt Deutschland

Der deutsche Staat muss 34 Millionen Euro Strafe zahlen, weil er eine EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebenden zu spät umgesetzt hat.
2019 wurde die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblower:innen verabschiedet, bis 2021 hätten die EU-Mitgliedsstaaten diese in nationales Recht umsetzen müssen. Da Deutschland dem nicht vollständig nachgekommen war, hatte die EU-Kommission geklagt. Am Donnerstag hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Deutschland zu einer Strafe von 34 Millionen Euro verurteilt. Außerdem müssen Luxemburg, Ungarn, Tschechien und Estland Strafen zahlen.
Whistleblower:innen sind Menschen, die Informationen über Fehlverhalten, Korruption, Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen oder ähnliches, etwa von staatlichen Stellen oder Unternehmen („Corporate-Whistleblowing“), an die Öffentlichkeit bringen. Meist werden Informationen heimlich an Medienvertreter:innen gespielt. Prominente Fälle sind Daniel Ellsberg, der US-Kriegsverbrechen im Vietnamkrieg offenbarte; Edward Snowden, der weltweite Überwachung durch die Geheimdienste ans Licht brachte; oder Julian Assange – streng genommen kein Whistleblower, sondern Journalist – der über seine Plattform WikiLeaks die Informationen von Hinweisgebenden veröffentlichte.
An der umfassenden Verfolgung dieser Personen durch die USA und Staaten in aller Welt wird deutlich, dass Regierungen und Kapitalist:innen kein Interesse daran haben, Whistleblower:innen, die ihre Geheimnisse verraten, rechtlich zu schützen. Dementsprechend lasch ist auch die EU-Richtlinie konzipiert, wie etwa der DGB bereits 2020 kritisierte. So sind Leaks, die die „nationale Sicherheit“ betreffen, explizit vom Schutz der Richtlinie ausgeschlossen. Weiterhin wird auf die bevorzugte Nutzung unternehmensinterner Meldewege verwiesen, statt auf unabhängige Stellen zu setzen.
Grundsätzlich ist auf den kapitalistischen Staat kein Verlass, wenn es um den Schutz derer geht, die Unternehmens- oder Staatsgeheimnisse aufdecken. Die Basismitglieder sollten ihre jeweiligen Gewerkschaften dazu drängen, eine Meldestelle für Leaks aufzubauen und die Hinweisgebenden wenn nötig auch mit umfassenden Streiks in Schutz zu nehmen. Die Arbeiter:innenorganisationen müssen ihre Reichweite, etwa durch ihre Zeitungen und Social-Media-Kanäle, für Whistleblowing zur Verfügung stellen. In ähnlicher Manier schrieb Lenin 1902 in Was tun?, dass die proletarische Zeitung zum „Austausch der Erfahrungen, des Materials, der Kräfte und Mittel“ beitragen könnte, sodass die im ganzen Land „gesammelten politischen und ökonomischen Enthüllungen (…) den Arbeitern aller Berufe und aller Stufen der Entwicklung geistige Nahrung bieten“ würde.