Schüler*innen trotzen dem Regen
Am Samstag gingen bis zu 1.000 Menschen auf die Straße für ein "soziales Berlin für alle".
„Wir sind gegen die Spaltungspolitik des Senats!“, ruft Steffen Strandt ins Mikrofon. Der junge Mann steht auf einem Lautsprecherwagen am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg. Es ist ein grauer, nasser Samstag. Gleich beginnt die Demonstration „Soziales Berlin für alle“.
Die Menge ist zunächst überschaubar. Aber während die Demonstrant*innen zum Roten Rathaus nach Mitte ziehen, stoßen immer mehr Menschen dazu. Bis zum Ende sind es 1.000. Auffällig ist: Die große Mehrheit ist im Schulalter. „Die Jugend trotzt dem Regen“, kommentiert ein älterer Gewerkschafter froh.
Das Bündnis „Soziales Berlin für alle“ versucht, den Kampf gegen Rassismus mit sozialen Forderungen zu verbinden. Man sei „nicht nur gegen Nazis, sondern auch für etwas“, sagt Tim Brandes, Aktivist der Linksjugend-Solid Ost-Berlin. Ihm geht es um „gemeinsame Interessen mit Geflüchteten“, zum Beispiel um bezahlbaren Wohnraum und gute Arbeit für alle. Dem Aufruf haben sich verschiedene Gruppen angeschlossen. Es gibt Fahnen von „DIE LINKE“, der DKP und der HDP aus der Türkei. Auch zu sehen sind Gewerkschafter*innen von der GEW, der IG Metall und der ver.di-Jugend.
Während in Berlin in erster Linie Eigentumswohnungen für Reiche gebaut werden, müssen Geflüchtete in Turnhallen übernachten, kritisiert Michael Koschitzki von der SAV in einem Redebeitrag. Und währenddessen werden die Bewohner*innen der Rigaer Straße schikaniert. „Die Polizei macht sich zum Handlager der Immobilienhaie“, ruft Koschitzki und erntet viel Applaus. Danach stimmt er einen originellen Spruch an: „Von Paris nach Berlin, von Madrid nach Athen, wir wollen die Reichen zahlen sehen!“
Die Schüler*innen mobilisieren gerade zu ihrem eigenen Aktionstag: Am 27. April sollen Azubi-, Schul- und Unistreiks gegen Rassismus in mehr als zehn Städten stattfinden. Tabea Winter vom Bündnis „Jugend gegen Rassismus“ blickte nach Frankreich, wo aktuell Hunderttausende Arbeiter*innen und Jugendliche gemeinsam auf die Straße gehen. Die Schülerin will auch ein Beispiel daran nehmen: „Auch wir müssen zum Beispiel die Streiks der angestellten Lehrer*innen unterstützen.“ In zehn Tagen wird sie mit tausenden weiteren Jugendlichen den Unterricht verlassen.
„Soziales Berlin für alle“ ist ein Versuch, die Ohnmacht der radikalen Linken angesichts der rechten Welle anzugehen. Doch es liegt sicherlich nicht nur am Nieselregen, dass die Teilnehmer*innenzahlen nicht beeindrucken konnten. Es bleibt zu hoffen, dass der Schulstreik größer wird. Bis dahin gibt es viel aus Frankreich zu lernen.