Schläger-Polizist auf Drogen? 17-Jähriger musste „in Unterhose in die Zelle“

16.09.2020, Lesezeit 3 Min.
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Am vorletzten Wochenende wurde auf dem Münchner Gärtnerplatz ein 26-jähriger von einem Polizisten mit dem Schlagstock im Gesicht verletzt. Ebendieser Polizist könnte dabei unter dem Einfluss einer aufputschenden Droge wie Speed oder Kokain gewesen sein, vermutet ein Jugendlicher, der für diese Unterstellung die Nacht in Unterhose in der Zelle verbringen musste. Interview mit dem 17-jährigen Tarkan.

München: Am 5. September kam es am Gärtnerplatz zu einer Auseinandersetzung zwischen der Polizei und einer größeren Gruppe Jugendlicher. In einem Interview haben wir bereits mit M. gesprochen, wie es zu der Situation kam, wie er mit dem Schlagstock verletzt wurde und wie die BILD-Zeitung Lügen in die Welt setzte.

Hier fassen wir die Ereignisse des Abends zusammen: Nackt in den Keller sperren: Die Spezialität der Münchner Polizeiinspektion 14

In der besagten Nacht wurden insgesamt fünf Personen in Gewahrsam genommen, darunter Tarkan, weil er dem prügelnden Polizisten eine Frage stellte. Wir sprachen mit ihm:

Hallo T., danke, dass du hier über die Ereignisse sprechen möchtest. Wie kam es dazu, dass dich die Polizei mitgenommen hat?

Der Vorfall war kurz nachdem die Polizisten am Gärtnerplatz auf die Leute losgingen. So zwischen 1 und 2 Uhr. Da stand der eine Polizist vor mir, der vorher schon den Schlagstock benutzt hatte. Er hat voll seinen Kiefer hin und hergeschoben. Da dachte ich, dass er Speed oder Kokain gezogen hat und habe gefragt: „Haben Sie einen gerotzt oder warum haben Sie Kieferspackungen?“ (die sogenannte Kieferklemme ist eine akute Begleiterscheinung bei übermäßigem Konsum von Drogen wie Amphetamin oder Kokain. Anm. d. Verf.)

Die Antwort war: „Sie werden jetzt festgenommen wegen Beamtenbeleidigung.“ Er meinte, ich hätte zu ihm „Kiefer-Spast“ gesagt. Ich sagte, dass man das doch bestimmt auf dem Video von der Bodycam sehe, was ich gesagt habe. Er meinte, sie sei aus.

Dann wurdest du mitgenommen?

Die Polizisten haben mich im Streifenwagen zur Wache an der Theresienwiese gebracht. Dort wurde ich mit Handschellen auf eine Bank gesetzt. Ich habe mich darüber aufgeregt, habe gefragt, ob ich gehen kann, was der Scheiß soll, warum man mich festhält. Dass ich doch gar nichts gemacht habe. Dann kamen etwa 10 Polizisten und haben mich runter in den Keller gebracht.

Du musstest die Nacht in der Zelle verbringen?

Sie haben mich erst zu den Zellen gepackt, dann haben sie gesagt: „Ausziehen!“ Ich musste mich bis zur Unterhose ausziehen und in eine Zelle gehen. Ich habe auch nach einer Decke gefragt, weil es sehr kalt war, aber die Bitte wurde mir verneint. Um 5 Uhr wurde ich dann rausgelassen.

Wie findest du es, wie du behandelt wurdest?

Ich finde diese Ausübung der Polizisten scheiße. Alle waren aggressiv. Ich muss leider sagen, ich habe bisher echt wenig nette Polizisten gesehen. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass der Polizist wirklich was gezogen hat. Wegen seinem Kiefer und der Art wie er sich benommen hat, er war sehr steif. Als Ausrede hat er gesagt, dass er einen Kaugummi im Mund hat. Aber ich hab nichts gesehen.

Hinweis der Redaktion: Erst im März gab es einen Skandal bei der Münchner Polizei, bei der mehrere Polizist:innenn überführt wurden, Kokain konsumiert zu haben. Es steht zudem der Verdacht im Raum, dass Beamt:innen Drogen selbst weitergegeben haben. Weitere Infos zu dem Fall.

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