Schüler*innen ziehen Lehren aus französischer Protestbewegung

10.12.2016, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Streikbewegung in Frankreich aus Schüler*innenperspektive: Mittwochabend organisierte die SJB zusammen mit RSO und SAS eine Skypekonferenz mit französischen Schüler*innen und Student*innen im K9.

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Bei der gemeinsamen Konferenz auf Skype ging es vor allem darum, die ganze Streikbewegung in Frankreich und Nuit Debout mal aus Schüler*innen-Perspektive zu sehen, weil diese einen sehr großen Beitrag an den Streiks der vergangenen Monate hatten und interessante Strukturen entwickelt haben.

Also haben wir uns alle zusammengesetzt, die Leinwand runtergerollt, und schon blickten uns drei nette französische Studierende an. Sie fingen an, ihre Erlebnisse um die Streiks mit uns zu teilen:

Zwei von ihnen kamen von einer Schule in einem Banlieue, dem Vorortbereich von Paris. Sie haben gleich am ersten Streiktag im März davon gehört, dass eine Demo stattfinden soll, genaueres wussten sie gar nicht. Dennoch sind sie spontan als kleine Gruppe nach Paris gefahren. Für viele war es die erste Demo ihres Lebens – gleich wurden sie gewaltsam von der Polizei blockiert und ihr Block angegriffen.

Weil ihnen aber dank ihren Eltern klar war, wie schlecht die Arbeitssituation in Frankreich ist, und dass das neue Arbeitsgesetz eine weitere Verschlechterung bedeutet hätte, wollten sie nicht einfach aufhören zu kämpfen. Für die zweite Demo verteilten sie Flyer an der Schule und riefen eine Vollversammlung aus, zu der nur 15 Schüler erschienen. Auf den Demonstrationen haben die Schüler*innen allerdings Kontakte ausgetauscht und sich verabredet.

Langsam wurde der Widerstand organisierter, es gab Versammlungen für alle Schulen aus dem Osten von Paris, an denen die Schüler*innen teilnahmen, gemeinsame Flugblätter wurden geschrieben und Aktionen geplant. An einem Morgen blockierten sie die Schule mit Sachen, die auf der Straße gelegen hatten. Der Schulleiter ließ diese Blockade allerdings räumen und so bildeten sie eine Menschenkette vor dem Tor, um die Schüler*innen nicht in den Unterricht zu lassen, sondern über das neue Gesetz zu diskutieren.

Das kam bei einigen Schüler*innen sehr gut an, so dass sie an diesem Tag schon mit 60 Leuten zu einer Demo gingen. Aber andere wollten unbedingt in den Unterricht und wurden sogar gewalttätig.

Auch das Problem, dass die Schulleiterin ihnen am Anfang keinen Raum für eine Vollversammlung geben wollte, erledigten die Protestierenden kreativ. Denn die Schulleiterin weigerte sich, mit 15 Personen zu sprechen und wollte nur zwei von ihnen in ihr Büro lassen. Aber sie wehrten sich und sagten: entweder alle oder gar keine*r! Am Ende war die Schulleiterin gezwungen, auf den Flur zu kommen und mit allen 15 zu reden. Diese stellten sich in einem Kreis um sie auf, und warfen sich immer gegenseitig Argumente zu, so dass immer der*die nächste antwortete, wenn sie versuchte, eine*n einzelne*n anzugreifen. Mit dieser Methode konnte die Schulleiterin keine einzelne Person als Schuldige*n rauspicken! Sehr gute Taktik!

Leider blieben es an ihrer Schule nur 15 festorganisierte Schüler*innen; die Repressionen und Fremdheit von Politik als Thema an sich schreckten einige ab. Trotzdem haben sie es geschafft, Schulen untereinander zu verknüpfen und schnell auf politische Entscheidungen zu reagieren.

Inzwischen ist zwar die ganze Bewegung wieder abgeebbt, aber die Aktivist*innen versuchen weiterhin, Diskussionen zu politischen Themen am Laufen zu halten, Schüler*innen weiter zu organisieren und Gruppen an Universitäten aufzubauen.

Am Ende der Skypekonferenz konnten wir uns gegenseitig Fragen stellen und auch ein paar von unseren Erfahrungen einbringen. Die französischen Studierenden fanden es toll wie viel Engagement auch von Schüler*innen aus Deutschland in die Unterstützung ihrer Bewegung geflossen ist. Wir beschlossen weiter in Kontakt zu bleiben und uns bei Aktionen weiterhin gegenseitig zu unterstützen!

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