Schluss mit der Repression und der imperialistischen Ausplünderung in Jujuy!

23.06.2023, Lesezeit 9 Min.
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Illustration: La Izquierda Diario

Erklärung der FT Europa: Schluss mit der Repression gegen die Massen in Jujuy! Raus mit den imperialistischen Konzernen aus Lateinamerika! Gegen die Ausplünderung von Lithium und anderen natürlichen Gemeinschaftsgütern!

In den letzten Tagen offenbarten zwei Szenen das imperialistische Gesicht der EU. Einerseits bereiste die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula Von der Leyen, Lateinamerika, um den europäischen multinationalen Konzernen ihren Anteil am Geschäft mit dem Lithiumabbau zu garantieren. Andererseits entfesselte die Regierung der argentinischen Provinz Jujuy eine grausame Repression gegen indigene Gemeinschaften, Lehrer:innen und Jugendliche, die gegen die Ausplünderung ihrer Territorien, gegen Armutslöhne und die Verabschiedung einer autoritären Verfassungsreform protestieren.

Dies geschieht vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, der Energiekrise, des Aufschwungs des Militarismus und eines verschärften imperialistischen Wettbewerbs um die Aneignung von Rohstoffen und natürlichen Ressourcen in der ganzen Welt.

Wir, die Unterzeichner:innen dieser Erklärung – sozialistische und revolutionäre Organisationen aus dem Spanischen Staat, Frankreich, Deutschland und Italien – lehnen die imperialistische Politik der europäischen Regierungen in Lateinamerika und der ganzen Welt ab. Wir rufen dazu auf, den Kampf des Volkes von Jujuy zu unterstützen und die Repression anzuprangern.

Stoppt die Unterdrückung des Volkes von Jujuy!

Diese Woche haben wir die Bilder der grausamen Repression gegen die indigenen Gemeinschaften, die Lehrer:innen, die Jugendlichen und der armen Massen von Jujuy gesehen. Die Polizei von Gouverneur Morales schoss mit Gummigeschossen auf die Köpfe von Protestierenden (einige haben ein Auge verloren), jagte Demonstrant:innen mit der Kavallerie und stürmte Häuser ohne jegliche Legalität, im alten Stil der argentinischen Diktatur. Wir haben auch gesehen, wie die Polizei die Abgeordnete der Partei Sozialistischer Arbeiter:innen (PTS) in der Front der Linken (FIT-U), Natalia Morales, oder Journalist:innen, die eindeutig als Pressevertreter:innen erkennbar waren, zu Boden zerrte und festnahm.

Diese Repression zielt darauf ab, die Arbeiter:innen und die armen Massen von Jujuy einzuschüchtern, die heute einen großen Kampf führen. Sie kämpfen gegen eine antidemokratische Verfassungsreform, die den sozialen Protest kriminalisiert. Sie kämpfen für die Verteidigung ihrer Territorien und des Wassers gegen die imperialistischen Bergbauunternehmen. Und sie kämpfen für höhere Löhne in einer reichen Provinz mit vielen armen Arbeiter:innen ist – ein Produkt der Ausplünderungspolitik der lokalen Regierungen und des Imperialismus.

An diesem Montag, nur wenige Minuten nach Beginn der antidemokratischen verfassungsgebenden Versammlung, reiste Gouverneur Morales von Jujuy nach Buenos Aires, um sich mit Vertreter:innen von Bergbauunternehmen zu treffen. Wie der Abgeordnete der PTS in der Front der Linken, Gastón Remy, anprangerte: „Morales lud zusammen mit dem Gouverneur von Salta (Sáenz) und Catamarca (Jalill) die Bergbauunternehmen an den ‚Lithium-Tisch‘ ein und feierte, dass der Bergbau in Argentinien ein verfassungsmäßiges und legales Recht auf verbrannte Erde hat. Eine kurze Postkarte dessen, was bei der Reform der Verfassung von Jujuy wirklich auf dem Spiel steht.“ Die undemokratische Reform wurde sowohl von der Partei des Gouverneurs (UCR) als auch von den Peronisten, die an der nationalen Regierung beteiligt sind, beschlossen.

Inmitten einer hohen Inflation und sinkender Löhne ist Jujuy heute ein Labor für die Anpassungsmaßnahmen der Regierung und des IWF in Argentinien. Nach den nächsten Präsidentschaftswahlen im Oktober wird die nächste Regierung – egal wer gewinnt – eine brutale Anpassung vornehmen, die die bereits von der derzeitigen peronistischen Regierung angewandte fortsetzt, um die Zahlungen der Auslandsschulden und die Forderungen des IWF zu erfüllen. Aber sie ist auch ein Laboratorium des Kampfes und des Widerstandes, der dagegen geleistet werden kann.

Die imperialistischen Staaten konkurrieren um die Gewinnung des „weißen Goldes“

„Europa ist zurück in Lateinamerika“, erklärte die Präsidentin der EU-Kommission diese Woche. Sie war in Brasilien, Argentinien, Chile und Mexiko mit dem Ziel, dem europäischen Kapital bessere Geschäfte in der Region zu sichern. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf lateinamerikanischem Lithium und grünem Wasserstoff, den Europa derzeit hauptsächlich aus China importiert.

Von der Leyens Besuch ist Teil einer erneuten imperialistischen Offensive zur Sicherung von wichtigen Rohstoffen, Investitionen und Märkten in Lateinamerika. Vor einigen Wochen hatte die Leiterin des US-Südkommandos, Laura Richardson, das „Lithium-Dreieck“, das von Bolivien, Chile und dem Nordwesten Argentiniens gebildet wird, als ein Schlüsselgebiet für dieses Land in seinem strategischen Wettbewerb mit China bezeichnet. Europa möchte bei diesem Geschäft nicht außen vor gelassen werden.

Vor einem Monat besuchte eine Delegation europäischer multinationaler Unternehmen zusammen mit EU-Vertreter:innen die Provinzen im Nordwesten Argentiniens (Catamarca, Salta und Jujuy) mit dem Ziel, in das Lithiumgeschäft einzusteigen. Die Delegation, die verschiedene Bergbauanlagen besichtigte, setzte sich aus Vertreter:innen der EU-Botschaft in Argentinien und Führungskräften der Unternehmen Eramet, Adionics, Geolith, Stellantis, Sunlight Group, Solvay, CSR Europe, Société Générale und Tectpetrol zusammen. Das französische Unternehmen Eramet betreibt in Nordargentinien und Chile große Lithiumabbaugebiete. Das Unternehmen befindet sich zu 27 Prozent im Besitz des französischen Staates. „Lithium ist ein strategisches Material, eine wichtige Energiequelle für den digitalen und grünen Wandel“, erklärte der EU-Botschafter in Argentinien, Amador Sánchez Rico, damals.

Während Bundeskanzler Olaf Scholz bereits Anfang des Jahres zusammen mit Delegationen mehrerer deutscher Metallurgie- und Bergbauunternehmen wie Aurubis und DEM die Länder des „Lithium-Dreiecks“ besuchte, war Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in diesen Tagen ebenfalls in Lateinamerika, um für ihre Vision einer „feministischen und nachhaltigen Außenpolitik“ zu werben. Doch hinter diesen Worten verbergen sich die Interessen des deutschen Imperialismus an der Sicherung von Lieferketten im Wettbewerb mit China.

Die Ausrede des „grünen Umbaus“ ist reine Heuchelei auf den Lippen dieser Vertreter:innen imperialistischer Konzerninteressen. Sie streben einen neuen Zyklus „grüner“ Geschäfte an, mit denen sie riesige Summen öffentlicher Gelder abgreifen oder wie im Falle der Autoindustrie darauf wetten, den Markt mit Millionen von Elektroautos zu füllen.

Bolivien, Argentinien und Chile gehören zu den 10 Ländern mit den größten Lithiumreserven der Welt. Dieses Material wird von den großen multinationalen Konzernen und den imperialistischen Staaten als das neue „weiße Gold“ betrachtet. Er wird für die Herstellung von Mobiltelefonen und Batterien für Elektroautos benötigt. Während Europa zynisch seine Pläne für einen „grünen Kapitalismus“ durch Dekarbonisierung und die Produktion von Elektroautos verkündet, zerstören seine Unternehmen durch ihre Politik der Ausplünderung der Rohstoffe brutal die Umwelt und das Leben der Völker Lateinamerikas.

Die Gewinnung von Lithium ist hochgradig umweltbelastend und umweltzerstörend. Um eine Tonne dieses Materials zu gewinnen, werden Millionen von Litern Wasser benötigt. Aus diesem Grund prangern die indigenen Gemeinschaften Nordargentiniens die Ausplünderung ihrer Territorien und ihres Wassers an. Die Bergbauunternehmen bauen natürliche Ressourcen ab und machen Millionengewinne, während die Arbeiter:innen und die Massen dieser Regionen in Armut versinken. Jujuy ist in diesem Sinne ein Beispiel, eine „reiche Provinz mit armen Arbeiter:innen“, wie Alejandro Vilca und Natalia Morales von der PTS in der Front der Linken anprangern. Vilca ist nationaler Abgeordneter und Mitglied der Liste, die im Einvernehmen mit der Izquierda Socialista (IS) Myriam Bregman als Kandidatin für das Amt des Präsidenten und Nicolás del Caño als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten bei den Vorwahlen (PASO) der FITU aufstellt.

Multinationale Konzerne raus aus Jujuy und Lateinamerika!

Alle kapitalistischen Parteien vom Peronismus über die UCR bis hin zur extremen Rechten von Javier Milei verfolgen die Politik, die natürlichen Ressourcen weiterhin den großen multinationalen Konzernen zu überlassen und die Ausplünderung zu legitimieren, um die illegalen, illegitimen und betrügerischen Auslandsschulden beim IWF zu bezahlen.

Die einzige politische Kraft, die diese Unterwerfung anprangert und sich an diesem Kampf auf der Straße beteiligt, ist die Front der Linken (FIT-U). Die Rolle der Mitglieder der PTS in der verfassungsgebenden Versammlung war zentral bei der Aufdeckung des Betrugs von Morales, der die Verfassungsreform im Eilverfahren durchdrückte, während sie auf der Straße abgelehnt wird. Die Mitglieder der PTS haben auch zu einem Generalstreik aufgerufen, um den Kampf der Arbeiter:innen und der Bevölkerung von Jujuy zu unterstützen. Sie betonen ebenso die Notwendigkeit, Versammlungen von Arbeiter:innen, indigenen Gemeinschaften und allen Sektoren im Kampf zu organisieren.

Darüber hinaus ist die FIT-U die einzige politische Kraft, die einen völlig anderen Ausweg vorschlägt. Alejandro Vilca, Natalia Morales, Gastón Remy und Keila Zequeiros, Anführer:innen der PTS, präsentierten einen Vorschlag für eine Verstaatlichung unter der Kontrolle der Arbeiter:innen und indigenden Gemeinschaften, um der extraktivistischen Ausplünderung ein Ende zu setzen und sie auf nachhaltige Weise zu verwalten. Ihr Vorschlag für die Verstaatlichung des Lithiums stellt die Prioritäten auf den Kopf und hinterfragt das Schema der ökonomischen Ausplünderung und die extraktivistischen Methoden, die das Wasser bedrohen. Die Verstaatlichung von Bergbauunternehmen unter der Kontrolle von Arbeiter:innen und indigenen Gemeinschaften ist die einzige Möglichkeit, die Produktion auf sozial sinnvolle Weise zu reorganisieren und die starken Auswirkungen auf die Natur zu vermeiden, die diese Aktivitäten verursachen.

Deshalb sagen wir: Imperialistische Unternehmen raus aus Jujuy und Lateinamerika! Sofortige Streichung der Auslandsschulden! Raus mit dem IWF! Es lebe der Kampf der indigenen Gemeinschaften und der Arbeiter:innenklasse!

Révolution Permanente (Frankreich), Corriente Revolucionaria de Trabajadores y trabajadoras – CRT (Spanischer Staat), Revolutionäre Internationalistische Organisation – RIO (Deutschland), Frazione Internazionalista Rivoluzionaria – FIR (Italien)

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